Feuertochter: Roman (German Edition)
hielt ihn nichts mehr in London, und sie war ebenfalls froh, die Stadt verlassen zu können. Die Erlebnisse der letzten Wochen hätte sie am liebsten aus ihrem Gedächtnis gestrichen. Da das Geld arg knapp war, verzichtete Ferdinand darauf, auch Deasún O’Corraidh mitzunehmen. Selbst wenn der Mann vielleicht doch kein Verräter war, so wollte er ihm nicht vertrauen. Der Ire konnte sich anders als Ciara als Knecht durchschlagen.
Sie schieden ohne Wehmut von dem wendigen Iren, der bereits beim Wirt des Pheasant nachgefragt hatte, ob dieser niemand brauchen könnte, der sich um die Pferde der Gäste kümmerte, und wanderten zur Themse, um dort das Schiff zu besteigen, das sie zum Kontinent bringen würde. Der Kapitän, ein maulfauler Holländer, hatte ihnen nach langem Feilschen die Passage zugestanden, aber verlangt, dass sie sich während der Überfahrt selbst ernähren sollten. Daher schleppten Ionatán und Bríd etliche Lebensmittel in Säcken mit. Leckerbissen waren keine dabei, denn es hieß eisern sparen. Ciara und Saraid hatten in erster Linie auf Haltbarkeit geachtet, denn es sollte alles zur Gänze aufgebraucht und nicht irgendwo verdorben zurückgelassen werden.
Als sie die Zeehond erreichten, führte ein Matrose sie zu ihrem Quartier. Beim Anblick des kleinen Verschlags im Vorschiff, der der Gruppe kaum genug Platz bot, bereute Ferdinand es, den Preis für die Passage so stark gedrückt zu haben.
»Wo ist hier der Abtritt?«, fragte er einen Matrosen, da er den Frauen nicht zumuten wollte, den Hintern über die Bordwand zu halten.
Der Mann winkte ihm mitzukommen und wies auf ein unter dem Bugspriet gespanntes Netz. »Entweder Ihr erleichtert Euch hier, oder Ihr müsst einen Eimer benützen.«
»Wir haben keinen Eimer«, wandte Ferdinand ein.
»Ich könnte Euch einen besorgen«, bot der Matrose an.
Ferdinand überlegte, ob er noch einmal von Bord gehen und selbst einen kaufen sollte. Da er jedoch nicht wusste, wie lange das Schiff noch vor Anker liegen würde, wollte er nichts riskieren.
»Tu das!«, sagte er und reichte ihm das Geld, das der Mann ihm für einen alten, stinkenden Holzeimer abforderte. Der Matrose grinste, denn diesen Eimer verkaufte er beinahe auf jeder Reise an Reisende, die nicht auf das Netz steigen wollten. Zwar gab es im Achterdeck einen angebauten Abtritt für den Kapitän und die Schiffsoffiziere sowie einen für besser gestellte Passagiere. Doch um den benützen zu dürfen, bezahlte der Deutsche mit seiner eigenartigen Begleitung zu wenig.
»Auf der Margherita waren wir besser untergebracht, obwohl das Schiff voll beladen war«, sagte Ferdinand verärgert zu Hufeisen.
Dieser nahm die Bedingungen jedoch achselzuckend hin. »Um so reisen zu können wie damals, müssten wir dem Kapitän mehr Geld geben, als wir noch haben. Seien wir also froh, überhaupt ein Schiff gefunden zu haben, das uns mitnimmt.«
»Der Meinung bin ich auch«, stimmte Ciara ihm zu.
»Die Fahrt nach Amsterdam soll ja nur ein paar Tage dauern. So lange werden wir es aushalten.« Saraid warf Ferdinand einen warnenden Blick zu, den er durchaus verstand. Bis zu ihrem Ziel würden noch viele Tage vergehen, und da durften sie für die Überfahrt nicht noch mehr Geld ausgeben.
»Länger als ein paar Tage würde ich es in dem Loch auch nicht aushalten«, erklärte Hufeisen mit gerümpfter Nase.
»Du wirst es so lange aushalten müssen, bis wir wieder an Land gehen können!«, wies Saraid ihn zurecht. »Es sei denn, du willst die letzte Strecke schwimmen.«
Hufeisen musste lachen. »Wenn ich unterwegs auf ein paar Seejungfrauen treffe, wäre das zu überlegen.«
»Ich glaube kaum, dass du mit denen im Wasser etwas anfangen kannst«, antwortete Saraid gereizt.
»Außerdem brauchen wir dich noch. Ich habe nicht alle Städte im Kopf, die wir auf dem Weg nach Kirchberg passieren müssen.« Ferdinand klopfte dem erfahrenen Söldner auf die Schulter und wies dann zur Tür. »Wollen wir an Deck gehen? An der frischen Luft ist es gewiss angenehmer als hier.«
»Ihr beide hättet euch in der letzten Zeit mal baden sollen«, warf Saraid gelassen ein.
»Ich habe erst letzte Woche gebadet!«, begehrte Ferdinand auf und begriff dann erst, dass das scherzhaft gemeint war. Er grinste die Spötterin an. »Wie es aussieht, musst du bald wieder heiraten. Du wirst sonst zu übermütig.«
Er wollte die Kammer verlassen, doch ein Matrose scheuchte ihn zurück.
»Schade!«, sagte er. »Wie es aussieht, dürfen wir im
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