Filmwissen
eine Form des Kampfes gegen Unfreiheit und Unterdrückung.
Smiths Captain Blood aus dem Jahr 1925 war, wie die Sabatini-Adaption The Sea Hawk von 1915, eine aufwändige Produktion, der durchaus der Glanz des technisch lnnovativen und Sensationellen anhing. Doch der Erfolg beider Filme sollte übertroffen werden von einer neuen, von Michael Curtiz eingerichteten Version, von Captain Blood ( Unter Piratenflagge ; 1935), in der, nachdem Robert Donat und George Brent nicht zur Verfügung standen beziehungsweise sich als für die Rolle ungeeignet erwiesen, einem jungen Vertragsschauspieler von Warner Bros. die Chance seines Lebens geboten wurde: Errol Flynn.
Der junge Arzt Peter Blood (Errol Flynn) hilft zur Zeit der tyrannischen Herrschaft James’ II. in den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts in England einem verwundeten Rebellen und wird daraufhin zur Strafe zur Sklaverei verurteilt und nach Fort Royal auf den Westindischen Inseln gebracht. Dort kauft ihn die Nichte des Gouverneurs, Arabella (Olivia de Havilland). Doch als die Spanier Fort Royal angreifen, gelingt es Blood und seinen Gefährten, ein spanisches Schiff in ihre Gewalt zu bringen. Sie verbünden sich mit dem französischen Piraten Levasseur (Basil Rathbone), doch es kommt zur Entzweiung zwischen diesem und Peter Blood, als Levasseur Arabella gefangennimmt. Blood tötet Levasseur im Zweikampf und bringt Arabella nach Fort Royal zurück, das unterdessen von den Franzosen angegriffen wird. Blood erfährt, dass die Herrschaft des Königs James beendet ist; er stellt sich mit seinen Leuten auf die Seite seiner Heimat, und mit ihrer Hilfe wird der Gegner bezwungen.
Zwar gilt Captain Blood als Neubeginn des Piratenfilms, ja des swashbuckler -Genres überhaupt, das seit den Filmen mit Douglas Fairbanks nur noch wenige herausragende Arbeiten hervorgebracht hatte; und Michael Curtiz, Errol Flynn und Olivia de Havilland sollten in der Folgezeit noch eine Reihe gemeinsamer Filme drehen. Aber die technischen Möglichkeiten waren natürlich noch weit entfernt von denen, die dem Genre in den fünfziger Jahren zur Blüte verhalfen. So gab es keine nachgebauten Schiffe, sondern es wurde ausschließlich mit etwa fünf Meter langen Modellen in einem Studiobassin gearbeitet, und gelegentlich verwendete man auch Material aus der Stummfilm-Version des Stoffes von 1924. Selbst die Stadt und die Hafenanlagen von Port Royal bestanden nur im Modell. Es ist Curtiz’ geschickter Einrichtung der Szenen und einer raschen Schnittfolge zu verdanken, dass diese Mängel kaum ins Gewicht fallen. Dazu kommt die Ausstrahlung von Errol Flynn, der der vollendete Gentleman-Pirat ist, ein junger Mann, vor dem sich gewiss nur die Schurken fürchten müssen. Und schließlich waren auch die Eloquenz des storytelling in der literarischen Vorlage und ihre Adaption sowie das Faible am Gelingen des Films beteiligt, das Curtiz für das Motiv des ausgestoßenen und verbannten Helden hatte (ein Thema, auf das der Regisseur immer wieder und vor allem in seinen besten Filmen zurückkam), denn Captain Blood ist nicht nur ein Piratenfilm, sondern auch die Geschichte einer sonderbaren Odyssee, eine umgedrehte «Geschichte vom verlorenen Sohn». Der Pirat ist der Sohn, der erst nach Hause finden kann, wenn der böse Vater/König gestorben ist.
Bedeutend für die Mythologie des Genres, und vielleicht in das oben angesprochene Motiv verwoben, ist die doppelte Gestalt,in der das Böse in diesem Film auftritt. Und auch in nahezu allen klassischen swashbuckler -Filmen der Folgezeit wird es zwei Schurken-Gestalten geben, den einen als Vertreter des Bösen, das sich «im System», innerhalb der Gesellschaft, als schreckliche Parodie der bürokratischen Herrschaft eingenistet hat (hier ist es Lionel Atwill in der Rolle des Colonel Bishop), und den anderen als Vertreter der morallosen outlaws , außerhalb der Gesellschaft und jedes Systems als böse Parodie der Anarchie (hier ist es Basil Rathbone als Levasseur). Auf der Ebene der Darstellung führt das oft zu schauspielerischen Parforcetouren der beiden konkurrierenden/sich ergänzenden heavies ; schauspielerische «Duelle» etwa zwischen Claude Rains und Basil Rathbone ( The Adventures of Robin Hood ) oder Claude Rains und Henry Daniell ( The Sea Hawk ) gaben Filmen des Genres einen zusätzlichen Reiz. Und was etwa die italienischen Imitationen der angelsächsischen swashbucklers – unter anderem – zur Zweit- und Drittklassigkeit verurteilte, das war das
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