Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
heraus und kam auf die Füße.
    Der Mann mit dem Knüppel hatte zwei schnelle Schritte vorwärts getan und sich dann eines Besseren besonnen. Nun wich er wieder zurück, und Joshua sprang schneller, als Marsh überhaupt denken konnte, landete hinter dem Mann, wehrte einen wilden Hieb mit dem Eichenknüppel ab, und plötzlich lag der stämmige Junge auf dem Deck, bewußtlos. Marsh hatte den Schlag, der das ausgelöst hatte, nicht gesehen.
    »Bleib mir vom Leib!« stieß Sour Billy hervor. Er machte vor Toby einen Rückzug. Dabei stieß er gegen Marsh, der ihn packte, herumriß und rücklings gegen eine Tür schmetterte. » Nicht töten! « kreischte Billy. Marsh stemmte ihm einen Unterarm gegen die Kehle und stützte sich darauf. Dabei drückte er das Messer gegen Billys magere Rippen, dicht über dem Herzen. Die eisfarbenen Augen waren weit aufgerissen und voller Panik. »Nein!« winselte er erstickt.
    »Warum nicht, verdammt noch mal?«
    »Abner!« warnte Joshua, und Marsh drehte den Kopf gerade rechtzeitig, um Noseless auf die Füße kommen zu sehen. Er stieß einen tierhaften Laut aus und stürmte los, und dann bewegte Toby sich schneller, als Marsh es sich jemals hätte vorstellen können, und der Riese brach in die Knie und würgte an seinem eigenen Blut. Toby hatte einen einzigen Stoß mit dem Tranchiermesser ausgeführt und ihm die Kehle aufgeschlitzt. Blut strömte heraus, und Noseless blinzelte mit den kleinen Augen und griff sich mit den Händen an den Hals, als wolle er den Lebenssaft auffangen, der aus ihm herausrann. Schließlich brach er zusammen.
    »Das war nicht nötig, Toby«, sagte Joshua York ruhig. »Ich hätte ihn aufhalten können.«
    Der sonst so stille Toby Lanyard runzelte nur skeptisch die Stirn, betrachtete sein Fleischerbeil und das blutige Messer. »Ich bin eben nicht so gut wie Sie, Cap’n York«, bekannte er. Dann wandte er sich zu Marsh und Sour Billy um. »Schneiden Sie ihn auf, Cap’n Marsh«, feuerte er ihn an. »Ich wette, Mister Billy hat kein Herz im Leib.«
    »Nicht, Abner! Ein Toter ist genug.«
    Abner Marsh hörte beide Männer. Er stieß das Messer vor, bis die Spitze sich durch Billys Hemd bohrte und die Haut ritzte, so daß ein dünner Blutfaden hervortrat. »Gefällt dir das?« fragte Marsh. Schweiß klebte Billy das dünne Haar an den Schädel. »Wenn du selbst das Messer in der Hand hast, dann macht dir das doch richtigen Spaß, nicht wahr?«
    Billy bekam keinen Laut über die Lippen, und Marsh lockerte den Druck seines Arms auf der Kehle des anderen, damit er wieder reden konnte. »Töten Sie mich nicht!« keuchte Billy, und seine Stimme klang dünn und schrill. »Ich kann doch nichts dafür, Julian ist schuld, er zwingt mich, diese Dinge zu tun. Er tötet mich, wenn ich nicht ausführe, was er mir befiehlt.«
    »Er hat den alten Hairy Mike und auch Whitey getötet«, meldete Toby sich, »und noch eine ganze Menge anderer Leute. Einen Mann hat er sogar in den Ofen gesteckt, man konnte den armen Teufel die ganze Zeit schreien hören. Mir hat er gesagt, ich wäre wieder ’n Sklave, Cap’n Marsh, und als ich ihm die Papiere zeigte, daß ich frei bin, da hat er sie zerrissen und verbrannt. Stoßen Sie zu, Cap’n!«
    » Er lügt! Das sind alles verdammte Niggerlügen! «
    »Abner«, sagte Joshua, »lassen Sie ihn los. Sie haben seine Waffe, er ist jetzt harmlos. Wenn Sie ihn jetzt töten, dann sind Sie nicht besser als er. Er kann uns helfen, falls jemand uns in die Quere kommt, wenn wir von hier verschwinden. Wir müssen es noch bis zur Jolle schaffen und ablegen.«
    » Zur Jolle? « fragte Abner Marsh. »Zur Hölle mit dem Boot! Ich hole mir meinen Dampfer zurück!« Er grinste Sour Billy an. »Ich glaube, unser Billy kann uns sicherlich Julians Kabine öffnen.« Sour Billy schluckte krampfhaft. Marsh spürte die Bewegung des Adamsapfels an seinem Arm.
    »Wenn Sie Julian angreifen wollen, dann müssen Sie das allein tun«, entschied Joshua. »Ich werde Ihnen dabei nicht helfen.« Marsh verrenkte sich fast den Hals, als er York verblüfft anstarrte. »Nach allem, was er getan hat?«
    Plötzlich sah Joshua furchtbar schwach und müde aus. »Ich kann nicht«, flüsterte er. »Er ist zu stark, Abner. Er ist ein Blutmeister, er beherrscht mich. Schon daß ich das gewagt habe, ist in der Geschichte meines Volkes ohne Vorbild. Er hat mich dutzendfach an sich gebunden, hat mich gezwungen, ihn mit meinem Blut zu ernähren. Jede dieser Gesten der Unterwerfung schwächt mich

Weitere Kostenlose Bücher