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Fey 04: Die Nebelfestung

Fey 04: Die Nebelfestung

Titel: Fey 04: Die Nebelfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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kam ihm plötzlich leer vor.
    »Sollten wir ihn nicht zurückholen?« fragte Titus.
    Auch Porciluna blickte mit leerem Gesichtsausdruck auf die geschlossene Tür, offensichtlich nicht minder schockiert als Titus. »Ich glaube nicht«, murmelte er. »Ich glaube, er hat zum ersten Mal seit Jahren die richtige Entscheidung getroffen.«
    Weil Ihr selbst Rocaan werden wollt, dachte Titus, sagte jedoch nichts. Er konnte nichts sagen. Noch nicht.
    Er ging zu einem Sessel und ließ sich hineinsinken. Die Sitzkissen waren hart wie Holz. Als König Alexander starb – es kam einem vor, als sei es schon Jahre her, obwohl es erst vor ein paar Wochen geschehen war –, hatte Titus geglaubt, der Rocaan interessiere sich für nichts anderes als für Macht.
    Jetzt ließ er das alles hinter sich, als spielte es überhaupt keine Rolle für ihn. Und Titus, der nichts anderes gewollt hatte, als Gott auf seine eigene Weise zu dienen, befand sich mit einem Mal inmitten einer Auseinandersetzung, die er nur ansatzweise verstand.
    Hätte er am Tag zuvor geahnt, daß der Rocaan etwas Derartiges plante, als er ihn in die Geheimnisse einweihte, hätte Titus niemals eingewilligt. Er war kein Ältester. Er verfügte weder über die Erfahrung noch die Übung, um den verworrenen politischen Pfad zu begehen, der nun vor ihm lag. Doch bereits jetzt wußte er, daß er Entscheidungen treffen mußte, über die er sich noch nie zuvor auch nur annähernd Gedanken gemacht hatte.
    Er mußte die Geheimnisse an einen der Ältesten, der vom Rat gewählt wurde, weitergeben.
    Oder sich weigern.
    Er legte den Kopf in den Nacken. Das Glas des Kronleuchters schimmerte im Licht der einzigen Fackel. Die hölzerne Deckenverkleidung war mit Schnitzereien überzogen. Es war ihm vorher noch nie aufgefallen. All die vielen Details im Tabernakel. Der gesamte Rocaanismus bestand aus einer endlosen Abfolge winziger, mehrere hundert Jahre alter Details.
    Er war noch nicht soweit. Dafür würde er niemals bereit sein.
    »Wir müssen die Ältesten zusammenrufen«, sagte Porciluna.
    »Ich bin kein Ältester«, seufzte Titus.
    Porciluna schwieg einen Moment. »Wir haben jetzt nicht die Muße, um herauszufinden, was du bist. Wir müssen ein neues Oberhaupt für den Tabernakel bestimmen.«
    »Ich finde immer noch, wir sollten den Rocaan zurückholen«, sagte Titus. Es wäre alles einfacher. Er stimmte für den einfachen Weg, etwas, das er anderen stets ankreidete. Jetzt verstand er sie besser. Wenn sie den Rocaan fanden, bevor er zu weit weg war, mußte Titus keine Entscheidungen treffen.
    Porciluna gab ihm einen Klaps auf die Schulter, woraufhin Titus aufsah und die Unterseite von Porcilunas Kinn erblickte. Porcilunas Haut war weich und mit Aknenarben übersät. Sie roch leicht nach Rosenwasser. Er sah nicht besonders glücklich aus.
    »Ihr glaubt, er hätte Euch bestimmen sollen«, sagte Titus.
    Porciluna zuckte zusammen. »Es wäre nur logisch gewesen, einem Ältesten die Geheimnisse anzuvertrauen«, erwiderte er. »So wie es der Fünfzigste Rocaan getan hat.«
    »Um dann diesem Ältesten die Verantwortung zu überlassen, obwohl es die falsche Entscheidung war.« Titus schüttelte den Kopf und stemmte sich aus dem Sessel hoch. Schon jetzt fühlte er sich älter als er war. »Als mir der Rocaan mitteilte, ich sei derjenige, dem er die Geheimnisse anzuvertrauen gedenke, argumentierte ich dagegen. Aber er sagte, es sei die beste Entscheidung. Ich hätte ohnehin keine Aussichten darauf, Rocaan zu werden, also käme ich nicht auf die Idee, ihn töten zu wollen. Das war gestern. Es schien, als habe er gestern noch vorgehabt, auf diesem Posten zu bleiben.«
    »Im Verlies muß etwas geschehen sein«, sagte Porciluna.
    »Er hat den Fey umgebracht.«
    Beim Klang der dritten Stimme wirbelten beide Männer herum. In der Tür stand der Älteste Reece. Er wirkte nicht so nervös wie sonst, als hätte ihn die Krise eigenartigerweise innerlich gefestigt. Seine Haltung war aufrechter, und seine dünne Gestalt schien ihm zum ersten Mal eine Art würdevoller Macht zu verleihen. Offensichtlich hatten ihn weder Porciluna noch Titus eintreten hören.
    »Umgebracht?« fragte Titus.
    Reece nickte. »Der Mann ist tot, und der Wachsoldat sagt, er habe den Rocaan noch daran zu hindern versucht. Diesmal kann er sich nicht auf einen Unfall berufen.«
    »Aber der Fey hat doch versucht, ihn umzubringen«, gab Porciluna zu bedenken.
    »Trotzdem würde es erklären, daß der Rocaan es darauf angelegt hat, alle

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