Fiebertraum
furchtbar verkrampft. »Nein, es war das Wasser selbst, das mir den Hinweis gab. Ein paar Tage nach unserem Gespräch taucht plötzlich vor mir auf dem Tisch ein Glas frisches Wasser auf, was hätte ich davon halten sollen? Die ganze Zeit auf dem Fluß bekommen wir Wasser voller Schlamm und Schwebeteilchen. Ich hätte mit dem Dreck, den ich immer auf dem Boden meines Glases zurückgelassen habe, einen Garten anlegen können.« Er gab ein trockenes, höhnisches Schnalzgeräusch von sich. »Oder ich hätte damit meinen Sarg füllen können.«
Auf die letzte Bemerkung ging Abner Marsh nicht ein. »Umrühren und mit dem Wasser runterspülen«, sagte er. »Das macht Sie zu einem Flußmann.« Er hielt inne. »Vielleicht auch nur zu einem richtigen Mann«, fügte er hinzu.
»Aha«, sagte Joshua, »demnach kommen wir allmählich zum Thema.« Er sagte lange Zeit nichts mehr, und die Atmosphäre in der Kabine wurde erstickend, überladen mit Finsternis und Stille. Als Joshua wieder zu reden begann, klang er kalt und ernst. »Haben Sie ein Kreuz mitgebracht, Abner? Oder einen Holzpflock?«
»Ich habe dies dabei«, sagte Marsh. Er holte den Gedichtband hervor und schleuderte ihn durch die Luft zu der Stelle, wo er Joshua vermutete.
Er hörte eine Bewegung, ein scharfes Klatschen, als das wirbelnde Buch aus der Luft gefangen wurde. Seiten raschelten. »Byron«, stellte Joshua verwirrt fest.
Abner Marsh hätte seine Finger nicht sehen können, wenn er damit nur wenige Zoll vor seinem Gesicht herumgespielt hätte, so gründlich war die Kabine verrammelt und abgedunkelt. Aber Joshua konnte nicht nur ausreichend sehen, um das Buch aufzufangen, sondern auch, um darin zu lesen. Marsh spürte, wie trotz der Hitze eine Gänsehaut an ihm hochkroch.
»Warum Byron?« fragte Joshua. »Sie geben mir Rätsel auf. Eine weitere Prüfung, ein Kreuz, Fragen, mit so etwas hätte ich gerechnet. Nicht mit Byron.«
»Joshua«, sagte Marsh, »wie alt sind Sie?«
Stille.
»Ich kann sehr gut schätzen, wie alt jemand ist«, sagte Marsh. »Bei Ihnen ist es schwierig, mit Ihrem weißen Haar und allem. Trotzdem, Ihrem Aussehen - Ihrem Gesicht, Ihren Händen - nach zu urteilen würde ich sagen, dreißig, höchstens fünfunddreißig. In diesem Buch dort steht, daß er vor dreiunddreißig Jahren starb. Und Sie sagen, Sie kannten ihn.«
Joshua seufzte. »Ja.« Er klang wehmütig. »Ein dummer Fehler. Ich war von dem Anblick des Raddampfers so überwältigt, daß ich mich vergaß. Nachher dachte ich, daß es nicht wichtig gewesen war. Sie hatten keine Ahnung von Byron. Ich war überzeugt, Sie würden es vergessen.«
»Ich bin zwar nicht immer der Schnellste. Aber ich vergesse nichts.« Marsh umklammerte seinen Stock, als verleihe ihm das Gefühl des soliden Holzes neue Sicherheit, und beugte sich vor.
»Joshua, ich möchte, daß wir einmal ernsthaft miteinander reden. Schicken Sie die Frau weg.«
Valerie lachte eisig in der Dunkelheit. Sie schien näher gekommen zu sein, obgleich Marsh nicht wahrgenommen hatte, wie sie sich bewegt hatte. »Er ist ein unverschämter Narr«, sagte sie.
»Valerie wird bleiben, Abner«, sagte Joshua barsch. »Sie genießt mein Vertrauen und kann alles mit anhören, was Sie mir zu sagen haben. Sie ist das gleiche wie ich.«
Marsh fühlte sich auf einmal kalt und sehr einsam. »Das gleiche wie Sie«, wiederholte er schleppend. »Na schön. Was sind Sie ?«
»Urteilen Sie selbst«, erwiderte Joshua. Ein Streichholz flackerte plötzlich in der schwarzen Kabine auf.
»O mein Gott«, krächzte Marsh.
Die kurze kleine Flamme warf ein grelles Licht auf Joshuas Züge. Seine Lippen waren geschwollen und rissig. Verbrannte, geschwärzte Haut spannte sich straff über Stirn und Wangen. Blasen, prall mit Wasser und Eiter, wölbten sich unter seinem Kinn und auf der Hand, die das Streichholz umhüllte. Seine grauen Augen starrten weißlich und triefend aus tiefen Höhlen. Joshua York lächelte grimmig, und Marsh hörte, wie das versengte Fleisch knisterte und riß. Eine fahlweiße Flüssigkeit sickerte an einer Wange aus einem frisch entstandenen Riß. Ein Stück Haut löste sich, und zurück blieb rosiges rohes Fleisch.
Dann erlosch das Streichholz, und die Dunkelheit war ein Segen.
»Sie bezeichneten sich als sein Partner«, sagte Valerie anklagend. »Sie würden ihm helfen, sagten Sie. Dies ist also die Hilfe, die Sie ihm zuteil werden ließen, Sie und Ihre Mannschaft mit ihrem Mißtrauen und ihren Drohungen. Ihretwegen
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