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Feuertanz

Feuertanz

Titel: Feuertanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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blieb.
    »Der Kaffee ist fertig«, sagte Irene und stellte den Teller mit dem Gebäck auf den Tisch.
    Dann goss sie den extrastarken Kaffee ein. Ingrid nestelte ein paar Süßstofftabletten aus einer flachen Schachtel und ließ sie in ihre Tasse fallen. Irene hielt ihr den rosa Glasteller hin. Sofort streckte Ingrid eine ihrer Klauenhände aus und schnappte sich eine Cremeschnecke. Ihre Augen leuchteten, und sie kaute rasch und genüsslich. Irene beglückwünschte sich zu ihrem Weitblick. Es war eine gute Idee gewesen, etwas zum Kaffee zu kaufen.
    »Besucht Frej Sie oft?«, begann sie.
    »Gelegentlich.«
    »Sie stehen sich ja offenbar nahe. Er trug so einen hübschen hellblauen Pullover, als ich ihn zuletzt traf. Er sagte, Sie hätten ihn gestrickt. Und er sagte auch, dass er diesen Pullover sehr mag.«
    Ingrid hielt im Kauen inne. Schließlich nickte sie und sagte: »Der mit dem Zopfmuster. Den hat er zu Weihnachten bekommen.«
    Sie schob sich den letzten Bissen ihrer Schnecke in den Mund und warf einen begierigen Blick auf den Kuchenteller. Etwas Vanillecreme lag auf ihrer Brust, aber Irene wies wohlweislich nicht darauf hin. Vielleicht würde sie es ja später tun, aber jetzt noch nicht.
    »Hatten Sie nach dem Brand vor fünfzehn Jahren noch Kontakt zu Angelica und Sophie?«, fragte Irene.
    »Nein. Warum auch?«
    »Tja … immerhin war sie mit Magnus verheiratet und die Mutter von Frej und …«
    »Ich habe diese affektierte Angelica immer verabscheut. Und das Mädel ist … sie war es, die das Haus angesteckt hat. Das weiß ich!«
    Ingrid war so außer sich, dass sie die Hand vom Kuchenteller zurückzog, ohne sich zu bedienen.
    So ruhig wie nur möglich sagte Irene: »Sophie hat also absichtlich das Feuer gelegt. Sind Sie sich da sicher?«
    »Ja!«
    »Wie wollen Sie das wissen? Hat Sie Ihnen etwas erzählt?«
    »Nein … aber sie war es!«
    Das faltige Gesicht der Alten nahm einen störrischen Ausdruck an. Irene sah ein, dass es am Klügsten gewesen wäre, das Thema zu wechseln, aber es war wichtig, herauszufinden, was an jenem Nachmittag in Björkil vorgefallen war. Fieberhaft dachte sie nach, während sie den starken Kaffee trank und ihre Schnecke aufaß. Ingrid hatte sich soweit gefangen, dass sie sich ein Himbeerteilchen genehmigte. Genüsslich biss sie in das mürbe Gebäck mit der Himbeerfüllung. Dann schmatzte sie zufrieden.
    Irene beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. Sie erhob sich und fragte: »Möchten Sie noch eine Tasse Kaffee?«
    »Ja.«
    Ohne Irene anzusehen, verzehrte Ingrid Hagberg den Rest ihres Gebäckstücks. Als Irene wieder mit der Kaffeekanne zum Tisch kam, hatte sie bereits eine weitere Cremeschnecke in der Hand. Irene goss ein. Als sie wieder am Tisch saß, fragte sie mit neutraler Stimme: »Weshalb hat Frej an jenem Nachmittag so lange geschlafen?«
    Ingrid hielt im Kauen inne.
    »Frej? An welchem Nachmittag? Er schläft nicht.«
    Plötzlich hatte sie wieder ihre Jammerstimme.
    »Ich spreche von dem Nachmittag, an dem Magnus in den Flammen umkam. Sie sagten damals aus, dass Sie nicht zum Brandort kommen konnten, weil Frej nach dem Essen eingeschlafen und erst nach drei Stunden wieder aufgewacht sei. Sie erschienen mit ihm um Viertel vor neun. Warum schlief er so lange?«
    »Kinder haben einen guten Schlaf. Er war müde. Jetzt möchte ich, dass Sie gehen.«
    Letzteres sagte sie mit Nachdruck. Auf unsicheren Beinen erhob sie sich und griff nach ihrem Rollator.
    »Gehen Sie!«
    Sie zitterte am ganzen Körper und sah Irene wütend an.
    »Dort ist die Tür!«, fauchte sie und deutete mit einem zitternden Zeigefinger auf die Wohnungstür.
    Irene sah ein, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als der Aufforderung nachzukommen. Sie ließ die letzte Schnecke und das Himbeer- und Schokoladengebäck zurück. In der Tür lächelte sie Ingrid noch einmal versuchsweise an und sagte: »Wenn es Ihnen lieber ist, komme ich nächste Woche wieder. Dann bringe ich auch neues Gebäck mit.«
    Ingrid Hagberg antwortete zuerst nicht, aber gerade als Irene schon aufgeben und die Tür hinter sich schließen wollte, hörte sie Ingrids Stimme aus der Wohnung: »Dann will ich mehr Himbeergebäck haben. Für mich allein!«
     
    Als Irene auf die Straße fahren wollte, bog ein weißer Fiat mit rasendem Tempo auf den Parkplatz ein. Irene musste abrupt bremsen, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Die Fahrerin des anderen Wagens würdigte sie keines Blickes, sondern raste mit quietschenden Reifen weiter und

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