Feuerteufel: Roman (German Edition)
vorbei. Das Licht fiel auf die Gitarre, die an die Bettkante gelehnt stand. Daneben lag auf dem Fußboden eine zerfledderte Gummizugmappe.
Entschuldige, dachte sie. Das darf man nicht tun. Darf man nicht.
Als ob sie ihre eigenen Bewegungen nicht mehr unter Kontrolle hätte, ging sie ins Zimmer und nahm die Mappe vom Fußboden. Dann setzte sie sich auf das ungemachte Bett.
Darf man nicht.
Vorsichtig machte sie die Gummibänder ab und betrachtete die Seiten. Songtexte. So musste es sein.
Der erste hatte den Titel »Du siehst durch mich durch« und war in Hannes’ charakteristischer Handschrift geschrieben, schmale hohe Buchstaben. Der zweite, »Wenn ich mich an das erinnere, was ich vergessen will«, ebenso. Der dritte Song, »Wunderbare, wunderbare«, war ein Computerausdruck, in den zwischen den Zeilen mit Bleistift die Akkorde eingetragen waren.
Mein lieber Junge, dachte Petra, während sie weiter blätterte und las.
DU
Du, ich hab dir mein Herz gegeben
Ich hab dich gebeten zu verstehen
Ich hab dir meine Lieder gegeben
Du hast gelacht und gefragt
Du wolltest mich nicht sehen
Du wolltest mich nicht haben
Du wolltest mich nicht sehen
Du wolltest mich nicht mehr haben
Du kamst nicht, als ich nach dir rief
Du kamst nicht, als ich bat
Du wolltest mich niemals lieben
Du wolltest nur gehen, gehen, gehen
Du wolltest, dass ich gehe, gehe, gehe
Du wolltest mich nicht sehen
Du wolltest mich nicht haben
Du wolltest mich nicht sehen
Du wolltest mich nicht mehr haben
Mein lieber, lieber Junge. Was geht eigentlich in dir vor? Obwohl sie das eigentlich nicht wollte und auch nicht tun sollte, blätterte Petra weiter die Ausdrucke und Bleistiftnotizen durch.
WENN ICH NICHT
Wenn ich dich nicht haben kann
Soll niemand sonst dich haben
Wenn ich dich nicht erreichen kann
Soll kein Verfluchter dich erreichen
Nun komm schon
Komm zurück
Liebe mich in Brand
Wenn ich dich nicht erreichen kann
Soll keiner dich mehr sehen
Wenn ich dich nicht gewinnen kann
Sollst sogar du mich verlieren
Nun komm schon
Komm zurück
Liebe mich in Brand
Ich hab dich nämlich so vermisst
So lange, wie ich kann
Ich hab dich nämlich so aufgehalten
So lange wie das geht
Denn ich hab dich geliebt, bis das Böse gewann
Als das böse Alltagsleben kam
Nun komm schon
Komm zurück
Liebe mich in Brand
Wenn ich dich nicht kriegen kann,
soll kein anderer dich haben.
Du hast gelacht und gefragt.
Mein guter Hannes. Petra holte tief Luft und nahm das nächste Blatt.
FUCKING YOU
I send you fucking flowers
Those fucking fucking flowers.
But when the music stops to flow
No one else knows where to go
Except for you
And the things you do
Except for you
When you loved me too
And to fuck and fuck and fuck and fuck
To fuck me as you fucking please
You fucking fucking fucking tease
You fucking me all over tease
I send you fucking poems
Those fucking fucking poems
But when the music stops to flow
No one else knows where to go
Except for you
And the things you do
Except for you
When you fucked me too
I’m fucking fucking through
Of fucking fucking you
I’m fucking fucking through
Of fucking fucking fucking you
Petra sank auf den Boden und schloss die Augen. Geliebtes Kind.
Sie nahm einen von Hannes’ Pullovern, der über dem Schreibtischstuhl hing, und verbarg das Gesicht darin. Lange saß sie so da und sog seinen Geruch ein.
Als sie Roy unten im Flur jaulen hörte, legte sie den Pullover zurück. Ihre Finger zitterten, als sie versuchte, die Blätter in der Mappe in die richtige Ordnung zu bringen.
Verzeih.
Magdalena ging mit den Pflanzen in der Tüte durch das Friedhofstor und dann den Abhang hinauf, an der kleinen Kapelle vorbei. Das Gras zwischen den Gräbern war immer noch sommergrün und dicht.
Das ist doch nur, weil ich nie hierherkomme, dachte sie. Ann-Sofie hat recht. Ich versuche, vor allem wegzulaufen, was schwierig ist. Vermeide es.
Als Magdalena oben auf dem Hügel stand, trat sie in den Schatten des hohen falunroten hölzernen Glockenturms, um Atem zu holen. Dann ging sie wieder in das gleißende Sonnenlicht, nahm sich einen der Spaten, die bei den Gießkannen hingen, und ging die letzten Schritte zum Grab.
Elisabeth Hansson.
Vor dem Stein lagen ein paar vertrocknete Stiefmütterchen.
Magdalena konzentrierte sich auf das Graben. Sie zog die Plastiktöpfe von den Pflanzen, die sie gekauft hatte, dunkelrosa Alpenveilchen und Silberblatt, setzte sie ein und drückte die Erde ringsherum
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