Feurige Schatten - Carriger, G: Feurige Schatten - Heartless (04)
zurückgekehrt war, um ihn lange genug sterblich zu machen, damit er sich rasieren konnte. Professor Lyall war während dieser höchst schwierigen Zeit zu ihm sehr gütig und voller Mitgefühl gewesen.
Lady Maccon holte ihre Notizen über ihr geisterhaftes Erlebnis hervor und verschloss ihre Aktentasche. Sie hatte versucht, sich an alles zu erinnern, was das Gespenst gesagt hatte, um es niederzuschreiben. »Die Drohung wurde mir über eine Gespensterbotin zugetragen«, berichtete sie. »Ich denke, wir sollten ihr durchaus mehr Bedeutung zumessen, als wir das bei irgendeinem opportunistischen Tageslichtler täten, den es danach gelüstet, der nächste Liebling der anarchistischen Presse zu werden.«
»Und, meine beiden Zuckerstücke«, fügte Lord Akeldama hinzu, »wenn eine Übernatürliche eine Außernatürliche vor so einer Bedrohung warnt, ist es sehr wahrscheinlich, dass etwas oder jemand ebenso Unnatürliches darin verwickelt ist.«
Zischend zog der Diwan Luft durch die Zähne. »Sehr ernst zu nehmend.«
Lord Akeldama lehnte sich zurück und stützte die Spitzen seiner langen, weißen Finger auf dem Tisch vor ihm ab. Es war eine Geste, die auf seltsame Weise an seinen Vorgänger erinnerte.
»Und auch außerordentlich mysteriös«, fügte Alexia hinzu. »Mein Gatte teilte mir mit, dass in den Aufzeichnungen von BUR nichts über den Geist dieser Frau zu finden ist. Seit sie die Botschaft überbrachte, waren wir nicht in der Lage, sie oder ihren Leichnam zu lokalisieren.« Alexia hatte keinerlei Skrupel davor, die beiden ungleichen Aufsichtsorgane Ihrer Majestät für übernatürliches Treiben mit der Sache zu betrauen, und es belastete auch nicht ihr Gewissen, dass sie ihre Position als Ehefrau des Chefermittlers von BUR ausnutzte. Die Bürokratie mochte ja ihre Berechtigung haben, aber man durfte nicht zulassen, dass sie einen handlungsmäßig einschränkte. Während also BUR für den Vollzug zuständig war und sich das Schattenkonzil um legislative Belange kümmerte, sorgte Alexia dafür, dass beide dabei Hand in Hand arbeiteten.
Dass sie darin eine ihrer Aufgaben sah, war mit ein Grund dafür, warum Königin Victoria sie zum Muhjah ernannt hatte.
Der Diwan hörte einen Augenblick lang damit auf, hin und her zu marschieren. »Warum wurde Ihnen die Botschaft überbracht? Und warum durch einen Geist? Die meisten von ihnen fürchten sich instinktiv vor Ihnen, wegen dem, was Sie sind und was Sie tun können.«
Lady Maccon nickte zustimmend. Sogar wenn sie Gespenstern in aller Förmlichkeit vorgestellt wurde, behandelten diese sie mit deutlich argwöhnischer Vorsicht. »Gute Fragen. Nur kenne ich die Antworten nicht. Der offizielle Dienstweg wäre es gewesen, wäre die Botschaft für meinen Gatten bestimmt gewesen.«
»Dass Sie die Muhjah sind, ist in der Stadt – abgesehen von den Vampirhäusern – weitestgehend unbekannt. Ein gewöhnlicher Geist, der nicht im Dienst von BUR steht, dürfte von Ihrer Stellung und Position eigentlich nichts wissen und auch nicht, dass die Königin Ihnen ihr Ohr leiht.«
Alexia warf einen Blick auf ihre Notizen. »Vielleicht hat es etwas mit meinem Vater zu tun.«
Der Diwan hielt erneut inne. »Herrje, warum das denn?«
»Die Geisterfrau murmelte etwas von ›Tochter von Tarabotti‹. Als wollte sie mir die Botschaft wegen meines Namens geben.«
»Vielleicht kannte sie zu ihren Lebzeiten Alessandro Tarabotti, mein kleiner Butterkeks.«
Alexia nickte. »Vielleicht. Aber wie dem auch sei, wenn die Bedrohung tatsächlich existiert und von Übernatürlichen ausgeht, wer wären dann unsere Hauptverdächtigen?«
»Ich kenne da ein oder zwei goldige kleine Werwolf-Einzelgänger, die in letzter Zeit ein wenig unruhig geworden sind«, antwortete Lord Akeldama sogleich. Er legte den Kopf schief und ließ die Zähne ein paar Mal aufeinander schnappen.
Der Diwan konterte sogleich: »Da gibt es auch ein paar Vampirschwärmer, die ihre Zähne gespitzt haben.«
Lady Maccon war strickt dagegen, dass man mit derartigen Vorurteilen an die Sache heranging. »Ich denke, wir sollten alles in Betracht ziehen, auch dass ein Stock oder ein Rudel darin verwickelt sein könnte.«
»Oh, also gut«, meinte der Diwan unbehaglich. »Aber was für eine Spur haben wir denn?«
»Nur das Gespenst. Ich muss es finden, und zwar bald, denn die Erscheinung wirkte schon ziemlich verschwommen.«
»Warum müssen ausgerechnet Sie das tun?«, verlangte der Diwan zu wissen.
»Ich war diejenige, nach der
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