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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Meter entfernt von Lokan stehen und sah nur schweigend an ihm vorbei. Sekunden verrannen. Sonderbares Benehmen. Dann öffnete der Typ eine Tür hinter sich und machte eine Kopfbewegung, die wohl so viel sagen sollte wie: Nun mach schon .
    Er hielt die Tür auf, aber nur so, als ließe er eine imaginäre Person ein, denn ohne sich darum zu kümmern, ob Lokan seiner Aufforderung folgte oder nicht, ging er hinein und machte die Tür hinter sich wieder zu.
    Hier konnte etwas nicht stimmen. Der Mann hatte auf Lokanüberhaupt nicht reagiert. Weder hatte er ihn angesehen noch auf seine Frage geantwortet. Es war, als sei Lokan für ihn gar nicht da gewesen.
    Mit einem unbehaglichen Gefühl sah Lokan zu, wie sich die Tür wieder schloss, und fluchte still vor sich hin. Er blickte sich um, betrachtete die Pyramide mit der schwarzen Glasfassade, auf der sich die Lichter von Las Vegas spiegelten. In diesem Spiegel sah er auch die Schlange der Wartenden. Nur sich selbst konnte er nicht sehen.
    Also war er anscheinend wirklich nicht da.
    Ein Anflug von Panik überkam ihn bei dem Gedanken, dass er sich keineswegs in Las Vegas befand, sondern immer noch in irgendwelchen Visionen verhaftet war, genauso wie die ganze Zeit vorher in seiner Todeszone, als nichts, was er gesehen oder erlebt hatte, real, sondern alles ausnahmslos Produkt seiner Einbildung gewesen war.
    War er denn in Wirklichkeit noch in seiner Vorhölle gefangen? War es nur eine Illusion gewesen, dass sich sein Körper und seine Seele, sein Herz, Schatten und Name, anders ausgedrückt: sein Ka, sein Ba, Sheut, Ren und Ib wieder vereinigt hatten? Dass er wieder zu einem Ganzen geworden war? War vielleicht nur sein verzweifelter Wunsch Vater dieses Gedanken gewesen?
    Eine unbändige Angst packte ihn und zwang ihn fast in die Knie. Er konnte auf nichts vertrauen, am wenigsten auf seine eigenen Wahrnehmungen.
    Als er, bevor er zu Sutekh kam, noch ein normaler, sterblicher Junge gewesen war mit sterblichen Eltern und einem allzu sterblichen Bruder, der in einem trüben See ertrank, da hatte er wie jeder andere Sterbliche auch die Angst gekannt. Sie war Teil seiner Existenz gewesen. Als ihm dann seine wahre Natur offenbar wurde und er seinen Platz neben Sutekh einnahm, war Angst kein Thema mehr.
    Bis zu dem Tag, an dem er feststellte, dass er eine Tochter hatte. Da kehrte die Angst zurück, die Angst um seine Tochter, die Angst davor, was passieren würde, wenn die mit Sutekhverfeindeten Herren der Unterwelt sie aufstöbern und herausfinden würden, um wen es sich bei ihr handelte. Dann war es noch schlimmer gekommen, als sein eigener Vater sich als sein Mörder und damit als die gefährlichste Bedrohung überhaupt entpuppte.
    Diese Tatsache machte Lokan immer noch zu schaffen. Dabei war ihm jede Art von eigener Schwäche, sei es körperliche oder geistige, zuwider. Es gab jedoch ein Mittel dagegen. Selbst wenn der Körper ihn im Stich ließ, blieb ihm immer noch sein Verstand. Er musste nur logisch und rational überlegen, schon schwanden die Zweifel, die ihn befielen.
    Das kreischende Lachen einer offenbar betrunkenen Frau, das den allgemeinen Geräuschpegel übertönte, riss ihn wieder aus den Gedanken. Mit seinem Blick versuchte er zu erforschen, woher es gekommen war. Ringsum wogte der Lärm der Menschen. Das hatte es in der Todeszone nie gegeben. Nein, es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er sich in der Oberwelt befand.
    Noch einmal öffnete sich die Tür neben ihm. Ein Mann trat heraus, hochgewachsen, dunkles Haar, dunkle Augen, er kam Lokan irgendwie bekannt vor. Aber er konnte ihn nicht einordnen. War er ein Sterblicher? Auch wenn er keine übernatürlichen Kräfte registrierte, vermutete Lokan, dass er kein Normalsterblicher war. Als ein Seelensammler konnte er selbst seine übernatürlichen Schwingungen nach außen hin verbergen. Es gab also Grund zur Annahme, dass andere das auch konnten.
    Anders als sein Vorgänger sah ihn der Mann direkt an. Lokan merkte genau, dass dieser andere ihn tatsächlich sehen konnte.
    „Ich muss mich für Grahams Benehmen entschuldigen“, sagte er. „Ich hatte ihm aufgetragen, Sie höflich hereinzubitten und dabei zu erklären, dass er Sie nicht sehen konnte. Aber Sie wissen ja selbst, wie das ist. Diese Topworld Grunts … Zu nichts zu gebrauchen.“
    Lokan musste erst einmal die Tatsache verarbeiten, dass jemand ihn hier in der Oberwelt nicht bloß sehen konnte, sondernauch direkt ansprach. Dann fragte er: „Wer sind Sie?

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