Feuerwogen
Minute. Nur … eine … Minute …
Da schlief sie auch schon.
Donna kehrte schließlich mit Reginas Entlassungspapieren zurück und kritzelte etwas in ihre Krankenakte. »Ich möchte, dass du morgen wiederkommst, damit wir noch ein paar Untersuchungen machen können.«
Regina setzte sich mühsam auf. Sie wollte nicht noch mehr Untersuchungen. Sie wollte nach Hause, zurück in ihr echtes Leben und in ihren Alltag mit Nicky, der ständig die Treppe zur Wohnung hinauf und hinunter rannte, und ihrer Mutter, die sie in der Küche in den Wahnsinn trieb.
»Können wir das … nicht jetzt noch hinter uns bringen?«
»Ich fürchte nein. Die Flüssigkeiten, die du bekommen hast, beeinflussen deinen Hormonstatus.« Die Stimme der Ärztin klang munter und professionell, ihr Blick war teilnahmsvoll. »Es sei denn, du ziehst es vor, den Schwangerschaftstest morgen früh zu Hause zu machen. Das Ergebnis sollte dann ziemlich eindeutig ausfallen.«
Regina holte schmerzhaft Luft.
Schwangerschaftstest.
Donna wusste es.
Dylan wusste es.
»Ich kann nicht …«,
hatte sie zu ihm gesagt.
»Das Baby.«
Erkenntnis brach durch die Fassade der Normalität, die sie hatte vortäuschen wollen.
Nichts würde jemals wieder normal werden.
Regina humpelte an Donnas Arm ins Wartezimmer, in der Hand eine Plastiktüte mit ihren alten, nassen Sachen.
An der Tür blieb sie abrupt stehen. Sie waren beide da, warteten auf sie – Caleb, in Uniform und mit gedankenvollem, wachsamem Gesicht, und …
Dylan.
Ihr Herz schlug schneller. Er war größer als sein Bruder, dunkler, schlanker. Jünger, bis man ihm in die Augen sah. Diese waren mattschwarz und gefährlich.
Sie befeuchtete ihre Lippen und sah weg. »Wo ist Ma?«
Caleb machte einen Schritt auf sie zu. »Ich habe ihr gesagt, dass ich dich nach Hause fahre.«
Reginas Griff um Donnas Arm wurde fester.
»Sie kann jetzt noch keine Fragen beantworten«, sagte die Ärztin. »Sie hat Verletzungen am Hals. Sie muss sich ausruhen.«
»Verstehe. Ich kann deine Aussage auch morgen Vormittag zu Protokoll nehmen«, wandte sich Caleb an Regina. »Heute Abend bin ich nur dein Chauffeur.«
Ihr Blick flog zurück zu Dylan, der mit ausdruckslosem Gesicht neben seinem Bruder stand. »Was ist er? Mein Leibwächter?«
»Ja«, erwiderte Dylan. Er lächelte nicht.
Regina holte unsicher Luft. Okay. Sie war nicht in der Stimmung für eine Auseinandersetzung. Außer …
»Ich sollte … mich wohl bedanken«, krächzte sie.
»Nein, solltest du nicht«, widersprach Dylan und nahm ihr die Tüte ab. Er zögerte, dann legte er ihr den freien Arm ungeschickt um die Taille. »Du sollst doch nicht sprechen.«
Sie warf verstohlen einen weiteren Blick auf sein kantiges Profil. Machte er sich über sie lustig? Sie kannte ihn nicht gut genug, um das beurteilen zu können. Eigentlich kannte sie ihn überhaupt nicht. Der Gedanke machte sie traurig.
Donna sperrte die Eingangstür auf. Die Abendluft wehte kühl und feucht herein. Mitte August wurden die Tage schon kürzer, und die Sonne ging fast eine Stunde früher unter als noch einen Monat zuvor. Regina fröstelte und war dankbar für Dylans Wärme neben sich, während er ihr hinaus und in Calebs Jeep half.
Sie betrachtete das Gitter, das die Vordersitze vom Fond trennte, und versuchte, sich nicht wie eine Gefangene zu fühlen. Sie brauchte keine Polizeieskorte. Oder einen Bodyguard.
Warum war er hier?
»Er hat dich gerettet«,
hatte Nick gesagt.
Und jetzt wollte er sie nicht einmal mehr ansehen.
Caleb warf einen Blick in den Rückspiegel, wie ein Polizist, wie ein Vater, der seine vierzehnjährige Tochter zu einem Date fuhr. »Alles bereit da hinten?«
Regina nickte. Dylan hatte sich auf die andere Seite des Wagens zurückgezogen. Gut. Sie hatte ihn nicht um seine Begleitung gebeten. Sie wollte nicht klammern. Sie presste die Lippen zusammen und drückte die Hände aneinander, um sie zwischen den Beinen warmzuhalten.
Schweigend fuhren sie zum Restaurant.
Dylan sah hinaus auf die unbeleuchteten Straßen. Sein Herz saß wie ein lebendiges Stück Kohle in seiner Brust. Er musste mit ihr reden. Er musste es ihr erklären, sie irgendwie auf seine Seite bringen, damit sie es akzeptierte …
Nicht
ihn
. Dylan starrte finster vor sich hin. Seine Erfahrung mit seiner eigenen Familie, mit seinem Vater und seinem Bruder, nahm ihm jede Hoffnung, dass Regina
ihn
je akzeptieren würde.
Aber sie musste glauben, dass er sie beschützen würde, dass es notwendig
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