Filmwissen
Städte überfallen und brandschatzen. Dies kann Robin nicht ertragen und desertiert zusammen mit einigen seiner Leute. Dabei werden sie Zeuge wie sein Anführer Robert Loxley in einen Hinterhalt gelockt und ermordet wird. Dem Sterbenden schwört Robin das Familienschwert in die Heimat zurückzubringen. Doch dort schlägt Sir Walter Loxley (Max von Sydow) ihm vor, sich als den heimgekehrten Sohn auszugeben, um den Besitz der Familie gegen die korrupten Steuereintreiber des Sheriffs zu verteidigen. Das geschieht allerdings gegen den entschiedenen Willen von Roberts Witwe Marian. Dann kommt Robin dem intriganten Adeligen Sir Godfrey (Mark Strong) in die Quere, der alles daran setzt seinen Widersacher zu töten.
140 lange Minuten benötigt der Film, neben seiner dann doch eher schlicht gestrickten Geschichte, seine Schauwerte zu entfalten. Eher sonderbar erscheint eine Inszenierungs-Analogie der Landung in England mit Steven Spielbergs Normandie-Szenen in Saving Private Ryan : Für Scott scheint es wesentlich, dass sich ein Held wie Robin Hood – einen «echten Motherfucker» nennt ihn der Regisseur – nicht in der romantischen Legende sondern in einem sehr realen Kriegsgeschehen mit sehr realem Blut und Sterben, Hunger und Armut entwickelt. Doch die Entmystifizierung geht kaum tiefer unter die Haut, am Ende sind es auch hier die bekannten Konfrontationen, inklusive eines Vater-Sohn-Konfliktes, die das Modell des Abenteuers formen, das freilich schwer wird wie die Rüstungen, schwer wie der massige Held, und das alle Eleganz verloren hat. Mehr noch: Es hat die Erinnerung daran verloren.
Und sie kam auch nicht wieder in kleinen, billigen Filmen wie dem, für den Syfy-Channel entstandenen, Robin Hood – Beyond Sherwood Forest (2009, Regie: Peter DeLuise), der immerhin eine schöne Frau aufbietet, die sich in einen feuerspeienden Drachen verwandeln kann, um Robin Hoods (Robin Dunne) Friedensmission zu verhindern und die Macht des Sheriffs von Nottingham zu mehren.
Etliche Filme widmeten sich, mehr oder weniger frei, der nordischen Mythologie und Geschichte. In Beowulf & Grendel ( Beowulf & Grendel ; 2005, Regie: Sturla Gunnarsson) steht der Held dem dänischen König zur Seite, da sein Volk von einem furchtbaren, dämonischen Wesen bedroht wird, das Rache am Königshaus sucht. Dies erfährt der Held (Gerard Butler), nachdem er einen Troll bezwungen hat. Und er bewährt sich genügend im Kampf, um zum Protagonisten eines Gründungsmythos für eine, immerhin höchst eigensinnige, Nation zu werden. Im C-Film Berserker: Hell’s Warrior ( Thor – Der Berserker Gottes ; 2004, Regie: Paul Metthews) experimentiert ein machtbesessener Wikinger mit der schwarzen Magie und prompt werden seine beiden Söhne von den Göttern dafür bestraft – mit ewiger Zwietracht und ewigem Leben.
In einer weniger auf den Mainstream angelegten Produktion konnte man mit einer solch gewalttätigen Entzauberung des Mittelalters weitergehen. So eine ganz andere Annäherung an das nun wirklich finstere Zeitalter bot Nicolas Winding Refns Valhalla Rising ( Walhalla Rising ; 2010), eine fundamentalistische Gewaltgeschichte um einen tätowierten einäugigen Krieger (Mads Mikkelsen), der von einer Gruppe von Normannen gefangen gehalten wird. Doch eines Tages kann er mit Hilfe des jungen Are (Marteen Stevenson) fliehen und da bricht der Gefangene wie ein Berserker über seine Peiniger her und schließt sich einer Gruppe von Wikingern an, die sich gerade auf eine Reise durch den Nebel auf See machen, um Jerusalem zu erreichen. Halb verhungert, untereinander entzweit und entkräftet, erreichen sie nach ihrer Irrfahrt ein unbekanntes Festland. Doch auch hier wartet nur Grauen und Gewalt, es ist möglicherweise durchaus die Hölle, wo man gelandet ist. Trotz seiner martialischen Kampfszenen verbreitet Valhalla Rising eine eher elegische Stimmung, mehr Trauer als Zorn. Refn selbst bezeichnete seinen Film als Drogentrip ohne Droge. Die karge Landschaft und die Nebel-Unschärfe erscheinen als Seelen-Interieur, so als würde man dem jeweils im Vordergrund stehenden Charakter in der (oft durch Farbfilter weiter verfremdeten) Naturkulisse die Gemüts- und Geisteszustände ablesen können, eine zunehmende Ratlosigkeit auch bei einer Reise ins Herz der Finsternis. «Überhaupt muss man sagen, dass Valhalla Rising nur oberflächlich ein Wikingerfilm ist. Es ist kein Historienfilm, sondern eher eine Höllenfahrt wie in Apocalypse Now oder Aguirre, der Zorn Gottes.
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