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Fey 09: Die roten Klippen

Fey 09: Die roten Klippen

Titel: Fey 09: Die roten Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Schönheit noch immer überwältigte. »So ist es«, bestätigte sie. »Von Anfang an war es unser Ziel, daß unsere gemeinsamen Nachkommen dermaleinst über das Reich der Fey herrschen. Jetzt haben wir endlich Gelegenheit, unseren Traum wahr zu machen.«

 
32
     
     
    Rugad stand im Turmzimmer am Fenster und starrte auf den Rauch, der wie eine Gewitterwolke über dem Horizont hing. Die Stadt zu seinen Füßen wirkte allmählich ausgestorben. Die meisten seiner Truppen waren ins Landesinnere oder zu den Blutklippen aufgebrochen. Die Verbliebenen waren Rugads persönliche Leibwächter und für das ungeübte Auge nahezu unsichtbar. Das war Absicht. Rugad wollte verhindern, daß Eindringlinge die Schwachstellen seiner Armee herausfanden.
    Mittlerweile rechnete er fest mit Eindringlingen. Der morgendliche Angriff, zusammen mit König Nicholas’ Widerstand und der mutigen Tat seiner Tochter, hatten das Bild, das Rugad sich von den Inselbewohnern gemacht hatte, gründlich durcheinandergebracht. Niemals hätte er damit gerechnet, daß sie so bereitwillig ihr Leben aufs Spiel setzen würden, um sich gegen die Fey zur Wehr zu setzen.
    Dabei hätte er es sich denken können. Schließlich hatten die Inselbewohner auch seinen Sohn Rugar besiegt und seine Enkelin Jewel zu einem Bündnis gezwungen, das sie später als Liebesheirat ausgegeben hatte.
    Die Inselbewohner waren längst nicht so harmlos, wie sie auf den ersten Blick wirkten.
    Rugad würde den Doppelgänger verhören. Er mußte unbedingt diesen Matthias zu fassen bekommen. Rugad hatte allen seinen Generälen ausrichten lassen, daß jeder Inselbewohner namens Matthias lebendig gefangengenommen und mit der gleichen Vorsicht wie der gerissenste Zaubermeister behandelt werden sollte. Dieser Matthias kannte die Geheimnisse der Inselmagie, und Rugad war fest entschlossen, sie ihm zu entlocken, selbst wenn er damit sich und seine Leute in Gefahr brachte.
    Es klopfte. Rugad antwortete nicht. Als er sich umdrehte, öffnete sich die Tür, und Selia trat ein. »Verzeihung, Herr«, sagte sie. »Ich sollte dich sofort benachrichtigen, wenn es Neuigkeiten gibt …«
    Sie brach ab, als erwartete sie einen schroffe Abfuhr. Dabei hatte sie höchstens Rugads stumme Grübeleien unterbrochen, aber das brauchte sie nicht zu wissen.
    »Weiter, Selia!« befahl er.
    »Eine Botin ist eingetroffen, Herr.«
    »Wer?«
    »Eine Irrlichtfängerin«, antwortete Selia. »Sie heißt Wirl. Sie kommt von Ay’Le.«
    »Ay’Le.« Das bedeutete nichts Gutes. Ay’Le hatte ihm bereits Schleier mit der Bitte um Verstärkung gesandt. Rugad hatte die Antwort einem anderen Irrlichtfänger aufgetragen und seine Generalin Kendrad mit einer großen Streitmacht hinterhergeschickt.
    Aber Kendrad konnte noch nicht sehr weit gekommen sein. Ay’Le mußte einen triftigen Grund haben, eine zweite Botin zu schicken. Rugad witterte Unheil. »Weißt du, worum es geht?«
    Selia schüttelte den Kopf. »Wirl sagt, sie muß dich unter vier Augen sprechen.«
    Rugad nickte. »Schick sie herein.«
    Selia verließ das Zimmer. Rugad trat wieder ans Fenster. Das blasige Glas verzerrte die Sicht. Rugad legte die Hand an die Scheibe. Sie war warm. Er war schon lange nicht mehr im Freien gewesen, aber er nahm sich vor, den Palast so bald wie möglich für ein paar Stunden zu verlassen, um nicht durchzudrehen.
    Am besten betrachtete er dieses Zimmer, diesen Palast und diese Stadt einfach als sein persönliches Schattenland während einer Schlacht. Als er noch ein junger Offizier gewesen war, hatte es ihn furchtbar ungeduldig gemacht, seine Truppen von einem Schattenland aus zu befehligen, bis sein Vater ihn daran erinnert hatte, daß er ja auch draußen auf dem Schlachtfeld nicht überall zugleich sein konnte.
    »Rugad«, meldete sich Selia hinter ihm abermals zu Wort.
    Er drehte sich um. Neben Selia stand eine Irrlichtfängerin, mit der verglichen Schleier aussah, als wäre sie keinen einzigen Kilometer geflogen. Diese Irrlichtfängerin hier war vom Wind völlig zerzaust, und ihre Flügel hingen so kraftlos herab, als seien sie nie mehr zu gebrauchen. Die Erschöpfung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Ihre Haut war fahl, die Augen schwarze Höhlen, die Lippen zusammengepreßt.
    »Rugad«, grüßte sie und neigte leicht den Kopf. Schon diese kleine Bewegung brachte sie ins Schwanken, aber sie hielt sich noch rechtzeitig am Türknauf fest.
    Rugad nickte Selia zu, die sofort hilfsbereit auf die Irrlichtfängerin zutrat, aber Wirl hob

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