Fey 09: Die roten Klippen
ausführen.
Jetzt deutete Luke auf die Scheune. Totles Schultern hoben und senkten sich, als er tief einatmete, noch mehr in die Hocke ging und vorsichtig von dem Gebüsch wegschlich. Einen Augenblick später folgte Medes und anschließend Jona. Wie geplant bildete Luke die Nachhut. Ursprünglich hatte er eigentlich als erster gehen wollen, aber Jona hatte ihn davon abgebracht.
»Du bist der einzige von uns, der etwas über die Fey weiß«, hatte Jona gesagt. »Wenn sie uns entdecken, schnappen sie zuerst den Vordermann. Während sie ihn töten, können die anderen vielleicht fliehen.«
Luke wußte, daß das nicht zutraf. Er hatte damals bei seiner Gefangennahme in der Mitte der Angreifer gekämpft. Trotzdem stimmte er Jona zu. Luke fürchtete sich weniger vor den Fey als davor, daß seine kleine Truppe genau im falschen Augenblick die Nerven verlor. Als letzter konnte er die anderen daran hindern, kehrtzumachen, davonzurennen und die Aufmerksamkeit der Fey auf die ganze Gruppe zu lenken.
Totle war nun am ersten Heuballen angelangt. Lukes größte Sorge war, daß Totle, der das Gelände nicht kannte, die falsche Richtung einschlug. Aber bis jetzt hielt er sich peinlich genau an die Anweisungen.
Medes hatte als zweiter das Versteck verlassen und schlich ebenfalls über das Feld, aber seine massigere Gestalt war leichter auszumachen, zumindest für Luke. Er warf einen Blick in Richtung Wohnhaus. Im Unterschied zur letzten Nacht waren die Posten nicht ins Gespräch vertieft. Er konnte sie nur undeutlich erkennen.
Aber er wußte genau, daß sie da waren.
Luke hoffte inständig, daß ihr Mangel an Zauberkraft seiner Truppe zum Vorteil gereichte. Er hoffte, daß sie sich etwas zurufen oder sich irgendwie beraten würden, bevor sie die Verfolgung von Luke und seinen Männern aufnahmen.
Aber er hatte die Fey schon zu oft beim Angriff beobachtet, um es besser zu wissen. Sie verhielten sich zu Anfang immer sehr still und begannen erst später zu rufen. Vermutlich würden sie sich nicht anders verhalten, wenn sie Lukes Truppe entdeckten.
Medes hatte den ersten Heuballen erreicht und Totle war auf dem Weg zum zweiten, als Jona sich aus dem Wäldchen schlich. Luke hatte es so geplant, daß sich nur zwei Männer gleichzeitig bewegten. So würde nur die Hälfte seiner Leute gefangen werden, falls die Fey nicht besonders auf Zack waren.
Wenn sie jedoch Pech hatten, mußte die ganze Gruppe dran glauben.
Jona bewegte sich von allen am geschicktesten. Er sah aus wie ein Schatten in der Dunkelheit.
Glücklicherweise waren die Männer Bauern. Sie wußten genau, wie man sich geräuschlos über ein Stoppelfeld bewegte oder wie man es vermied, auf die abgeschnittenen Halme zu treten, die unter den Füßen knisterten. Sie wußten auch, wie man sich einem Heuhaufen näherte, ohne ihn zu bewegen.
Luke war froh, daß die drei Männer sich ihm angeschlossen hatten. Dank Jona gab es noch weitere Mitglieder in der kleinen Widerstandsbewegung, aber diese wären niemals so geschickt im Anschleichen gewesen. Jona hatte Luke wirklich überrascht: Seit er ihn ins Vertrauen gezogen hatte, hatte Jona mindestens ein Dutzend anderer Bauern darüber informiert, die ihrerseits wiederum mit einem weiteren Dutzend gesprochen hatten. Die Gruppe hatte sich bis jetzt noch nicht getroffen, und Luke zweifelte daran, ob sie sich wirklich jemals alle gleichzeitig treffen würden, aber sie wußten voneinander, und es gab bereits verabredete Signale und Treffpunkte. Luke hoffte, daß ihnen noch Zeit blieb, um ein geheimes System zu entwickeln, mit dem sie die Fey hinters Licht führen konnten, aber insgeheim hielt er es für sehr unwahrscheinlich. Im allgemeinen ließen die Fey ihren Gegnern keine Zeit, sorgfältig zu planen.
Jona hatte den Heuhaufen erreicht, und die Reihe war an Luke. Er schluckte, sein Mund war plötzlich wie ausgedörrt, und dann schob er sich langsam übers Feld.
Er wußte genau, daß er sich ähnlich bewegte wie Medes. Eher aufrecht und schnell, die Füße genau an den richtigen Stellen aufsetzend, eilte er zu dem Heuhaufen. Währenddessen warf er einen prüfenden Blick über das Feld. Im Unterschied zur gestrigen Nacht lag das Haus im Dunkeln, die Posten waren nur schwer zu erkennen. An den beiden Bäumen, die hinter dem Haus als Windschutz dienten, rührte sich kein Blatt.
Nicht einmal ein winziger Windhauch rührte sich. Luke wog schnell die Vor- und Nachteile gegeneinander ab. Es war günstig, weil die Fey keine
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