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Filmriss

Filmriss

Titel: Filmriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Buettner
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die sich wehrt. Natürlich war ich sauer auf Birte, stinksauer sogar, aber das mit dem Kicker war auf jeden Fall ein paar Nummern zu heftig.
    Birte hat meine Entschuldigung akzeptiert. Hätte ich an ihrer Stelle nicht so einfach. Sie wollte noch nicht mal drüber reden. Obwohl sie noch immer ziemlich lädiert aussieht, was sie mir zu verdanken hat. Ich an ihrer Stelle würde mir eine scheuern, spätestens nach einem Blick in den Spiegel.
    Zum Glück musste ich nicht mal ins Krankenhaus, auch nicht wegen Alkohol oder so. Die haben mich im Krankenwagen nach Hause gebracht. Klar waren meine Alten stinksauer, vor allem mein Vater. Fast hätte er mir eine geknallt. Hat er aber nicht, macht er nie. Aber geschrien hat er, ist richtig ausgeflippt. Sein Gesicht sah aus, als würde es jeden Moment platzen.
    Meine Mum hat natürlich gleich mitgemacht. Sie tut immer das Gleiche wie er. Er ist wenigstens sauer auf mich, weil ich was ausgefressen habe. Sie nur, weil er sauer ist, jedenfalls kommt es mir manchmal so vor. Und das ist ein Riesenunterschied.
    Vielleicht wäre es besser, einer von beiden hätte mir eine geklebt und dann wäre es gut gewesen. So gibt’s auf einmal kein anderes Thema mehr. Viel geredet wird bei uns in letzter Zeit allerdings sowieso nicht, irgendwas stimmt nicht zwischen Dad und Mum, ich weiß nur nicht was. Wenn aber überhaupt geredet wird, dann nur über mein Besäufnis und die Prügelei. Sonst herrscht Schweigen zwischen den beiden.
    Doch in einem sind sie sich einig: Saufen und Zuschlagen passt nicht in ihr Bild von der Welt und von ihrer Tochter, die sie »anständig« erzogen haben. Wahrscheinlich wundern sie sich, warum ich nicht den ganzen Tag als Prinzessin im weißen Kleid rumschwebe und den Menschen Blumen vor die Füße werfe.
    Vielleicht geht es meinem Dad dabei wirklich mehr um mich, aber für Mum ist nur das Bild wichtig, das andere von mir haben. Oder von uns. Und das bedeutet eigentlich: von ihr.
    »Was jetzt geredet wird!«, ist neuerdings ihr Lieblingssatz. Dicht gefolgt von: »Was sollen die Leute von uns denken?« Dann kommt: »Malte hätte uns solchen Ärger nie gemacht!« Natürlich macht sie sich auch Sorgen um mich, das spüre ich, nur spricht sie es nie direkt aus.
    Seit Malte in München BWL studiert, lässt er sich kaum noch bei uns blicken. Meine Mum ist älter als die Mütter meiner Freunde. Dafür sieht sie jünger aus, auch stylingmäßig. Das ist ihr total wichtig (wahrscheinlich das Einzige, was ich von ihr geerbt hab), und zugegebenermaßen ist sie ziemlich hübsch (doch schon wieder was Geerbtes :-) ). Sie sieht nicht so hausfrauenmäßig aus wie die anderen, sie hat noch eine Top-Figur, weil sie dauernd ins Fitness-Studio rennt. Die Kerle auf der Straße drehen sich nach ihr um, manchmal echt peinlich. Aber sie ist stolz drauf. Ich glaube, mein Dad auch. Ihm gefällt der Gedanke, dass er die schönste Frau weit und breit hat. Aber trotzdem haben die beiden in letzter Zeit nicht mehr viel miteinander zu tun, sie sehen sich ja kaum noch.
    Die Idee, mich bei Birte zu entschuldigen, kam von Dad, und er hat drauf bestanden, dass ich es sofort tue. Gleich am Tag nach der Prügelei fuhr er mich zu ihr hin und blieb vor ihrem Haus im Auto sitzen.
    »Eine Viertelstunde«, sagte er und schaute auf die Uhr. »Keine Minute länger, keine Minute kürzer. Eine anständige Entschuldigung braucht ihre Zeit.«
    Als ich schon nach sechs Minuten und zwölf Sekunden wieder vor ihm stand, veranstaltete er ein Riesentheater. Er hatte echt die Zeit gestoppt! Das ist typisch für ihn. Wenn er wüsste, dass ich mit Birte selbst höchstens eine Minute geredet habe, würde er völlig ausflippen.
    Schließlich bin ich wohl doch eingeschlafen. Meine Träume führten mich weit weg und waren richtig fies. In einem davon laufe ich nachts durch eine Großstadt, ich weiß nur, dass ich auf dem Weg zu Marlon bin. Außer mir ist kein Mensch auf der Straße. Aber plötzlich taucht eine ganze Horde Menschen auf, Männer und Frauen, die mir den Weg versperren. Noch ehe sie etwas sagen oder tun können, weiß ich, dass sie mich töten wollen. Ich will fliehen, aber da stelle ich fest, dass ich schon von allen Seiten eingekreist bin. Der Kreis zieht sich immer enger um mich, es gibt keinen Auswe g … Mit rasendem Herzen und schweißüberströmt erwache ich.
    Es geht mir jetzt noch schlechter als am Morgen, es ist drei Uhr nachmittags. Die Kopfschmerzen sind auch nicht besser geworden. Mein Vater steht

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