Fey 02: Das Schattenportal
werde dafür sorgen, daß Ihr mehr bekommt. Matthias, Ihr werdet mir dabei helfen müssen.«
»Verzeiht mir, Heiliger Herr«, sagte Nicholas. »Aber falls jemand im Tabernakel für die Fey arbeitet, sind die Flaschen mit dem Weihwasser, das Ihr bereits angefertigt habt, möglicherweise schon verdorben. Es wäre nicht schwer, sie durch normales Wasser zu ersetzen. Ihr werdet das Weihwasser nur in vertrauenswürdigen Händen lassen können, und Ihr werdet euch versichern müssen, daß sich tatsächlich Weihwasser in den Flaschen befindet. Gibt es dazu eine Möglichkeit?«
Die Augenwinkel des Rocaan zogen sich kaum merklich zusammen, als unterdrückte er ein Lächeln. »Das können wir tun«, sagte er. »Ich habe bereits daran gedacht. Das Weihwasser, das ich bei Euch verwendete, habe ich erst kurz vor unserer Zusammenkunft selbst gemacht.«
Die beiden Ältesten schien diese Neuigkeit nicht zu überraschen. »Bislang können wir von Glück sagen«, gab Matthias zu bedenken, »daß der Roca uns eine Waffe gegen die Fey in die Hände gibt …«
Bei dem Wort ›Waffe‹ zuckte der Rocaan zusammen. Nicholas nahm sich vor, über diese Reaktion später noch einmal nachzudenken.
»… aber diese Waffe wird uns nicht ewig dienen. Die Fey haben nicht die halbe Welt erobert, weil sie beschränkt sind. Bis jetzt haben wir noch Glück gehabt. Sie dachten, wir seien leicht zu überrumpeln. Schon bald jedoch können wir diesen Vorteil verspielt haben. Wir müssen schlauer als sie sein und ihre Schritte vorausahnen. Das Wasser ist eine Möglichkeit. Aber es muß noch andere geben.«
»Warum hat ihnen denn niemand gesagt, sie sollen sich verdammt noch mal von dieser Insel wieder verziehen?« fragte Porciluna Nicholas.
Die harten Worte schreckten Nicholas auf. Er warf einen Blick zum Rocaan hinüber, fand jedoch nichts in dem Gesicht des Mannes, das darauf hindeutete, daß Porcilunas Benehmen ein Problem darstellte. Offensichtlich hatten sie sich das alle schon gefragt.
»Wenn sie mit einer Flasche Weihwasser entkommen, setzen sie alle ihre Leute daran. Sobald sie eine Möglichkeit gefunden haben, es zu neutralisieren, kommen sie mit noch mehr Schiffen und noch mehr Zauberkraft zurück, um uns alle zu vernichten.« Nicholas sah Porciluna fest ins Gesicht, während er sprach. »Das ist ein Risiko, das wir nicht eingehen können.«
»Richtig«, mischte sich der Rocaan wieder ein. »Aber das setzt voraus, daß wir in ihrer Abwesenheit kein anderes Mittel zu unserer Verteidigung finden.«
Nicholas biß sich auf die Unterlippe. »Ich glaube, die Chancen dafür stehen schlechter als ihre Chancen, herauszufinden, wie sie uns erledigen können. Wen könnten wir schon um Auskunft bitten? Und was würden wir mit einer solchen Auskunft tun? Nye war Jahre im voraus vor der Ankunft der Fey gewarnt, und sie haben nichts dagegen unternommen. Ganz Galinas hat erbittert gegen sie gekämpft. Die Fey verfügen über Fähigkeiten, die uns nicht gegeben sind. Und sie setzen sie skrupellos ein. Wir können nicht so schnell und so gut dazulernen.«
»Vielleicht«, sagte Matthias, »stehen uns andere Waffen zur Verfügung, die uns nur noch nicht bewußt geworden sind.«
»Das Schwert des Roca?« fragte der Rocaan. »Das Gold, mit dem wir unseren Tabernakel schmücken? Die Nahrung, die wir essen? Wie willst du diese Theorien in der Praxis überprüfen, Matthias?«
Bei dem Ausmaß an Zorn in der Stimme des Rocaan wäre Nicholas am liebsten ein Stück zurückgewichen. Er blieb jedoch stocksteif stehen und tat so, als habe er nichts Ungewöhnliches vernommen. Auch darüber würde er seinem Vater Bericht erstatten müssen. Einen Zwist in den Reihen der Rocaanisten konnten sie jetzt nicht auch noch gebrauchen.
»Ich wollte damit ja nur andeuten«, lenkte Matthias bedächtig ein, als redete er mit einem Kind, »daß die Blaue Insel möglicherweise Vorteile hat, die Galinas nicht zur Verfügung standen.«
Der Rocaan erhob sich. »Wenn wir über Dinge streiten, auf die wir keine Antwort haben, verschwenden wir nur unsere Zeit. Matthias, Ihr kommt mit mir. Ich schicke gleich eine Lieferung Weihwasser in den Palast, Euer Hoheit, und ich werde auch den Überbringer vor seinem Aufbruch auf die Probe stellen. Ihr solltet das gleiche tun, wenn er bei Euch eintrifft.« Er nickte Nicholas zu. Porciluna und Matthias blieben zögernd stehen. Nicholas blieb sitzen und spürte, wie das Unbehagen, das er seit seiner Ankunft verspürt hatte, wuchs.
Den roten Samt in
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