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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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anberaumt, konnten aber auch länger dauern. Die gesamte Prozedur nahm drei Tage in Anspruch. Es herrschte eine Art Zirkusatmosphäre. Die meisten Studierenden und vermutlich auch viele Dozenten hatten ein ambivalentes Verhältnis zu dem disziplinarischen Konzept. Es spaltete die Studentenschaft in Gruppen, basierte auf einer zweifelhaften Theorie und am Ende arbeiteten doch alle fast denselben Lehrplan ab. Also wozu das Ganze? Aber es war nun einmal Tradition, dass jeder Student und jede Studentin eine bestimmte Disziplin zugewiesen bekam, und daran hielt man sich. Alice bezeichnete die Zeremonie als ihre magische Bat Mizwah.
    Das P.Ü.-Labor war für diesen Anlass umgeräumt worden. Alle Schränke standen offen und jedes Fleckchen auf den Anrichten, Pulten und Tischen war überhäuft mit alten Instrumenten aus Holz, Silber, ziseliertem Messing und verschnörkeltem Glas. Darunter befanden sich Greifzirkel, Glasballons, Tüllen, Uhren, Waagen, Lupen und verstaubte Glasgefäße mit schwappendem Quecksilber und anderen, weniger leicht zu identifizierenden Substanzen. Brakebills war größtenteils von der Technik des neunzehnten Jahrhunderts abhängig, und das war kein affektiertes Getue, jedenfalls nicht nur. Elektronik, so erfuhr Quentin, verhielt sich unvorhersehbar in der Gegenwart von Magie.
    Professor Sunderland dirigierte den Zirkus. Quentin hatte sie so weit wie möglich gemieden seit jener schrecklichen, alptraumhaften Zeit, als sie ihn während seines ersten Semesters gedrillt hatte. Seine Verliebtheit war zu einem schwachen, wenn auch noch immer gefühlvollen Echo seiner damaligen Persönlichkeit geworden, so dass er sie fast schon ansehen konnte, ohne gleich mit den Händen in ihre Haare greifen zu wollen.
    »Ich bin in einer Minute bei Ihnen!«, versprach sie munter und packte eilig ein Set exquisiter, scharf aussehender Silberinstrumente in ein violettes Samtetui.
    »So«, sagte sie, schloss das Köfferchen und schnallte es zu. »Jeder in Brakebills besitzt magische Fähigkeiten, aber es gibt individuelle Unterschiede. Jeder Mensch hat das Talent zu einer besonderen Spielart.« Routiniert spulte sie ihre Rede ab wie eine Stewardess das Sicherheitsballett. »Es ist eine persönliche Angelegenheit, abhängig vom Geburtsort, von der Position des Mondes zum Zeitpunkt der Geburt, vom Wetter und von der jeweiligen Persönlichkeit. Dazu spielen noch allerlei technische Besonderheiten eine Rolle, die aber nicht der Rede wert sind. Es gibt noch an die zweihundert weitere Faktoren, die Professor March Ihnen sicher bereitwillig auflisten würde. Er hat sich auf diese Fachrichtung spezialisiert, ja, ich glaube, Disziplinen sind seine Disziplin.«
    »Und welches ist Ihre Disziplin?«
    »Sie hat etwas mit Metallurgie zu tun. Irgendwelche anderen persönlichen Fragen?«
    »Ja. Warum müssen wir uns diesen vielen Tests unterziehen? Könnten Sie meine Disziplin nicht anhand meines Geburtsdatums und all der anderen Faktoren berechnen, die Sie mir eben genannt haben?«
    »Das wäre möglich. Theoretisch. Praktisch wäre es absolut nervtötend.« Sie lächelte, nahm ihre blonden Haare hoch und steckte sie mit einem Clip fest. Ein schmerzlicher Stich seiner alten Verliebtheit durchfuhr Quentins Herz. »Es ist wesentlich leichter, die Sache induktiv anzugehen, das heißt von außen, bis wir einen Treffer landen.«
    Sie legte ihm einen Bronzeskarabäus in jede Hand und bat ihn, das Alphabet aufzusagen, zuerst auf Griechisch, dann auf Hebräisch, wobei er ein wenig Hilfe benötigte. Dabei studierte sie ihn durch ein Instrument, das aussah wie ein mehrfach gekrümmtes, um die Querachse drehbares Teleskop. Er spürte, wie die Käfer in seinen Händen von altem Zauber knisterten und summten, und befürchtete ängstlich, ihre Beinchen könnten auf einmal zu krabbeln anfangen. Zwischendurch bat sie ihn, innezuhalten und einen bestimmten Buchstaben noch einmal zu wiederholen, während sie das Instrument mit Hilfe hervorstehender Schrauben justierte.
    »Hmhm«, sagte sie. »Aha.«
    Sie brachte eine Bonsaitanne herbei, die er aus verschiedenen Blickwinkeln heraus anstarren musste. Der Baum sträubte die Nadeln wie in einem Windzug, obwohl es im Raum keinen gab. Anschließend nahm sie den Baum beiseite und besprach sich leise mit ihm.
    »Nun, ein Herbologe bist du nicht!«, stellte sie fest.
    In der folgenden Stunde testete sie ihn auf ein Dutzend verschiedene Arten, deren Sinn er nur teilweise verstand. Er arbeitete diverse

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