Fillory - Die Zauberer
Hinterkopf mit einer Flüssigkeit, die scharf roch und brannte.
»Also hatte es nichts zu bedeuten?«
»Der Tod hat immer eine Bedeutung. Aber in diesem Fall keine außergewöhnliche. So, fertig. Du musst gut auf dich aufpassen, Quentin. Wir brauchen dich gefechtsbereit.«
Er rollte sich wieder auf den Rücken. Sein Kissen war ausgekühlt, während sie ihn behandelt hatte. Er schloss die Augen. Er wusste, dass er in wacherem Zustand wesentlich hartnäckiger nachgebohrt hätte, um herauszufinden, wer sie war und welche Rolle sie in seinem Leben spielte oder er in ihrem. Aber er war dazu einfach nicht in der Lage.
»Das Buch, das Sie mir gegeben haben«, sagte er. »Ich glaube, ich habe es verloren. Ich habe keine Gelegenheit gehabt, es zu lesen.«
In seinem erschöpften, doch sehr angeschlagenen Zustand erschien ihm der Verlust des Fillory-Buches auf einmal unendlich traurig, eine nicht wiedergutzumachende Tragödie. Eine heiße Träne rollte seine Wange hinunter bis in sein Ohr.
»Pscht!«, machte sie. »Die Zeit war noch nicht reif. Du wirst es wiederfinden, wenn du richtig danach suchst. So viel kann ich dir versprechen.«
Genauso redeten die Figuren in den Büchern auch immer über Fillory. Sie legte etwas Kühles auf seine glühend heiße Stirn und er verlor das Bewusstein.
Als er aufwachte, war sie verschwunden. Aber er war nicht allein.
»Du hast eine Gehirnerschütterung«, sagte jemand.
Vielleicht war es die Stimme, die ihn endgültig aufweckte. Sie hatte seinen Namen gerufen. Er erkannte sie, konnte sie aber nicht einordnen. Sie war ruhig und vertraut in einer für ihn tröstlichen Weise.
»Hey, Q. Q? Bist du wach? Professor Moretti hat gesagt, du hast eine Gehirnerschütterung.«
Es war Pennys Stimme. Quentin konnte sogar das blasse Oval von Pennys Gesicht erkennen, schräg gegenüber, ein Bett weiter.
»Deswegen hast du gekotzt. Es muss passiert sein, als wir über die Bank gefallen sind. Du bist mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen.« Pennys ganze verrückte Wut war verraucht. Er war jetzt richtig gesprächig.
»Ich weiß, dass ich mir den Kopf gestoßen habe«, antwortete Quentin langsam und heiser. »Es war nämlich mein Kopf.«
»Es wird aber nichts zurückbleiben, falls du dir deswegen Sorgen machst, das hat jedenfalls Moretti gesagt. Ich habe ihn gefragt.«
»Na, das ist doch schon mal was.«
Ein langes Schweigen folgte. Irgendwo tickte eine Uhr. Es gab eine schöne Sequenz im Fillory-Band Die Wanderdüne, wo die kleine Jane, die jüngste der Chatwins, schwer erkältet ist und eine Woche das Bett hüten muss. An Bord des Hochseeseglers Windzaus unterhält sie sich mit dem Zeichenmeister, gepflegt von sanften, mitfühlenden Kaninchen. Quentin hatte Jane immer gemocht. Sie war anders als die anderen Chatwins: nachdenklich, mit einem sprunghaften Humor und mehr Biss als ihre etwas albernen Geschwister.
Er fragte sich, wie spät es war.
»Und was ist mit dir?«, sagte er dumpf. Er war sich nicht sicher, ob er so schnell schon wieder zur Alltagskonversation übergehen wollte. »Ist dir was passiert?«
»Ich habe mir an einem deiner Zähne die Stirn aufgeschnitten. Und du hast mir mit deinem Kopfstoß die Nase gebrochen. Sie haben sie mit einem Pulaski-Zauber wieder hingekriegt. So habe ich den noch nie gesehen, jedenfalls nicht bei einem Menschen. Sie hat Ziegenmilch benutzt.«
»Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass ich dir einen Kopfstoß verpasst habe.«
Penny schwieg wieder. Quentin zählte das Ticken der Uhr. Dreißig.
»Hast du ein blaues Auge?«, fragte Penny. »Ich kann nichts erkennen.«
»Ein Riesending.«
»Hab ich mir gedacht.«
Auf dem Nachttisch stand ein Glas Wasser. Quentin stürzte es dankbar herunter und ließ sich wieder auf das Kissen sinken. Heiße schmerzhafte Stiche durchfuhren seinen Kopf. Was immer die Sanitäterin getan hatte und wer sie auch sein mochte, bei ihm musste noch eine ganze Menge verheilen.
»Penny? Warum zum Teufel hast du mich derartig verprügelt?«
»Na ja, ich konnte nicht anders«, antwortete Penny. Er klang ein wenig schockiert, dass Quentin ihn das überhaupt fragte.
»Du konntest nicht anders?« Vielleicht war er doch nicht mehr so müde. »Aber ich habe dir doch gar nichts getan.«
»Du hast mir nichts getan. Na klar. Du hast mir nichts getan.« Penny kicherte ausdruckslos. Seine Stimme klang seltsam nüchtern, als hätte er diese Rede, sein Schlussplädoyer, vielfach geübt. Quentin hörte, wie hinter dieser
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