Fey 09: Die roten Klippen
entfuhr es ihm.
»Genau«, nickte Fledderer. »Jetzt geht es erst richtig los.«
»Hört sich an, als würde dir das alles auch noch Spaß machen«, sagte Adrian.
Fledderers Grinsen wurde noch breiter. »Macht es mir auch«, sagte er leise. »Es macht mir richtig Spaß.«
25
Pausho eilte, nach links und rechts Anweisungen verteilend, über den Marktplatz. Die Leute machten ihr Platz, sobald sie sie sahen. Das Markttreiben war jäh unterbrochen worden, und alle sahen so beunruhigt aus, wie Pausho sich fühlte.
Wenn sie, um ihre Heimat zu retten, einen unseligen Pakt mit Matthias schließen mußte, dann würde sie es tun. Aber sie würde sicherstellen, daß ihre Heimat auch gerettet wurde.
Kurz nachdem sich Pausho und Matthias die Hand gegeben hatten, hatten die Fey die Hügelkuppen verlassen und bewegten sich jetzt in einer langgezogenen Linie und ohne besondere Hast im heller werdenden Sonnenlicht direkt auf die Stadt zu. Pausho hatte Zak, den sie als einzigen Weisen entbehren konnte, in die Außenbezirke entsandt. Tri war auf Matthias’ Anweisung hin zurück zu Matthias Wohnung gegangen, um seine Freunde und, soweit Pausho das verstanden hatte, eine Frau zu holen.
Sie konnte sich Matthias nicht mit einer Frau zusammen vorstellen. Außerdem widersprach es der Philosophie des Tabernakels. Aber Matthias hatte betont, daß er mit dem Tabernakel nichts mehr zu tun habe.
Die Frau war Beweis genug.
Pausho trieb ihre Leute an und ließ sie einen Halbkreis um den Marktplatz bilden. Sie hatten Angst, sahen sie doch ganz deutlich, wie die feindlichen Soldaten von den Hügeln herabkamen. Eine zweite Linie hatte sich in Bewegung gesetzt, während die erste in den Vororten verschwunden war.
Dann drang das Geräusch von Metall gegen Metall durch die frühmorgendliche Luft zu ihnen, gefolgt von lauten Schreien. Die Schreie waren meist einzelne Worte in der Inselsprache, und Pausho wußte, daß sie, wenn sie sich nur konzentrierte, sogar einzelne Stimmen erkennen konnte.
Warum nur mußte Matthias recht behalten?
Sie hielt inne, stützte sich mit einer Hand an einer Marktbude ab und atmete erst einmal durch. Ein junger Stadtbewohner, den sie eigentlich kaum kannte, legte seinen Arm um ihre Hüfte und sagte: »Ich hole die anderen, Alte Mutter.«
Und sie wußte, was er damit meinte. Er würde durch die Straßen gehen und soviel Leute wie möglich zusammentrommeln.
»Sie sollen es ebenso machen«, sagte sie.
Er nickte und rannte davon.
Sie hatten nur noch so wenig Zeit, und ihr war keine Kraft mehr verblieben. Als sie sich wieder aufrichtete, sah sie gerade, wie sich die nächste Welle der Langen über den Hügel ergoß. Dahinter warteten sogar noch mehr Krieger.
Der Beschwörungsgesang mußte so mächtig sein wie noch niemals zuvor. Die anderen Stadtbewohner waren nicht so angeschlagen wie sie. Vielleicht schafften sie es.
Die Gesichter rings um sie herum hatten mehr Farbe als noch bei Sonnenaufgang. Die Leute schienen mehr Kraft zu haben. Nur ein kleines bißchen Kraft reichte womöglich aus.
Solange sie ihre Stimmen im richtigen Beschwörungsgesang vereinten.
Sie hob die Arme und winkte alle in den Halbkreis. Dann hieß sie alle Leute sich umdrehen, mit den Gesichtern nach außen, obwohl sie das nicht wollten. Die halbe Stadt mußte inzwischen dort versammelt sein: fünfhundert Menschen, sechs, sieben, vielleicht sogar noch mehr Reihen tief.
»Wir singen, bis sie umkehren«, rief sie und spürte sofort die Anstrengung in ihrem Körper. »Wir legen alles hinein, was wir haben. Uns bleibt nur diese einzige Chance.«
Matthias hatte den anderen gesagt, sie sollten die Kinder damit beauftragen, sämtliche Waffen zusammenzutragen und in diesen Teil der Stadt bringen. Schon jetzt waren ein paar der Leute mit Pfeil und Bogen, Messern und aus Holzknüppeln und Steinspitzen gefertigten Keulen bewaffnet.
So hatten ihre Leute bisher noch nie ausgesehen. Noch nie hatte sie sie so wild entschlossen, so stark gesehen.
Sie würden sie mit der nötigen Kraft versehen.
Pausho kletterte auf den Verkaufsstand, an den sie sich vorher gestützt hatte. Von oben hatte sie eine hervorragende Aussicht auf die anrückenden Langen. Sie wurden erst am Stadtrand aufgehalten, wo ihre Schwerter aufblitzten und sie die Bewohner der Blutklippen niedermachten.
Dutzende von ihnen.
Mit einer Leidenschaft, wie sie sie noch nie in ihrem langen Leben verspürt hatte, stieß sie die Fäuste gen Himmel.
»Weiche«, sagte sie.
Die
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