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Feuersee

Titel: Feuersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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Sicheln
oder begnügten sich mit den entsprechenden Bewegungen. Andere
Tote, denen das
Fleisch von den Knochen faulte, folgten den Schnittern, hoben nicht
vorhandene
Garben auf und schichteten sie in nicht vorhandene Karren. Von dem
grauen Nebel
kaum zu unterscheiden, wehten die Schemen über die trostlosen
Felder. Oder
vielleicht bestand der Nebel, der die Szene verhüllte, aus
nichts anderem als
den Schemen derer, die unwiderruflich niedergesunken waren, zerfallen,
vermodert und sich nie wieder erheben würden.
    Haplo schaute in den Nebel und erkannte darin
Hände und Arme und Augen. Es griff nach ihm, forderte etwas,
wollte zu ihm
sprechen. Die Kälte der dichten Schwaden durchdrang
Körper und Verstand.
    »Nichts gedeiht hier mehr, obwohl dieses Land
einst ebenso fruchtbar war wie die neuen Provinzen. Die wenigen Reihen
Kairngras, die Ihr seht, wachsen entlang den unterirdischen
Kanälen, die das
Magma in die Stadt leiten. Die alten Toten, die einst hier lebten und
arbeiteten, sind alles, was geblieben ist. Wir haben versucht, sie
umzusiedeln,
aber sie kehrten immer wieder zu den vertrauten Orten zurück,
und schließlich
haben wir sie in Frieden gelassen.«
    »In Frieden!« wiederholte Alfred bitter.
    Jera schien über seine Einstellung verwundert zu
sein. »Aber ja. Tut Ihr das nicht mit Euren Toten, wenn sie
zu alt werden, um
noch von Nutzen zu sein?«
    Jetzt kommt’s, dachte Haplo, der wußte,
daß er
Alfred daran hindern sollte, zu sagen, was er gleich sagen
würde. Doch er tat
es nicht. Er schwieg, verhielt sich still.
    »Bei uns gibt es keine Nekromanten«, sagte
Alfred mit leiser, vibrierender Stimme. »Unseren Toten
erlauben wir auszuruhen
von den Mühen des Lebens.«
    Die drei in der Kutsche sagten nichts. Sie saßen
da wie vor den Kopf geschlagen und betrachteten Alfred mit ebensoviel
Entsetzen
wie er sie.
    »Ihr meint«, sagte Jera, nachdem sie sich
erholt
hatte, »Ihr überliefert Eure Toten dem
Nichtsein?«
    »Dem Nichtsein? Das verstehe ich nicht. Was ist
das?« Alfred schaute hilflos von einem zum anderen.
    »Der Körper verwest, zerfällt zu
Staub, während
das Bewußtsein darin gefangen ist, unfähig, sich zu
befreien.«
    »Bewußtsein? Welches Bewußtsein?
Diese haben
kein Bewußtsein!« Alfred schwenkte die Hand in die
Richtung der alten Toten,
die längst verödete Felder beackerten.
    »Selbstverständlich haben sie ein
Bewußtsein!
Sie arbeiten, sie verrichten nützliche
Tätigkeiten.«
    »Wie das Drachenschiff, auf dem wir hergekommen
sind, und doch hat es kein Bewußtsein. Eurer Toten bedient
ihr euch auf
dieselbe Art. Doch ihr habt noch Schlimmeres getan! Viel
Schlimmeres!« rief
Alfred.
    Der Gesichtsausdruck des Prinzen verdüsterte
sich von toleranter Neugier zu mühsam beherrschter
Verärgerung. Nur die ihm
eigene Höflichkeit hinderte ihn daran, etwas zu sagen, von dem
er wußte, daß es
einen unangenehmen Streit heraufbeschwören würde.
Jera runzelte die Brauen,
reckte das Kinn vor und straffte die Schultern. Es war offensichtlich,
daß ihr
heftige Worte auf der Zunge lagen, aber der Herzog faßte nach
ihrer Hand und
drückte sie beschwichtigend. Alfred bemerkte von all dem
nichts, sondern
stürzte sich schnurstracks in die frostige, feindselige
Stille.
    »Unser Volk verfugte über das Wissen, aber
von
diesen schwarzen Künsten Gebrauch zu machen war aufs strengste
verboten.
Bestimmt waren Hinweise darauf in den alten Aufzeichnungen enthalten.
Sind sie
verlorengegangen?«
    »Möglicherweise vernichtet«,
meldete Haplo sich
zum erstenmal zu Wort.
    »Und was denkt Ihr, Sir?« verlangte Jera
von dem
Patryn zu wissen. Der mahnende Händedruck ihres Mannes hatte
sie nicht
zurückhalten können. »Wie behandelt man bei
Eurem Volk die Toten?«
    »Mein Volk, Herzogin, ist vollauf damit
beschäftigt, die Lebenden am Leben zu halten, ohne sich
zusätzlich um die Toten
zu kümmern. Und mir scheint, das sollte im Moment auch unsere vordringlichste
Sorge sein. Ist schon jemandem aufgefallen, daß uns ein Trupp
Berittener
entgegenkommt?«
    Der Prinz setzte sich mit einem Ruck auf und
versuchte, einen Blick aus der Kutsche zu werfen. Er sah nichts
außer Nebel und
Regen und zog rasch wieder den Kopf unter das Dach.
    »Woher wollt Ihr das wissen?« fragte er
mit
größerem Mißtrauen, als er es ihnen bei
ihrer ersten Begegnung in der Höhle
entgegengebracht hatte.
    »Ich habe gute Ohren«, entgegnete

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