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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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lächelte sie strahlend, und es war schlimmer als ihr gleichgültiger Gesichtsausdruck. »Ich erinnere mich an so vieles, sogar an mehr, als ich je gewusst habe!«
     
    An jenem Abend, nach einem herzhaften Seemannsessen, ging Quentin hinunter, klappte seine Koje von der Wand und legte sich hin. Die Kälte, die Dunkelheit, seine Unterhaltung mit Julia – all das hatte die Zeit in einer Art und Weise beschleunigt, dass er sich fühlte, als hätte er eine Woche lang nicht geschlafen. Es lag nicht an den Stunden, sondern an der zurückgelegten Distanz. Im schwanken Licht der Öllampe starrte er hoch zu den rohen rotbraunen Balken über seinem Kopf.
    Er fror und war salzverklebt. Er hätte sich waschen können. Er wusste, wie man frisches Wasser aus Salz machte. Aber er hätte zaubern müssen, und seine Finger waren steif, daher beschloss er, die Klebrigkeit auszuhalten. Unter den Decken wurde ihm auch langsam warm. Als er an Bord gegangen war, hatte er eine vorschriftsmäßige Marinedecke auf seiner Koje vorgefunden, ein kratziges Monstrum, das ungefähr fünf Kilo wog und vermutlich kugelsicher war. Es war, als würde man mit einem toten Eber im Bett liegen. Quentin hatte sie gegen eine dicke, flauschige Daunendecke eingetauscht, die zwar ständig feucht und gänzlich unvorschriftsmäßig war, aber unendlich viel angenehmer.
    Quentin wartete ab, ob sein wacher Verstand irgendwann aufgeben und in den Traumzustand gleiten würde. Als er es nicht tat und klar war, dass er es auch nicht kampflos zu tun gedachte, setzte Quentin sich auf und betrachtete die Bücher in den Regalen. In seinem früheren Leben hätte er in einem kritischen Augenblick wie diesem nach einem Fillory-Roman gegriffen, doch dieses besondere Vergnügen war von den Ereignissen überholt worden. Aber er hatte ja noch das Buch, das Elaine ihm geschenkt hatte.
Die sieben goldenen Schlüssel.
    Sieben. Das waren mehr goldene Schlüssel, als er erwartet hatte. Er würde sich auf einen konzentrieren. Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Buch nicht um einen Roman, sondern nur um ein Märchen handelte, in großen Buchstaben gedruckt und mit Holzschnitten illustriert. Ein Kinderbuch. Bestimmt hatte sie es Eleanor weggenommen. Wirklich unmöglich, diese Frau! Auf der Rückseite trug es den Stempel der Zollamt-Bibliothek. Quentin stopfte sich das Kissen unter den Kopf.
    Die Geschichte handelte von einem Mann, seiner Tochter und einer Hexe. Der Mann war Witwer und seine Tochter noch im Kleinkindalter, als die Hexe in die Stadt kam. Da sie neidisch auf die Schönheit des kleinen Mädchens war und keine eigenen Kinder hatte, stahl sie sie und verkündete höhnisch lachend, sie werde sie in ein silbernes Schloss auf einer fernen Insel sperren. Der Mann könne seine Tochter befreien, aber nur, wenn er den Schlüssel zum Tor des Schlosses fände, was ihm niemals gelingen würde, denn er befinde sich am Ende der Welt.
    Unverzagt machte sich der Mann auf die Suche nach dem Schlüssel. Es war heiß, er marschierte den ganzen Tag, und als die Sonne unterging, machte er an einem Fluss Rast, um sich zu erfrischen. Als er sich hinunterbeugte, um zu trinken, hörte er eine leise Stimme rufen: Öffne mich! Öffne mich! Er blickte sich um und entdeckte, dass die Stimme einer Süßwasserauster gehörte, die an einem Stein im Fluss hing. Neben ihr im Flussschlamm lag ein winziger goldener Schlüssel.
    Der Mann hob die Auster und den Schlüssel auf, und tatsächlich befand sich in der Auster ein kleines Schlüsselloch gegenüber dem Gelenk. Er steckte den Schlüssel hinein, drehte ihn, und die Auster öffnete sich. Er nahm sein Messer und öffnete sie weiter. Die Auster starb, wie Austern es tun, wenn man sie öffnet. In ihrem Inneren lag anstelle einer Perle ein kleiner Schlüssel, ein wenig größer als der erste.
    Der Mann aß die Auster, nahm den Schlüssel und setzte seine Reise fort. Bald gelangte er zu einem Haus in einem Wald und klopfte an, um die Bewohner nach einem Quartier für die Nacht zu fragen. Die Tür stand einen Spalt offen, und er schlüpfte hindurch. Das Haus war voller Betten, jeder Raum war mit ihnen zugestellt, und in jedem Bett schlief ein Mann oder eine Frau. Er wanderte durch das Haus, bis er endlich ein leeres Bett fand. An der Wand hing eine Uhr, die stehengeblieben war. Da sie keinen Schlüssel hatte, zog er sie mit dem aus der Auster auf. Dann ging er zu Bett.
    Am Morgen schlug die Uhr sieben, und er erwachte. Ebenso die anderen Schläfer im

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