Feurige Schatten - Carriger, G: Feurige Schatten - Heartless (04)
hatten ihnen bei mehreren Gelegenheiten einen Besuch abgestattet, wobei sie immer genau so lange geblieben waren, wie es die Höflichkeit vorschrieb, und nie länger. Vampirhäuser waren kein Ort, an dem sich Werwölfe wohlfühlten, ganz besonders nicht Alpha-Werwölfe, aber die Etikette mussten gewahrt bleiben.
Alexia nahm die Einladung ein wenig zögerlich entgegen. »Nun, vielen Dank, aber ich habe einen vollen Terminkalender, und derart kurzfristig … Bitte verstehen Sie, ich werde versuchen zu erscheinen, aber …«
Miss Dair kam ihr zu Hilfe. »In Ihrer gegenwärtigen Verfassung wäre das sicher schwierig. Das verstehe ich vollkommen und die Countess ebenso. Aber ich möchte nicht, dass Sie denken, wir würden Sie auf irgendeine Weise schneiden. Zum Beispiel wurde ich von meiner Herrin angewiesen, Ihnen, falls wir einander begegnen, mitzuteilen, dass wir sehr erfreut über Ihr neues Wohnarrangement sind und wir keinerlei Groll gegen sie hegen.«
Als wären sie es nicht gewesen, die versucht hatten, mich umzubringen! Ein wenig verstimmt entgegnete Lady Maccon: »Ebenso. Vielleicht könnte mir Ihresgleichen das nächste Mal einfach gleich sagen, warum Sie versuchen, mich zu töten, dann könnte viel unnötiges Chaos vermieden werden. Ganz zu schweigen vom Verlust Ihrer Stachelschweine.«
»Ja, in der Tat. Wo sind sie eigentlich abgeblieben?«
»In der Kalkgrube.«
»Oh. Daran hätte ich nie gedacht.«
»Ist auch dieses Geschöpf mit Stachelgeschossen bewaffnet? Irgendeine Art von Betäubungsmittel, nehme ich an.«
»Ja, aber machen Sie sich keine Sorgen, der Kleine ist ziemlich zahm. Und es dient nur meinem Schutz, mehr nicht.«
»Es freut mich sehr, das zu hören. Nun, Miss Dair, kann ich Sie irgendwo hinbringen, oder ziehen Sie es vor zu gehen? Ich kann mir vorstellen, dass Sie Ihr Schoßtierchen gern präsentieren wollen. Ihre Herrin versucht, von dieser neuen Technologie zu profitieren, nicht wahr?«
»Sie kennen ja die Vampire.«
Normalerweise sprach man in feiner Gesellschaft nicht über pekuniäre Angelegenheiten, aber Miss Dair war nur eine Schauspielerin, also sagte Alexia: »Man müsste meinen, die halbe Welt zu besitzen wäre ihnen eigentlich genug.«
Mabel Dair lächelte. »Kontrolle hat viele verschiedene Formen, Muhjah.«
»In der Tat, in der Tat. Nun …« Lady Maccon nahm das Fernsprechgerät und rief ihren Kutscher. »Halten Sie bitte an, mein Gast wünscht auszusteigen.«
»Sehr wohl, Mylady«, kam die blecherne Antwort.
Die Kutsche hielt am Straßenrand an, und Miss Dair kletterte mit ihrem Stachelschwein hinaus, um ihre Promenade fortzusetzen.
»Vielleicht haben wir ja später heute Abend das Vergnügen Ihrer Gesellschaft, Lady Maccon«, sagte sie zum Abschied.
»Vielleicht. Vielen Dank für die ausgezeichnete Unterhaltung, Miss Dair. Guten Abend.«
»Guten Abend.«
Sie trennten sich, und so mancher Nachtschwärmer fragte sich neugierig, in welcher Beziehung wohl die Frau eines Werwolfs und die Drohne eines Vampirs zueinander standen. Es waren viele Gerüchte in Bezug auf Biffy im Umlauf. Versuchte Lady Maccon etwa, noch einen weiteren Spielmacher aus dem Lager der Vampire für die eigene Seite zu gewinnen? Neuer Klatsch würde aufkommen. Und das, so wurde Alexia klar, konnte ebenfalls Teil von Miss Dairs Plan gewesen sein.
Sie sprach erneut in das Fernsprechgerät: »Zum Chapeau de Poupe, bitte.«
Es war immer noch früh am Abend, was die Feierlichkeiten dieser Nacht anbelangte. In ganz London würde kein Etablissement, das etwas auf sich hielt, seine Pforten so bald schließen. So war Lady Maccon auch nicht überrascht, dass Madame Lefoux’ Hutladen nicht nur geöffnet hatte, sondern auch bevölkert war von zahlreichen wohlhabenden Damen und ihrer jeweiligen Begleitung. Die Hüte, die an langen Kordeln von der Decke hingen, schwangen hin und her, aber dennoch kam das Gefühl, sich unter Wasser zu befinden, diesmal nicht auf, dafür herrschte viel zu viel Geschwätz und Hektik.
Überrascht stellte Alexia fest, dass Madame Lefoux selbst nicht anwesend war. Trotz all ihrer eher untypischen Aktivitäten legte die Erfinderin normalerweise großen Wert darauf, an geschäftigen Abenden in ihrem Laden zu sein. Immerhin war einer der Gründe, warum die feinen Damen das Chapeau de Poupe frequentierten, die geringe Chance, der skandalösen Inhaberin in all ihrer zylindertragenden Pracht zu begegnen.
Ihre Abwesenheit verwirrte Lady Maccon. Wie sollte sie hinunter zum
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