Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuertochter: Roman (German Edition)

Feuertochter: Roman (German Edition)

Titel: Feuertochter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
seinen Spieß zur Hand und schritt los, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Die Flüchtlinge schlossen sich ihm an. Die meisten weinten um die verlorene Heimat und um die zurückbleibenden Freunde und Verwandten, die sich lieber der Herrschaft der Engländer unterwarfen, als das Tal zu verlassen, in dem ihre Vorfahren geboren worden waren.
    Eine dieser Frauen lief einige Schritte neben ihrer Schwester her, die sich zum Gehen entschlossen hatte. »Du musst mich verstehen, Dairíne. Hier ist alles grün, und dort in Tir Chonaill sind nur kahle Felsen und das Meer. Ich …«
    »Du bist mir keine Rechenschaft schuldig«, antwortete die Ältere harsch. »Sollte dein Mann überlebt haben und nach Tir Chonaill kommen, werde ich ihm sagen, wo du zu finden bist.«
    »Sag mir wenigstens Lebewohl!«, flehte die Schwester, doch sie erhielt keine Antwort mehr.

13.
    V on einem Hügel aus beobachteten Simon von Kirchberg, Richard Haresgill und dessen Stellvertreter den Auszug der Flüchtlinge. Während Simon zufrieden lächelte, knetete Haresgills Unteranführer seinen Schwertgriff.
    »Jetzt könnten wir sie alle niedermachen«, schlug er vor.
    Simon wechselte einen kurzen Blick mit Haresgill. »Nein, wir lassen sie ziehen. Wenn Oisin O’Corra auf sie trifft, muss er sich um sie kümmern. Sie werden ihm wie ein Klotz am Bein hängen und dafür sorgen, dass er nicht sofort über das Meer verschwinden kann. Wenn er das täte, entkäme er uns, und wir lebten noch jahrelang in der Furcht vor seinen Racheakten.«
    Bei diesen Worten zuckte Haresgill zusammen. Er hatte sich jedoch rasch wieder in der Gewalt und lachte leise auf. »Ihr habt recht. Ich will den Kopf der Schlange zertreten und nicht den Schwanz. Es bringt uns nichts, jetzt mit diesem Gesindel aufzuräumen. Damit geben wir Oisin O’Corra nur freie Hand, Irland auf dem schnellsten Weg zu verlassen. Wir holen sie später aus jenem versteckten Turm an Donegals Küste heraus. Dort wird uns niemand entkommen, selbst das Kind im Mutterleib nicht!«
    »Einen Einwand werdet Ihr mir erlauben«, rief Simon verärgert aus. »Oisins Schwester Ciara gehört mir!«
    »Was wollt Ihr mit dieser Wilden?«, fragte Haresgill spöttisch.
    »Sie heiraten! Damit bin ich der Erbe der O’Corra, und vor meiner Rache seid Ihr vollkommen sicher.«
    Haresgill starrte ihn zuerst verwirrt an, begriff dann, was Simon vorhatte, und lachte auf. »Ihr glaubt, auf diese Weise die Iren für Euch gewinnen zu können? Clever. Aber ich sage Euch, dieses Volk versteht nur eine Sprache, und das ist nackte Gewalt!«
    Unterdessen war die Flüchtlingskarawane weitergezogen und entschwand ihren Blicken. Haresgills Stellvertreter passte es nicht, sie unbehelligt lassen zu müssen, und wandte sich verärgert an seinen Herrn.
    »Was machen wir mit den Leuten, die im Tal zurückgeblieben sind? Sollen wir die erledigen?«
    »Wollt Ihr für mich säen und ernten?«, spottete Haresgill. »Nein, wir brauchen die Iren zum Arbeiten. Aber sie sollen lernen, dass jeder Aufruhr mit eiserner Hand unterdrückt wird. Sobald wir das Tal besetzt haben, gehören die Weiber drei Tage unseren Soldaten. Außerdem hängen wir jeden vierten Mann auf. Tragt aber Sorge dafür, dass die übrig bleiben, die noch brauchbar sind. Und nun vorwärts! Auf das, was jetzt kommt, habe ich mich gefreut, seit ich dieses Tal verlassen musste!«
    Haresgill gab ein Zeichen, und die Soldaten, die in der Deckung des Hügels gewartet hatten, marschierten in das Tal hinein. Dabei passierten sie die hölzerne Festung, die Oisin O’Corra im Auftrag Aodh Mór O’Néills hatte erbauen müssen und die nun verlassen dalag, ohne dem Tal und seinen Bewohnern den erhofften Schutz zu bieten. Einige Zeit später sahen sie die Burg vor sich und die Menschen, die sich dort versammelt hatten und ein weißes Tuch an einer Stange schwenkten. Widerstand, sagte Haresgill sich, war hier keiner zu erwarten, und seine Soldaten würden dafür sorgen, dass es auch in Zukunft so blieb.

14.
    D ie Flüchtlinge hatten alles verloren bis auf ihren Stolz, und selbst der war ziemlich geknickt. Ferdinand und Hufeisen ertrugen es noch am leichtesten, weil Irland nicht ihre Heimat war, sondern ein Land, in das sie gekommen waren, um zu kämpfen. Oisin O’Corra hingegen stapfte die meiste Zeit geistesabwesend neben ihnen hier. Zu viele Männer hatte er in den Tod geführt, und ihm war klar, dass er die Heimat des Clans durch die Niederlage bei Cionn TSáile endgültig verloren hatte. Alle

Weitere Kostenlose Bücher