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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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an seine Brust gelehnt und konnte spüren, wie sein Herz schlug. Mit geschlossenen Augen achtete sie aufjedes Pochen und dachte dabei, wie gut es war, es zu hören, und wie gut es war, so nahe bei ihm zu sein. Sie hatte sich nie eingestanden, wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, wie tief sich die Erinnerung an jene Nacht in Miami in ihre Seele eingegraben hatte.
    „Sprich weiter.“ Seine Aufforderung zerriss den Schleier ihrer abschweifenden Gedanken.
    „Als Kind hatte ich mir gar keine Gedanken darum gemacht, dass meine Brüder die ganze Zeit Endzwanziger blieben. Das waren sie, als ich fünf war, und sie waren es immer noch, als ich zehn war. Als ich fünfzehn wurde, habe ich sie damit aufgezogen, dass sie wohl einen verdammt guten Schönheitschirurgen haben mussten. Mit achtzehn habe ich sie nicht mehr damit aufgezogen. Da hatten sie mich eingeweiht, was ich und was sie in Wirklichkeit waren.“
    Sie spürte, wie sich Lokans Muskeln anspannten. „Und von da an benutzten deine Brüder dich und haben deine Fähigkeiten zu ihrem eigenen Vorteil eingesetzt.“
    Merkwürdigerweise hatte Bryn das Bedürfnis, sie zu verteidigen. Das war ein bisschen verrückt, weil sie ihre Brüder Jahre hindurch gehasst hatte, sie und all die Einschränkungen, die sie ihr auferlegt hatten. Jede Sekunde ihres wachen Daseins hatte sie auf die Chance gewartet, sich von ihnen frei zu machen. Aber dann bekam sie ihre Tochter und sah das Verhalten ihrer Brüder plötzlich mit anderen Augen.
    „Nicht dass ich sie in Schutz nehmen will oder ich den Gedanken ertragen könnte, Dana müsste so ein Leben führen wie ich damals. Aber ich bin inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass sie das, was sie taten, aus Liebe getan haben.“ Bryn musste beinahe lachen. „Die dummen Kerle. Man sperrt doch nicht ein, was man liebt.“
    Lokan versank in längeres Schweigen. Dann meinte er: „Nein, das tut man nicht. Trotzdem verstehe ich langsam, warum sie das getan haben.“
    Sie richtete sich auf und sah ihn an. „Aber Dana würdest du doch so etwas nie antun?“
    „Nein.“
    Natürlich hatte sie das nicht ernsthaft angenommen. Trotzdem bedeutete es ihr viel, es noch einmal von ihm in dieser Klarheit bestätigt zu bekommen. „Ich glaube, dass die Dienste, die ich meinen Brüdern geleistet habe, dem gar nicht unähnlich sehen, was du für deinen Vater tust.“ Sie erschrak. Das hätte sie lieber nicht sagen sollen. Die Dienste für seinen Vater hatten ihn immerhin das Leben gekostet. „Oder vielleicht dem, was du für deine Brüder tust“, fügte sie hastig hinzu.
    „Ich hatte die Wahl“, erwiderte er, „aber es klingt nicht so, als ob du sie gehabt hättest.“
    „Hattest du eine andere Wahl? Wirklich, Lokan?“, fragte sie sanft.
    Er zog sie sacht wieder an sich. Einen Moment lang schien er sich zu besinnen, dann meinte er: „Eine Geschichte nach der anderen. Lass uns erst einmal bei deiner bleiben.“
    „Zu Anfang fand ich es beinahe … spannend. Ich tat meine Pflicht und folgte ihren Anweisungen, indem ich die Seelen in die Unterwelt zu der Gottheit geleitete, mit der sie sich gerade gut stellen wollten. Ich stand unter ihrem Schutz, aber das hieß natürlich in Wirklichkeit, dass ich total unter ihrer Kontrolle stand. Dann änderte sich die Lage. Als ich älter und etwas erfahrener wurde, fing diese Kontrolle an, mich einzuengen. Sie trieb mich zur Verzweiflung und nahm mir die Luft zum Atmen. Ich war nie für mich allein – nicht eine Sekunde lang. Kannst du dir vorstellen, was das bedeutet? Zu jeder Tages- und Nachtzeit waren Wachen um mich herum.“ Sie schluckte. „Selbst im Badezimmer. Sie behaupteten, das geschehe zu meinem Schutz, und nach dem, was ich heute weiß, war es zum Teil wohl auch so. Aber damals bin ich mir wie eine Gefangene vorgekommen. Ohne die geringste Hoffnung, dem Käfig zu entrinnen.“
    „Haben sie dir etwas angetan?“ Sie konnte aus seiner Frage heraushören, dass er imstande war, ihren Brüdern etwas anzutun, wenn das der Fall gewesen wäre.
    „Nein, nichts dergleichen. Sie haben mich verwöhnt und verhätschelt. Alles, jede Belastung, jede Bedrohung haben sie von mir ferngehalten. Jack hat mir Geschenke mitgebracht. Die ganze Zeit. Schmuck, Kleider, Bücher. Ich hatte eine Küche, mit der jeder Fünf-Sterne-Koch glücklich wäre.“
    „War das der Grund, warum du das Backen angefangen hast?“
    Sie nickte. „Eines Tages hatte einer meiner Bodyguards irgendwoher ein paar Zutaten mitgebracht. Es

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