Fieses Karma
sich auf dünnem Eis. Meiner Meinung nach ist es nicht unbedingt ratsam. Doch in diesem Augenblick interessiert es mich nur wenig, ob ich dem Ego meiner Mutter zu sehr schmeichle. Denn etwas viel Größeres schwirrt mir im Kopf herum. Etwas, das möglicherweise gigantisch sein könnte. Eine Idee, die meine Einstellung zu allem ändert und die das ganze Wochenende plötzlich so aussehen lässt, als hätte es sich doch gelohnt.
Wie das Wunder, das aus sauren Zitronen süße Limonade zaubert.
Warten,
dass sich die Welt verändert
Auf der Rückfahrt simste ich Jade und Angie, dass wir uns unbedingt im Restaurant des Pine-Valley-Einkaufszentrums treffen müssen, sobald Jades Schicht vorbei ist. Jade hat einen Minijob in Eve’s Dessous , einem angesagten Unterwäscheladen im Einkaufszentrum, und bekommt tolle Prozente auf Push-up-BHs und Tangas. Doch obwohl meine Freundinnen mich sofort per SMS dazu drängten, ihnen mehr zu verraten, hatte ich ihnen noch nichts von meinem neuesten Geniestreich erzählt, der die Welt verändern wird.
»Jetzt, da wir hier versammelt sind, muss ich mit euch über etwas sehr Wichtiges reden«, sage ich feierlich, während ich mich mit einem Smoothie an unseren Stammtisch setze.
Angie schlürft laut ihren Milchshake. »Du meine Güte, Maddy, wir sind doch nicht der Kongress. Sag einfach, was Sache ist!«
Jade streckt die Hand aus und tätschelt Angies Arm. Das ist ihre diskrete Art, Angie zu sagen, sie solle sich beruhigen und mir fünfzehn Minuten zuhören, ohne etwas zu meinen Plänen zu sagen. Jade ist ausgesprochen gut darin, die Energie zwischen uns ins Gleichgewicht zu bringen, wenn Spannungen entstehen.
Und bei dem, was ich gleich sagen werde, geht es auch ums Gleichgewicht.
»Also, ich hab nachgedacht …« Um die Wirkung zu erhöhen, lasse ich meine Worte in der Luft schweben. »Über den Begriff Karma .« Ich betone das Zauberwort so, als würde iches zum ersten Mal dem Ausschuss für Webster’s Dictionary präsentieren, damit es für die neueste Ausgabe des Lexikons in Erwägung gezogen wird. »Ich weiß, dass Jade das schon mal erwähnt hat, aber der kleine Wochenendtrip, auf den meine Mutter mich mitgeschleift hat, hat mir eine ganz neue Perspektive eröffnet.«
Ich halte inne und sehe meine beiden besten Freundinnen an. Ihre Blicke sind auf mich gerichtet. Sogar Angies. So gerne sie auch so tut, als würde ich sie nerven, kenne ich Angie doch seit vielen Jahren und weiß, dass sie geradezu vor Neugier platzt. Sie will unbedingt erfahren, was ich sagen will, sonst wäre sie gar nicht erst zu diesem Treffen gekommen.
»Also«, fahre ich fort, »letzte Woche hat mir Jade erklärt, dass Mason bekommt, was er verdient hat. Dass sein Karma ihn einholen wird. Und ich möchte euch beide wissen lassen …« Hier mache ich absichtlich eine lange Pause und hole dann tief Luft. »… Dass ich derselben Meinung bin. Mason wird kriegen, was er verdient. Es wird Gerechtigkeit geben und er wird die Auswirkungen seiner Handlungen zu spüren bekommen.«
»Gut!«, ruft Jade und lächelt mich an. Auf ihrem Gesicht drückt sich so etwas wie mütterlicher Stolz aus. Als hätte ich gerade den Mount Everest bestiegen. »Ich bin froh, dass du endlich anfängst, das große Ganze zu erkennen.«
Ich lächle zurück. » Aber …« Wieder mache ich eine dramatische Sprechpause und nehme einen Schluck Smoothie. Ich lasse die kalte, halbgefrorene Flüssigkeit meine Kehle hinunterrinnen, bevor ich weiterrede. »Ich glaube, es wird viel früher passieren, als ihr glaubt.«
Angies fieses Grinsen entgeht mir nicht. »Warum? Was hast du denn gehört? Wird Heather Campbell ihn vor der ganzen Schule bloßstellen?«
Ich schüttele den Kopf. »Nein«, sage ich ruhig. »Aber wir .«
Angie und Jade tauschen einen Blick. Beide fragen sich offenbar, ob sie mich missverstanden haben, und hoffen, von der anderen aufgeklärt zu werden.
»Hä?« Jades Miene wirkt so durcheinander wie ein Haufen Puzzleteile. »Wie meinst du das – wir ?«
Ich trinke noch einen Schluck aus meinem Becher. »Na ja, dem Karma- Experten zufolge, der uns heute einen Vortrag gehalten hat, ist das Hauptprinzip von Karma das Gleichgewicht. Das Universum gleicht sich aus. Gutes geschieht guten Leuten und Schlechtes passiert schlechten Leuten. Deswegen gerät die ganze Welt auch nicht in eine Schieflage.«
»Richtig«, stimmt Jade mir vorsichtig zu. »Aber was hat das mit uns zu tun?«
»Darauf komme ich gleich zurück«, verspreche
Weitere Kostenlose Bücher