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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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gekommen.«
    Aufmerksam beobachtete Lucian, wie der Lichtbringer zum Fenster ging und hinaus in das Inferno sah, das ein Teil der Hölle war und ihn stets aufs Beste zu amüsieren schien.
    Jetzt bloß nichts Falsches denken! Darin, sein Inneres zu leeren, bevor er einer Einladung zur Audienz folgte, war Lucian geübt. Doch das brauchte selbst bei ihm Zeit, und der Schlüssel, mit dem die Prinzessin von den Wachen unbemerkt in seinen Palast eingedrungen war, hatte ihn offenbar mehr beunruhigt, als er zugeben wollte.
    »Welcher Art sind diese Gerüchte, wenn ich fragen darf?«, erkundigte er sich schließlich.
    Ohne sich umzudrehen, sagte Luzifer: »Du seist milde geworden, hieltest dich mehr unter den Sterblichen auf, als dir guttäte, und hättest sogar …«, jetzt imitierte er den Tonfall des unbekannten Anklägers, »Kontakt zu himmlischen Abgesandten.«
    Lucian schwieg. Was hätte er sagen sollen? Für milde hielt er sich zwar keinesfalls, aber die restlichen Vorwürfe waren nicht von der Hand zu weisen.
    Lucian mochte die rechte Hand des Teufels sein, aber er war klug genug, in dessen Gegenwart stets auf der Hut zu bleiben. Deshalb blinzelte er nur einmal, bevor er sagte: »Das stimmt, wie Ihr wisst.«
    Ein raues Lachen sorgte dafür, dass ihm die Haare im Nacken zu Berge standen. Der Lichtbringer stand so plötzlich hinter ihm, dass er Mühe hatte, Haltung zu bewahren. »Wir wissen, dass es für eine gute Sache ist. Die Dämonen sehen es anders. Weißt du, dass ich in den letzten Monaten drei Bewerbungen auf deinen Posten erhalten habe?«
    Den Fehler, sich zu verteidigen, würde er nicht machen. Die Hinrichtung des bestechlichen Portalwächters hatte Gegner wie Verbündete beeindruckt, das wusste er aus zuverlässigen Quellen. Wenngleich es durchaus Kräfte gab, die ihn demontieren wollten – damit hatte er schon immer leben müssen. Der wahre Grund für seine Zurückhaltung lag anderswo: Niemals war Luzifer tödlicher als zu Zeiten, in denen er sich zu amüsieren schien, und die Heiterkeit, die er heute zeigte, nahm allmählich ein bedrohliches Ausmaß an. Dennoch sagte Lucian unbeirrt: »Unter anderem von Naamah?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen«, zitierte er seinen Chef und erlaubte sich dabei den Hauch eines Lächelns.
    »Stimmt, sie war die erste Bewerberin. Aber keine Sorge, das ginge nicht lange gut.« Er lachte wieder.
    »Signora Tentazione?«
    »Ich mag deinen Humor, und ich schätze deine Loyalität. Warum sollte ich dich erst zum Großfürsten machen und dann durch eine niedliche Dämonin ersetzen?«
    »Niedlich?«
    »Na gut, verschlagen trifft es besser. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese Gerüchte ein Ende haben müssen. Ich bin es leid, mit schlecht geschriebenen Stellengesuchen belästigt zu werden. Außerdem«, jetzt wurde seine Stimme scharf, »könnte jemand auf die Idee kommen, sich auf meinen Posten zu bewerben.«
    »Das wäre Wahnsinn.«
    »Genau. Wer sollte einen so lausigen Job machen wollen? Ein paar Tausend Jahre hieß es damals, und wie lange sitze ich jetzt schon hier fest? Wenn man wenigstens Ferien machen könnte …«
    Lucian fühlte, wie ihm kalt wurde. Der Lichtbringer war seiner Berufung überdrüssig? »Luzifer …« Einst waren sie so etwas wie Freunde gewesen. Er hatte die Forderungen nach mehr Freiheit immer unterstützt und war mit ihm gegangen, als es beschlossene Sache war, das Gleichgewicht der Welten auf diese Weise zu erhalten. Die meisten von ihnen hatten das längst vergessen und dachten inzwischen in Kategorien wie Gut und Böse . Ganz wie Sterbliche, deren kurze Lebensspannen ihnen vermutlich keine andere Wahl ließen, wollten sie sich den Lauf der Welt erklären.
    Selbst er hatte sich angewöhnt, von seinem einstigen Freund als einem unberechenbaren, manchmal regelrecht launischen Despoten zu denken. Und das war auch besser so, denn niemand durfte jemals erfahren, was sie verband. Es hätte ihre Position im stetigen Kampf gegen die rebellierenden Dämonen geschwächt. »Luzifer, das ist nicht dein Ernst?«, fragte er leise.
    »Natürlich nicht.« Das Lachen klang nicht ganz überzeugend in seinen Ohren. »Aber, mein Freund, es kommen schwere Zeiten auf uns zu. Da braut sich etwas zusammen, ich kann es in meinen Flügelspitzen fühlen.« Er kehrte hinter seinen Schreibtisch zurück, setzte sich und stützte das Kinn auf die wie zum Gebet gefalteten Hände, als wollte er nachdenken. »Du hast Schwierigkeiten an

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