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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Stimmen, wandten sich aber nicht an sie. Die Hand hielt sie fest, bis der Nebel ganz im Zimmer war. Einer ihrer Verwundeten schrie laut – doch der Schrei verstummte abrupt.
    Dann konnte sie sich losreißen. Hatten die Stimmen sie belogen? Kamen sie in Wirklichkeit von den Fey?
    Komm her, forderte sie eine andere Stimme auf.
    Sie ging auf sie zu, wurde eigentlich zu ihr hingezogen, von der Hand, die sie wieder gepackt hatte. Sie stand neben einem Bett, einem Bett, in dem einer der am schwersten Verwundeten gelegen hatte.
    Er war nicht mehr da.
    »Wo ist er?« fragte sie.
    An einem besseren Ort, antwortete eine dritte Stimme. Er wäre ohnehin nicht mehr genesen, ganz egal, was du für ihn getan hättest. Du verfügst über große Kräfte, aber nicht über die Macht, den Tod zu besiegen.
    Sie wußte, daß die Stimme die Wahrheit sagte. Auch sie hatte gewußt, daß er sterben mußte. Sie hatte es ihm nur leichter machen wollen, hatte bei seinem letzten Atemzug bei ihm sein wollen.
    Und auch das wäre wohl nicht möglich gewesen. Wahrscheinlich wäre sie zu sehr damit beschäftigt gewesen, das Krankenhaus zu verteidigen, wie vergeblich ihre Anstrengungen auch sein mochten.
    »Wo ist er?« fragte sie wieder.
    Wir haben ihn ausgetauscht, antwortete eine vierte Stimme. Wir glauben, daß du mit dem Tausch einverstanden sein wirst.
    Der Nebel hob sich, hob sich über sie hinweg und schwebte unter die Decke, wo er sich in mehrere einzelne Fetzen teilte. Sie blickte mißtrauisch hinauf, als ihre Augen eine Bewegung auf dem Bett wahrnahmen.
    Sie senkte den Blick und hielt erschrocken den Atem an.
    Tri.
    Nur daß er sich kaum noch ähnlich sah. Seine untere Gesichtshälfte war blutüberströmt, seine Kleidung zerfetzt und zerrissen, und jedes Stück sichtbare Haut bestand nur noch aus einer blutigen Masse. Sein Atem glich einem mühsamen Rasseln.
    Sie legte ihm eine Hand auf die Stirn, eine der wenigen unverletzten Stellen seines Körpers, und kauerte sich neben ihn.
    »Tri?« sagte sie. »Tri?«
    Er drehte den Kopf und schaute sie an. Auch seine Augen waren unverletzt, waren der einzige wiedererkennbare Teil von ihm, aber sie wußte nicht genau, ob er sie auch wirklich sah.
    »Heiliger Himmel«, sagte sie. »Was ist mit dir passiert?«
    Aber sie wußte es bereits. Sie hatte es nach dem ersten Blick gewußt. Diese Vögel, diese Kreaturen, sie hatten ihn angegriffen. So wie sie auch alle anderen angriffen. So wie sie auch versucht hatten, das Krankenhaus anzugreifen.
    Sie hob den Blick zur Zimmerdecke. Der Nebel schien die Umrisse menschlicher Gestalten angenommen zu haben. Ihre Köpfe nickten ihr anerkennend zu, dann verschwanden die Gestalten, eine nach der anderen, unter der Tür hindurch nach draußen.
    Sie wollte sie aufhalten, sie anflehen, sie um Hilfe bitten. Aber sie tat es nicht. Statt dessen ging sie selbst zur Tür, öffnete sie und wollte versuchen, den Schutzzauber zu erneuern.
    Der Nebel umgab jetzt das ganze Gebäude. Sie sah weder den Himmel über den Dächern noch den Boden unter ihren Füßen. Das Geräusch der Schlacht war verstummt.
    Es war, als existierte sie außerhalb der Zeit, als sei sie völlig allein auf der Welt, in der Gesellschaft von einigen Verwundeten, die ihr Gesellschaft leisteten.
    Sie vermutete, das alles sollte ihr ein Gefühl der Sicherheit vermitteln, was es in gewisse Weise auch tat, aber es ließ ihre Gedanken auch zu Matthias wandern. Würde er sie bei seiner Rückkehr finden können? Und was war mit Jakib? Mit Denl? Mit Yasep?
    Wie sollten sie zu ihr finden, wenn sie ihrer Hilfe bedurften?
    Ihr Herz zog sich in der Brust zusammen. Sie streckte eine Hand in den Nebel. Noch immer wußte sie nicht, worum es sich dabei handelte, aber sie wußte, daß er gekommen war, um sie zu beschützen.
    Um Tri zu beschützen.
    »Danke«, flüsterte sie.
    Danke Matthias, erwiderte jemand.
    Sie drehte sich zu der Stimme um, sah aber niemanden.
    »Ist er am Leben?« fragte sie und wünschte sofort, sie hätte die Frage nicht gestellt. Sie war nicht sicher, ob sie die Antwort hören wollte.
    Er lebt, antwortete eine andere Stimme.
    Und eine dritte fügte hinzu: Fürs erste.
    Fürs erste. Sie nickte, dankte ihnen noch einmal und ging wieder nach drinnen. Er lebte. Fürs erste. Was bedeutete, daß er später nicht mehr leben würde.
    Sie wußte es nicht, und sie wollte auch nicht fragen. Diesmal wußte sie genau, daß sie die Antwort nicht wissen wollte.
    Sie kehrte an Tris Bett zurück und kauerte sich

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