Feuertochter: Roman (German Edition)
der seinen Vetter übertraf.
»Wir sollten uns beeilen«, sagte er, suchte in der Dunkelheit nach Ciaras Hand, führte diese zum Mund und küsste sie. »Du bist wunderbar!«
»Das freut mich!« Ciara drückte seine Hand und wartete dann, bis Ferdinand und Hufeisen auf das Lager zugingen und es betraten.
»Und? Habt ihr etwas bemerkt?«, fragte der alte Haudegen die Wachen.
Diese wandten sich ihm zu und schüttelten die Köpfe. Im Schein der Lagerfeuer wirkte dies seltsam, so dass Ciara, aufgekratzt, wie sie war, das Lachen verbeißen musste. Rasch huschte sie hinter dem Rücken der Männer vorbei zu dem Platz, an dem ihre Cousine bereits schlief. Dort wickelte sie sich in ihre Decke und ärgerte sich prompt darüber, dass diese feucht war, während sie nur wenige hundert Schritte entfernt unter dem grünen Dach des Wald-Doms vor dem Regen geschützt gewesen wären. Dann ließ sie ihren Gedanken freien Lauf. Was ihr die Zukunft bringen würde, wusste sie nicht, aber eines war ihr klar: Ihr Platz würde immer an Ferdinands Seite sein.
12.
A m nächsten Tag marschierten sie trotz Regen wieder auf der Straße, um die Aufgebote anderer Clans kennenzulernen. Fröhliche Rufe wurden gewechselt, die Anführer begrüßten einander lachend und tranken Whiskey aus silbernen Feldflaschen.
Die Krieger verbrüderten sich ebenfalls, was sie jedoch nicht davon abhielt, gegeneinander zu sticheln. »Na, ihr Kuhdiebe! Auch mal wieder im Land?«, meinte einer zu Aithil.
Dieser erwiderte die Freundlichkeit mit einem breiten Grinsen. »Diesmal wollen wir uns die ganz großen Kühe holen, nämlich die englischen. Die sollen zehnmal so viel Milch geben wie eine irische.«
»Mir recht! Dann lasst ihr die unseren in Ruhe. In aller Freundschaft gesagt, wenn wir in nächster Zeit einen Ui’Corra zu nahe an eigenen Kühen finden, hängen wir ihn auf und lassen ihn baumeln, dass es eine Lust ist.«
»Was für ein Zufall! Das Gleiche hatten wir auch mit euch vor.« Aithil reichte dem anderen die Hand. »Aber bevor wir uns gegenseitig aufhängen, sollten wir noch ein wenig Engländer klopfen. Keine Sorge, es sind genug für jeden da! Der Earl of Essex soll alle Strolche in England zu seinen Fahnen geholt haben.«
»Dann muss es ein großes Heer sein, denn Strolche gibt es in England wahrlich genug. Aber ich wette mit dir, Aithil O’Corra, dass jeder von uns fünfmal so viele Engländer zur Hölle schickt wie ihr. Es weiß ja jedes Kind in Irland, dass ein Ui’Rueirc fünfmal so viel wert ist wie ein Ui’Corra.«
»Für diese Worte wirst du mir nach der Schlacht Abbitte leisten müssen, Cuolán O’Rueirc«, erklärte Aithil mit einer gewissen Schärfe. »Wir Ui’Corra werden nämlich zeigen, dass jeder von uns so viel wert ist wie fünf von euch.«
Ferdinand verfolgte die Aufschneidereien der Iren schmunzelnd, konnte sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Männer den Krieg auf die leichte Schulter nahmen. Immerhin stand ihnen Englands größte Armee entgegen, mit einem Oberkommandierenden, dessen Mut in ganz Europa gerühmt wurde. So konnte er nur hoffen, dass es kein böses Erwachen gab. Nach einer Weile drehte er sich um und hielt nach Ciara Ausschau. Diese hatte sich einer Gruppe Frauen und Mädchen angeschlossen, die gleich ihr die Krieger ihrer Clans begleiteten. Die meisten waren jung, sehr schlank und hatten helle, von Sommersprossen übersäte Gesichter. Ihre Haare glänzten blond oder rötlich blond, doch keine von ihnen reichte Ferdinands Ansicht nach auch nur entfernt an Ciara heran.
Auch die Frauen und Mädchen schienen das Ganze mehr als einen Ausflug anzusehen als einen Kriegszug, der über das Schicksal ihrer Insel entscheiden konnte. Sie redeten viel, und ihre Bemerkungen betrafen zumeist die jungen Männer, die sich in ihrer Nähe herumtrieben und ihre Muskeln spielen ließen.
»Die Kerle sind wohl auf Brautschau«, knurrte Hufeisen, der neben Ferdinand marschierte. »Hoffentlich spielt ihnen nicht Gevatter Tod zum Brautreigen auf.«
»Das hoffe ich auch!« Angesichts der fröhlichen Gesichter fühlte Ferdinand sich fehl am Platz, und er sagte sich, dass er die Iren wohl niemals verstehen würde.
Dieser Eindruck verstärkte sich noch, als sie am Sammelpunkt eintrafen. Aodh Mór O’Néill empfing jeden einzelnen Anführer persönlich und drückte ihn unter Freundschaftsküssen an seine mächtige Brust. Oisin, der einen guten halben Kopf kleiner war als der Earl of Tyrone und auch um einiges
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