Fiese Finsterlinge
gewinnen.
»Ist der einzige pinkfarbene Abschleppwagen in der Stadt«, sagte Dickie. »Der ist nicht schwer zu finden… lässt sich leicht verfolgen.«
Die Gangmitglieder waren ihnen von Queen Anne gefolgt, was bedeutete, sie wussten, wo Lilli und Richie wohnten. Hinter ihr wackelte der riesige Müllberg unmerklich hin und her, und ein rostiger Kochtopf, eine gansförmige Gartenstatue und zwei leere Motorölflaschen rutschten herab und blieben vor ihren Füßen liegen.
Die Gangmitglieder traten auf die drei zu. »Ich sehe, wir müssen dich noch mal kennzeichnen«, sagte der Dünne zu Richie und zog eine Spraydose heraus. »Diesmal sprüh ich dir ein schickes Blau auf die Augäpfel. Keine Sorge, jeder mag blaue Augen.«
Lilli stellte sich schützend vor Richie.
»Für dich wird’s noch schlimmer, Mädchen«, sagte Dickie und deutete auf sie, eine eigene Spraydose schüttelnd. Während das Rattern des Kügelchens in der Dose über den Pfad zwischen den Müllbergen hallte, geriet der größte Müllberg erneut mit einem leisen Schmatzgeräusch ins Schwanken.
»Ich dachte, ich hätte euch Kotzbrocken gelehrt, sich nicht mit uns anzulegen«, knurrte Lilli.
»Ja«, sagte Richie. »Verzieht euch lieber, sonst kriegt ihr von meiner Freundin eine Ladung Kackbraun ab, wie ihr es noch nie gesehen habt, glaubt mir!«
»Sei still«, flüsterte Lilli. »Ich bluffe doch nur.«
»Diesmal habt ihr keine Chance«, sagte der Dünne und winkte seine Kumpane heran.
»Wer man uns einmal blöd gekommen ist, den vergessen wir nie wieder«, sagte eine der tätowierten Frauen. Sie hatte ein Hai-Tattoo am Hals. Eine andere hatte blaue Sterne auf der Stirn und Schlangen um die Handgelenke. Anders als die schönen, sich ständig verändernden Tintendesigns,
die Lillis Körper zierten, saßen die Tätowierungen der weiblichen Gangmitglieder an den falschen Stellen und waren amateurhaft aufgetragen, so dass ihre junge Haut aussah wie mit schludrigen blauen Farbkleksen verunstaltet, die eher an hässliche Narben erinnerten als an Kunst.
»Und wir wissen, dass ihr in dem alten Haus auf dem Hügel wohnt«, sagte die andere Frau.
»Ja«, höhnte Dickie. »Ihr solltet euren Wagen nicht direkt davor parken.«
Sandy beugte sich zu Lilli hinüber. »Ich glaube, der Müllberg hinter uns ist instabil.«
»Genau wie diese Volltrottel«, flüsterte Lilli.
»Wenn wir ein bisschen nachhelfen, könnte der Berg zusammenfallen«, schlug Sandy vor.
»Und uns unter sich begraben?« Lilli verdrehte die Augen. »Tolle Idee.«
»Nein. Meine Kenntnis über Lawinen sagt mir, dass der Großteil des Berges einige Sekunden benötigen wird, um hinabzurutschen, nachdem er zu kollabieren beginnt, und das gibt uns Zeit, um davonzurennen. Wir könnten in der allgemeinen Verwirrung entkommen.«
Lilli runzelte die Stirn. »Mit Verwirrung kenne ich mich aus«, sagte sie. »Und ich muss zugeben, dass ich keinen besseren Plan habe. Aber wohin sollen wir rennen?«
»Genau auf die Kerle zu, aber danach nehmen wir die erste Abzweigung, die kommt«, sagte Sandy, während sie den Müllberg betrachtete. Sie packte die Armlehne eines alten durchgeweichten Sofas, das darin eingeklemmt war. »Richie, hilf mir.«
Richie hatte ihnen zugehört und packte das Sofa, um Sandy zu unterstützen. Es war klitschnass und schwer, aber klein genug, um es bewegen zu können. Und gleichzeitig war es groß genug, um den Berg zum Einsturz zu bringen, wenn man es herauszöge. Lilli sah, dass Sandy eine gute Wahl getroffen hatte.
»Wollt ihr uns etwa mit dem Sofa erschlagen, oder sucht ihr nur eine Sitzgelegenheit, um euch eure Abreibung verpassen zu lassen?«, höhnte Dickie und sprühte einen Farbstoß in die Luft, während er mit seinen Kollegen im Schlepptau auf sie zutrat.
Lilli wandte sich um, um Sandy und Richie zu helfen, und das Sofa rutschte mit einem lauten Schmatzgeräusch aus dem Haufen heraus.
Für Lilli schien die Zeit in den nächsten drei Sekunden stillzustehen. Zuerst geschah gar nichts, und sie dachte schon, es würde nicht funktionieren – sie würden sich von den Schlägern die Augen einsprühen lassen müssen und wären danach unweigerlich auf der Müllhalde verloren, erblindet, unfähig hinauszufinden, bis sie in all dem stinkenden Unrat sterben würden. Aber dann fuhr ein gewaltiger Schauder durch den dreistöckigen Müllberg.
»Lauft!«, rief Sandy und spurtete los. Lilli und Richie ließen das Sofa fallen und folgten ihr.
Im ersten Moment glaubten die
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