Fey 01: Die Felsenwächter
Eiland unterwerfen und sich hier ansiedeln. Stephan hatte gesagt, daß sie ebenso verletzlich waren wie die Inselbewohner, aber über die größere Macht verfügten. Falls es den Inselbewohnern gelänge, die Anzahl der Angreifer zu dezimieren und gleichzeitig den besonderen Fähigkeiten der Fey aus dem Weg zu gehen, dann hatten sie vielleicht eine Chance.
Stephan hatte recht: Dazu mußten sie erst einmal diesen Tag überleben.
Alexander trommelte mit den Händen auf den Tisch und stand auf. »Wir brauchen einen detaillierten Plan«, sagte er. »Einen, der darüber hinausgeht, aufs bloße Überleben zu hoffen und mich als Kern zu benutzen.«
Stephan verschränkte die Finger und legte sie hinter den Kopf. »Was habt Ihr im Sinn?«
Vor der Tür wurden Stimmen laut. Alexander erstarrte. Langsam erhob sich auch Stephan, zog das Schwert und stellte sich neben den Türrahmen. Dann klopfte jemand an die Tür. Alexander legte die Hand auf den Griff seines Schwertes.
»Herein«, sagte er, als die Tür auch schon aufflog. Monte, der Hauptmann der Palastwache, taumelte in den Raum. Seine Kleider waren blutbeschmiert, sein Unterarm aufgeschlitzt. Aus vielen kleinen Schnittwunden tropfte das Blut, auch sein Gesicht war verdreckt. Er zerrte einen Daniten hinter sich her, einen rundlichen Mann mit bloßen Füßen, dessen schwarzes Gewand in Fetzen herabhing. In der Hand hielt er ein Fläschchen, wie es sonst nur während des Mitternachtssakraments benutzt wurde.
»Was gibt es?« Alexanders Hand blieb auf dem Schwertknauf liegen. Stephan kauerte immer noch neben der Tür. Die Wachen drängten sich vor der Tür, die Rücken dem Raum zugewandt.
»Wir haben sie, Sire«, sagte Monte. Er stieß die Worte keuchend hervor, als ringe er nach Luft.
»›Sie‹?« fragte Alexander, der sich keiner unbegründeten Hoffnung hingeben wollte.
»Die … Fey, Sire … Sie liegen … im Sterben.«
»Alle?«
»Nein, noch nicht«, sagte der Danite mit gesenktem Kopf. Seine Stimme schien aus der Tiefe seines Körpers zu kommen. »Aber bald. Das Weihwasser tötet sie, Sire.«
Stephan senkte das Schwert. »Wie bitte?« fragte er.
»Es tötet sie.« Der Danite blickte den Fechtmeister an. »Es … äh, es bringt sie zum Schmelzen.«
Alexander fühlte, wie sich etwas in seiner Brust löste, Beklemmung, Panik. Ohne direkt auf die Worte des Daniten einzugehen, wandte er sich an Monte. »Stimmt das?«
Monte nickte. »Ich habe … es mit eigenen Augen gesehen, auf … auf dem Weg hierher … Er hat diese Flasche benutzt, und … sie fingen an zu … sich zu winden … zu schreien, und dann sind sie gestorben. Es war furchtbar … Es war … wunderbar.«
»Sind sie schon aus dem Palast geflohen?«
»Noch nicht«, erwiderte Monte. Langsam schien er wieder zu Atem zu kommen. »Als ich die Daniten sah, dachte ich … ich sollte sie zuerst hierherbringen. Sie bereiten einen … Angriff auf die Fey vor, die sich noch im Palast befinden.«
»Wird das Weihwasser denn ausreichen?« fragte Stephan den Daniten.
»Das weiß ich nicht«, antwortete dieser. »Aber wir haben noch mehr vom Rocaan bekommen. Zwischen hier und dem Tabernakel sind Hunderte von Fey gestorben.«
»Hunderte«, keuchte Stephan überrascht.
»Es ist ein Wunder«, sagte der Danite.
»Ein Wunder, das wir unbedingt ausnutzen sollten«, stellte Monte fest. »So schnell wie möglich … Ohne diese Waffe werden wir alle sterben.«
»Dann sorgt dafür, daß sie an alle, die sie benötigen, verteilt wird. Laßt mich unverzüglich wissen, wenn die Fey den Palast verlassen haben.«
»Ja, Sire.« Monte ließ den Daniten los. »Gebt dem König Euer Weihwasser.«
»Nein«, sagte Stephan etwas zu schnell. »Gebt es mir.«
Der Danite blickte unsicher von einem zum anderen. Die Überraschung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Gebt es Stephan«, ordnete Alexander an.
Monte verneigte sich und eilte zur Tür.
»Einen Augenblick«, rief Alexander. »Monte, habt Ihr auf dem Weg hierher …« Er schwieg plötzlich. Er wollte sich keine Blöße geben, wußte aber auch nicht, wie er es vermeiden sollte. »Habt Ihr meinen Sohn gesehen?«
Ohne sich umzudrehen, blieb Monte stehen. Seine Schultern spannten sich sichtlich an. »Nein, Sire.«
Alexander wünschte, er hätte sein Gesicht sehen können. Er hatte das Gefühl, daß ihn der Hauptmann belog. Alexander schluckte. Er konnte Monte den Befehl geben, sich umzudrehen, aber das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Die Wache hatte einen
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