Filmwissen
aber nun ist es Lucy, die es durchstehen will. Um ihn zu halten, «spaltet» sie sich; als Lucy ist sie für ihn nach wie vor unerreichbar, aber als «Millie» gibt sie sich ihm hin. Nach einer Infektion in letzter Minute gerettet, verlassen sie die Insel, überzeugt «das längste Jahr ihres Lebens» hinter sich zu haben. Mit der Genesung indes kommt die Wandlung; Gerald findet eine Aufgabe darin, die Motoren der Eingeborenen zu reparieren, und die beiden kommen, vorsichtiger und zarter nun, zueinander. Die Flucht vor der Zivilisation und die Errichtung eines eigenen Paradieses sind gescheitert; was den Menschen, glücklicherweise, bleibt, ist die Kunst des Arrangements. Der Film entstand nach dem autobiografischen Roman von Lucy Irvine, Eva und Mr. Robinson , dem gleichsam als Gegendarstellung die Geschichte aus dem Blickwinkel des Mannes folgte: The Islander – im Übrigen sind die beiden immer noch miteinander verheiratet.
Jürgen Prochnow ist in Vadim Glownas deutscher Produktion Des Teufels Paradies (1986) ein Zivilisationsflüchtling, der nach dem Tod seines Partners den Boden unter den Füßen zu verlieren droht. Escher hat versucht, seinen Partner davon abzuhalten, bei einem Initiationsritual der Eingeborenen der Insel einzudringen, was dieser mit dem Leben bezahlen musste. Mit einem befreundeten Kapitän (Vadim Glowna) fährt er nach Surabaya, und unterwegs lernt er den eleganten Schurken Jones (Sam Waterston) kennen, dem es Vergnügen zu bereiten scheint, ihn herauszufordern. Dieser kalte Gentleman ist mit seinem Gehilfen Gato (Dominique Pinon) unterwegs auf allen Meeren, lauernd scheinbar nur auf Gelegenheiten zu bösem Spiel, ein verführender Mephisto, mit dem Escher einen Kampf auf Leben und Tod führen muss. Im Hotel «Grand Pacific», wo beide absteigen, trifft er auf Julie (Suzanna Hamilton), die mit einer Damenkapelle auftritt. Als sie von ihrer Chefin (Ingrid Craven) misshandelt wird, bietet er ihr seine Hilfe an. Mit ihr verlebt er eine kurze, schöne Zeit auf der Insel, bis Jones in einer Sturmnacht auf der Insel anlegt. Im Titel und in der Handlung des Films liegt die melancholische Verabschiedung aller Robinson-Ideale: Wo immer ein Zivilisationsflüchtling sein Paradies findet, seine Teufel, in verschiedener Gestalt, werden es finden, und es zu seiner Hölle machen.
Vom pädagogischen Wert der Survival-Tour erzählt Band of the Hand ( Die gnadenlose Clique ; 1986, Regie: Paul Michael Glaser). Eine Gruppe von 16- bis 17-jährigen Straßenjungen, Dealer, Mörder, Räuber, werden in den Everglades ausgesetzt, und der indianische Vietnam-Veteran Joe (Stephen Lang) erklärt ihnen den Sinn der Sache: Das ganze ist ein neues Rehabilitationsprogramm, bei dem die Jungs lernen müssen, miteinander Probleme zu lösen, statt sich zu bekämpfen. Nach und nach lernen die Streetfighter mit den Gefahren der Sümpfe und mit ihren eigenen Rechten und Pflichten umzugehen. Nachdem sie diese Lektion gelernt haben, kommen sie wieder in die Stadt und stellen sich nun gemeinsam gegen die Drogengangster. So einfach ist das mit der Rückkehr zur Natur.
Die Komödienform wählt Captain Ron ( Captain Ron ; 1992, Regie: Tom Eberhardt), worin ein gestresster Manager (Martin Short) mit seiner Familie auf einem Segeltörn Erholung sucht, bei dem sich der angeheuerte Skipper (Kurt Russell) freilich als abgedrehter Nichtskönner erweist, das Schiff als abgewrackter Kahn. So einfach ist das nicht mit der Rückkehr zur Natur.
Eine Reihe von Filmen erzählt davon, wie aus einem Survival-Training blutiger Ernst wird, so etwa Survival Quest ( Camp der verlorenen Teufel ; 1989, Regie: Dac Coscarelli), wo zwei rivalisierende Survival-Gruppen aneinandergeraten. In The Runner ( Zeropoint – Die Chance ist gleich Null ; 1990, Regie: Chris Jones), will ein Reporterteam auf einer einsamen Insel ein Überlebenstraining durchziehen und trifft dabei auf zwei brutale Ex-Soldaten, die Jagd auf sie machen. Natürlich variiert dieses Plot-Muster ein wenig. Auch die Konstellation von Deliverance , stellt die «philosophische» Aussage von Boormans Film dabei freilich mehr oder weniger auf den Kopf. Anders gesagt: Im B-Format kommen die Helden vor lauter Action gar nicht dazu, das Scheitern ihrer Rückkehr zu den fundamentalen Lebensbedingungen des barbarischen Menschen zu verstehen; bevor man lange darüber nachdenkt, ist auch schon ein überwältigendes Feindbild parat. In Edge of Horror ( Slayer ; 1991, Regie: Michael Spence) ist eine
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