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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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neben ihn. Seine Augen waren glasig, und in seinem Mundwinkel hatte sich eine kleine, blutige Blase gebildet. Wenn sie nicht sofort handelte, mußte er sterben.
    »Du bist in Sicherheit, Tri«, sagte sie und legte eine Hand auf seine Stirn. Die Haut war ganz heiß. »Bleib bei mir, dann tue ich alles für dich.«
    Der Nebel hatte ihn ihr aus einem ganz bestimmten Grund gebracht. Allem Anschein nach, weil er ihren Fähigkeiten vertraute. Tri war wichtig. Sie würde ihn nicht sterben lassen.
    Sie konnte es nicht.
    Womöglich war er der einzige Freund, der ihr geblieben war.

 
30
     
     
    Er war in dem Matsch und im Blut ausgerutscht, zu Boden gegangen und auf etwas … auf jemandem … gelandet, das er nicht näher identifizieren wollte. Die Schlacht wogte weiter um ihn herum. Mehr Fey, als er jemals gesehen hatte, standen den Verteidigern gegenüber und kämpften, bis sie starben.
    Aber die Wucht der Attacke ließ nach. Inzwischen kamen keine neuen Fey mehr von den Hängen herab.
    Er war müde. So müde. Er wußte nicht, ob er überhaupt noch weiterkämpfen konnte.
    Denl konnte sein Schwert zwar noch schwingen, aber aus seinem verletzten Handgelenk quoll immer noch Blut. Glücklicherweise waren alle, die mit dem Schwert in Berührung kamen, schwerer verletzt als er, aber mit der Zeit unterliefen ihm mehr und mehr Fehler. Gräßliche Fehler. Einmal stellte er seine Flanke bloß, weil er sein Schwert beinahe fallen gelassen hätte, ein anderes Mal fiel ihm das Messer aus der Hand und er erwischte es gerade noch, bevor es im Schlamm versank.
    Die Sonne stand hoch über ihm und ließ ihn schwitzen, und der Schweiß vermengte sich mit dem Blut auf seinem Körper. Andererseits empfand er es als den einzigen Segen an diesem Tag, daß die Sonne schien; hätte es geregnet, hätte er wohl nicht so lange durchgestanden.
    Den Fey war es immer noch nicht gelungen, ihnen in den Rücken zu fallen, denn von dort hörte er immer noch die Gesänge:
    Weiche.
    Weiche.
    Weiche.
    Allerdings war es ihm nicht gelungen, sich aus dem Kampfgeschehen zu lösen und den anderen seine Vermutungen mitzuteilen, und das machte ihm angst. Jeder Moment, in dem er stieß und aufschlitzte und zuschlug, jeder Moment, in dem er kämpfte, war ein Moment, in dem die Fey ihren Schlachtplan weiter vorantrieben.
    Er stemmte sich mit seiner Messerhand hoch. Seine Muskeln spannten und dehnten sich schmerzhaft bei jeder Bewegung. Sollte er die Schlacht überleben, würde er sie noch wochenlang im Körper spüren.
    Die Fey vor ihm schienen die Oberhand zu gewinnen. Auf einmal schienen wieder mehr von ihnen heranzukommen, und seine Gefährten waren wie vom Erdboden verschluckt. Er wußte nicht, was das zu bedeuten hatte. Hatten die Fey einfach mehr Ausdauer?
    Selbstverständlich. Die Fey waren erfahrene Krieger. Die Klippenbewohner waren Bergarbeiter und Handwerker. Stark, aber nicht an Krieg gewöhnt.
    Auch er war den Krieg nicht gewöhnt. Seine Bewegungen folgten allein seinen Instinkten, er verteidigte sich, schlug zurück, bewegte sich von hier nach da und versuchte, keinen Zentimeter Boden preiszugeben, versuchte, die Fey vor ihm niederzumachen, bevor sie ihn niedermachten.
    Weiche.
    Weiche.
    Wei-
    Mitten im Wort brach der Gesang ab. Denl spürte es mehr, als er es hörte. Eine eigenartige Stille folgte, eine Stille, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, aber kaum mehr als einen Augenblick gedauert haben konnte. Dann vernahm er einen Schrei, einen unnatürlichen Schrei, tief und unheimlich und absolut angsterfüllt. Der Schrei ließ ihm die Haare zu Berge stehen.
    Alle schienen in der Bewegung zu erstarren – er, die Fey, die anderen Inselbewohner, alle – und dem Schrei zu lauschen.
    Dann riß er ab, so abrupt, wie er eingesetzt hatte, und der Zauber schien zu brechen.
    Die Fey warfen sich nach vorne, und statt wie zuvor gegen die unsichtbare Barriere zu prallen, marschierten sie weiter. Denl wandte sich um, versuchte sie aufzuhalten, wußte mit einem Mal, daß er Recht gehabt hatte, daß sie einen heimlichen Plan verfolgt hatten, und er hatte genug davon gesehen, um sich als Versager zu fühlen. Er hatte es nicht geschafft, sie aufzuhalten, hatte nicht einmal die Möglichkeit gehabt, es zu versuchen, und nun war es zu spät. Sie marschierten auf Constantia zu, auf das ungeschützte Constantia, und es war zu spät.
    Sie kümmerten sich nicht einmal mehr um die Kämpfer, rannten einfach weiter, und die Klippler rannten vergeblich schreiend hinter ihnen her. Denl

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