Feuersteins Drittes
war ja damals noch Österreicher — , sondern aus reinem Snobismus: Als europäischer Journalist mit privilegiertem NYP-Kennzeichen 37 wollte ich mich vor aller Welt auch als solcher kenntlich machen, ganz abgesehen davon, dass driving a foreign car damals auch eine politische Aussage unter Intellektuellen war: »liberal und weltoffen wie Kennedy«, bedeutete das, »aber noch ein bisschen linkser«.
Es war wohl das teuerste Auto meines Lebens: dauernd kaputt, ständig in der Werkstatt von Itzy, dem Schlitzohr, der bei jeder Reparatur einen neuen Fehler einbaute, weil er wusste, dass es mein Erstauto war und ich es deshalb abgötdsch liebte, ohne Maß und Vernunft. Fast vier Jahre lang fuhr ich diese Schrottmühle, ließ sie sogar nach einem Unfall wieder zusammenflicken, und erst als ich kurz davor war, auch noch einen Kolbenfresser reparieren zu lassen, wurde ich vernünftig und stieg für den Rest meiner New Yorker Zeit auf jene wunderbaren, sorgenfreien, bedienungsfreundlichen Ami-Kutschen um, bei denen man nur ein bisschen lenken muss und hin und wieder bremsen... Alles andere machen sie allein.
Vom Hafenreporter über den Nachrufredakteur war ich inzwischen zum Chef vom Dienst aufgestiegen, und auch Pearl hatte sich längst von ihrem Winkeladvokaten verabschiedet und stand, nach einem Zwischenspiel in einer Werbeagentur, am Anfang ihrer politischen Karriere in einer Hilfsorganisation für Einwanderer aus der Dritten Welt. Gleichzeitig war ich unter dem Pseudonym »Robert Stein«, das ich bis zum Tod meines Vaters führte, Korrespondent mehrerer österreichischer und deutscher Zeitungen, knüpfte erste Kontakte zum österreichischen Konsulat in der 69. Straße, in dessen Pressestelle ich später mitarbeiten sollte, und verfasste meine ersten Radiosendungen: für RIAS Berlin, den ORF und den Bayerischen Rundfunk. Übrigens nicht direkt, sondern auf Umwegen, die heute einen Skandal auslösen würden: Mein Auftraggeber war nämlich die weltweite amerikanische Propaganda-Institution Voice of America , die über meine Themenvorschläge entschied — recht liberal übrigens, solange man nicht gerade Schimpfkanonaden auf Amerika losließ — , mich ordentlich bezahlte und die Bänder dann kostenlos den deutschen und österreichischen Sendern zur Verfügung stellte; diese strahlten sie als »Eigenbericht« aus und sparten damit eine Menge Geld für einen eigenen Korrespondenten.
Da die Voice of America eine Regierungsbehörde war, wurde ich, wie vorgeschrieben, einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen, ohne dass ich davon wusste. Erst später erfuhr ich zufällig von Nachbarn meines Salzburger Elternhauses, dass ein seltsamer Mann vom amerikanischen Konsulat an der Haustür geklingelt und seltsame Fragen gestellt hatte. Und als ich meinen New Yorker Verleger darauf ansprach, einen ehemaligen Gastwirt aus dem Fränkischen, meinte dieser, davon wisse er nichts; außerdem habe er dem Herrn vom CIA versprechen müssen, mir nichts darüber zu sagen. Ob es in Washington eine Stasi-Akte über mich gibt?
25 Prozent Anzahlung genügten damals für ein Haus, wenn man einen einigermaßen guten Ruf bei seiner Bank hatte, um sich für die staatlich gestützte Hypothek zu qualifizieren. Und da ich beim Häuserkauf ebenso ungeduldig bin wie bei den Klamotten, schlug ich schon beim dritten Objekt zu, vor allem, weil die Finanzierung so ideal passte: 7500 Dollar hatten wir gespart, 24 000 kostete das Haus, 6000 zahlten wir dafür an, und den Rest teilten sich Makler, Notar und Stadtkasse. So kam es, dass wir im Herbst 1964 abermals umzogen. In mein erstes Haus.
Es stand — und steht immer noch — in der 213. Straße von Queens Village, ganz am Ostrand von New York, wo der Stadtteil Queens an das Nassau County anschließt. Ein schlichtes Holzhaus mit solider Unterkellerung auf einem winzigen Grundstück: vorn ein Baum, hinten ein Baum und etwa hundert Quadratmeter Rasen, um dessen Pflege und Gedeihen ich die nächsten fünf Jahre heldenhaft kämpfen würde. Einstöckig natürlich, mit Seitenausgang durch die Küche, wie man es aus den amerikanischen Familienserien im Fernsehen kennt, ein großes Wohnzimmer, ein kleines Schlafzimmer, ein noch kleinerer Arbeitsraum und eine winzige Gästekammer, dazu als Vorbau eine Art Wintergarten, leider nicht beheizbar.
Die Gegend gehörte der unteren Mittelklasse, solide verdienende Facharbeiter mit durchschnittlich zweieinhalb Kindern, fleißige Hausfrauen, die vormittags Lockenwickler
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