Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fey 09: Die roten Klippen

Fey 09: Die roten Klippen

Titel: Fey 09: Die roten Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
Vom Netzwerk:
unter ihr versammelte Menge nahm den Schrei auf.
    Weiche.
    Weiche.
    Weiche.
    Die Worte klangen fest entschlossen. Sie klangen stark. Sie ließen die Marktbude, auf der sie stand, erbeben. Mehr Leute hoben die Fäuste.
    Weiche!
    Noch nie zuvor hatte sie die Stimmen ihres Volkes so kraftvoll vernommen, noch niemals eine derartige Woge von Energie verspürt. Ihr Schwindelgefühl nahm zu, aber sie kümmerte sich nicht darum. Sie würde diese Langen aus ihrer Stadt vertreiben, und wenn sie dabei ihr Leben lassen mußte.
    Was durchaus möglich war.
    Weiche.
    Die erste Welle der Langen hielt mitten im Kampf inne.
    Einige von ihnen wurden niedergemacht, als Paushos Leute sich der feindlichen Waffen bemächtigen und sich zur Wehr setzten. Andere blieben einfach stehen, als lauschten sie einer noch nie zuvor vernommenen Musik.
    Weiche.
    Die zweite Welle der Langen, die beinahe den Fuß der Hügelkette erreicht hatte, kam zum Stillstand und bildete eine kerzengerade Linie. Es sah fast aus, als seien sie gegen eine Wand gelaufen.
    Weiche.
    Auch die dritte Reihe blieb abrupt stehen. Die Langen bewegten sich nicht und wehrten sich auch nicht mehr. Sie wußte, was sich auf ihren Gesichtern abspielte: Staunen und Entsetzen, und dann würden sie sich langsam zurückziehen.
    Pausho hob die andere Faust, als könne sie der Beschwörung mehr Kraft verleihen, wenn sich beide Fäuste gen Himmel reckten. Viele andere folgten ihrem Beispiel.
    Weiche.
    Die Langen blickten sich verwirrt um, als suchten sie die Quelle dieser Stimmen. Oben auf den Hügeln setzte sich eine weitere Welle in Bewegung, kam jedoch dort, wo schon die dritte Reihe aufgehalten worden war, zum Stillstand.
    Über ihren Köpfen flogen Vögel in immer wirreren Mustern kreuz und quer. Ein großer Schwarm flatterte zurück in Richtung der Hügelkette.
    Pausho fragte sich, ob sie etwas mit den Langen zu tun hatten. Hatten sie so viel Macht, daß sie sogar Vögel zähmen konnten?
    Weiche.
    Immer mehr ihrer Leute draußen am Stadtrand nahmen den Langen ihre Waffen ab und erschlugen sie damit an Ort und Stelle. Die Kämpfenden stimmten nicht in den Gesang ein, sondern nutzten den Vorteil, den er ihnen verschaffte. Sie gingen zum Gegenangriff über und töteten die Fey, wo sie sie antrafen.
    Pausho segnete ihre Auffassungsgabe, segnete ihren Mut. Sie sahen die Langen und erkannten die Bedrohung sofort.
    Sie mußte es ihnen nicht einmal erklären.
    Ihre eigene Kraft schwand. Sie spürte, wie sie von ihr wich. Schon war so gut wie nichts mehr davon übrig.
    Aber das spielte keine Rolle.
    Es spielte überhaupt keine Rolle mehr.
    Ihr Volk war dabei, den Kampf zu gewinnen.
    Sie schlugen die Langen in die Flucht, obwohl Matthias es eigentlich nicht für möglich gehalten hatte, obwohl Matthias behauptet hatte, sie müßten auf die Unterstützung der Worte zurückgreifen.
    Die Langen torkelten orientierungslos durcheinander oder hielten die Köpfe zur Seite geneigt, als lauschten sie den Stimmen der Bewohner der Blutklippen.
    Weiche.
    Der Rest ihrer Kraft wich von ihr, und sie wußte es. Schwarze Flecken tanzten vor ihren Augen.
    »Nicht aufhören zu singen!« rief sie. »Nicht, ehe sie weg sind! Nicht aufhören …«
    Nur wenige Leute drehten sich zu ihr um. Einige andere nickten. Der beschwörende Gesang ertönte weiterhin, tief und fest und ungebrochen.
    Weiche.
    Weiche.
    Weiche.
    Es war das letzte, was sie hörte, bevor ihr Körper unter ihr nachgab, das letzte, was sie spürte, bevor die Dunkelheit sie umfing.
    »Weiche«, flüsterte sie und verlor das Bewußtsein.

 
26
     
     
    Was machten die dort unten?
    Licia starrte auf ihre Truppe hinab, die sich keinen Schritt mehr weiterbewegte. Der Kriegsschrei war verstummt, ja, sie kämpften überhaupt nicht mehr. Die erste Welle wurde niedergemetzelt, weil die Inselbewohner den Fey die Waffen einfach aus den Händen nahmen und sie damit töteten.
    In all den Jahren bei der Infanterie hatte Licia dergleichen noch nicht erlebt.
    Sie hatte die dritte Welle losgeschickt, doch sie war genau dort stehengeblieben, wo schon die zweite Welle sich nicht von der Stelle rührte, so abrupt stehengeblieben, als wäre sie gegen eine unsichtbare Mauer gerannt.
    Die Fey auf der Hügelkette lösten ihre perfekte Schlachtordnung auf, liefen durcheinander und fingen an zu flüstern. Eine ihnen unbekannte Furcht breitete sich aus.
    Licia konnte sie förmlich riechen.
    Sie hatte nicht gedacht, daß Fey jemals nach Angst riechen können.
    Sie legte eine

Weitere Kostenlose Bücher