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Finale auf Föhr

Finale auf Föhr

Titel: Finale auf Föhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin dodenhoeft
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labbrigen Volksbund-T-Shirt (»Arbeit für den Frieden« in sieben Sprachen) und nackten Füßen in ihren altmodischen Klapperlatschen. Für den Gang zu »Swantje’s Inselbäckerei« hatte es aber gereicht. Da kam morgens schließlich jeder Urlauber, wie es ihm gerade passte. Bei Gelegenheit würde er die wirklich ausnehmend nette Frau Swantje unauffällig bitten, möglichst ihr Ladenschild zu ändern. Sie wollte doch sicher nicht mit dem Deppen-Apostroph im Namen ihres beliebten Geschäfts negativ auffallen.
    Unten in der Küche drückte er Renata einen Kus’s auf die S’telle de’s Nacken’s (nein, Schluss mit dieser Alberei), deren Reizung sie meist mit einem Quietschen zwischen Entzücken und Belästigung quittierte. Jaa! Auch heute funktionierte es wieder zuverlässig. »Ist das der Dank, dass ich für den gnädigen Herren schon alles fürs Frühstück vorbereitet habe und auch den hochwohlgeschätzten Inselkurier apportiert habe?«, lachte sie. Natürlich nicht. Er bedankte sich artig für die Dienstleistung und nahm am gedeckten Tisch Platz. Tasse, Holzbrett, Messer, Brötchen, Butter, Marmelade, Käse, Kaffee, Milch, Zeitung – alles da. Draußen schien die Sonne. Das Leben war doch schön!
    »Hast du schon gesehen?«, fragte er Renata. Wie hätte sie es übersehen können? Auf Seite 1 der recht dünnen Zeitung war unter der blutroten Headline »Mord im Watt« ein riesiges Foto der Wattwanderergruppe zu sehen, wie sie sich um den Toten geschart hatte. Kleinere Bilder zeigten dessen Gesicht halb von der Seite, die mit dem Wort MÖRDER verletzte Brust, den Wattführer mit ärgerlichem Gesichtsausdruck sowie eine Szene aus der Feststellung der Personalien am Deich. Da war einer schnell gewesen und hatte seine Bilder noch gestern dem Inselkurier verkauft. Sicherlich für gutes, eher sehr gutes Geld. Wahrscheinlich machte auch BILD heute damit auf. Ein toter, von Möwen verstümmelter bekannter Reeder, High Society, im Watt gefunden, das war doch was fürs Sommerloch! Ein fetter roter Balken verwies auf weitere Informationen im Innenteil der Zeitung.
    Renata und Carl waren sich einig: Geschmacklos! Die Bilder verletzten nicht nur die Würde des Toten, sondern auch die seiner Familie, die womöglich bisher gar nicht informiert war. Vielleicht war er noch nicht einmal zweifelsfrei identifiziert!
    Man sollte einen Leserbrief schreiben. Das hatten beide am Frühstückstisch schon oft beschlossen – Leserbriefe zu schreiben, sachlich, bissig oder ironisch, je nachdem. Es gab immer wieder Anlässe, Stellung zu nehmen zu inhaltlichen und grammatischen Fehlern oder stilistischen Grausamkeiten in ihrer mitteldeutschen Regionalzeitung. Aber dann hatten sie es fast immer gelassen. Was brachte es schon? Viele Zeitungen hatten, bedingt durch den zunehmenden Kostendruck bei abnehmenden Abonnentenzahlen, ihr Korrektorat auf ein Minimum reduziert. Selbst in angesehenen überregionalen Tages-und Wochenzeitungen entdeckten sie zunehmend solche Laxheiten – bis hin zu dem unerträglichen Deppen-Apostroph. Oder fand doch ein Korrekturdurchlauf statt, und die eingesetzten Kräfte bekamen nicht genug Zeit, um solide arbeiten zu können?
    »Nun lies vor!«, drängte Renata ihren Mann. Er begann mit dem recht kurzen Text auf der Titelseite (die Bilder dominierten). Unter der Überschrift stand »Ermordeter Hamburger Reeder von Wattwanderern entdeckt! Ein Bericht von Ekke Knudsen.« Der Redakteur hatte den Hergang des Fundes etwas dramatisiert, aber an sich zutreffend wiedergegeben.
    Interessant waren die weiteren Informationen, die er in der kurzen Zeit zusammengetragen hatte. Es deckte sich weitgehend mit dem, was auch Franz Branntwein schon verkündet hatte. Die Presse lenkte aber die Spekulationen jetzt schon in eine bestimmte Richtung. Eine große Überschrift auf Seite 2 lautete: »Sohn des Toten vermisst – Familiendrama auf See?« Martin Siewering sei seit zehn Jahren der eigentliche Reedereichef. Es habe häufiger – auch unter Zeugen – heftige Auseinandersetzungen zwischen Sohn und Vater über die Geschäftspolitik gegeben. Hatte also der Sohn den Vater umgebracht? Oder war es der ominöse Dritte gewesen, den ein Zeuge im Yachthafen an Bord des »luxuriösen Kabinenkreuzers« gesehen haben wollte? Unklar sei, warum das Wort MÖRDER auf der Brust des Toten stand. Ein bisher ungeklärtes dunkles Geheimnis, eine Abrechnung? Die Polizei tappe noch im Dunkeln. Die Presse würde dran bleiben und weiter berichten.
    Es

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