Fine, die kleine Blumenelfe
streckte Alwin, der Regenwurm, zufällig in diesem Moment den Kopf aus seinem Erdtunnel. Er war der Chefwurm und wollte nach Regen Ausschau halten. Als er prüfend in die Wolken schaute, traf ihn einer von Seppis Kieselsteinen versehentlich am Kopf.
Sofort stieg die Zornesröte in Alwin hoch. »Was fällt dir denn ein!«, schrie er Seppi an. »Warum bewirfst du mich mit Steinen? Antworte!«
Doch Seppi kümmerte sich nicht um den hysterischen Wurm, sondern arbeitete einfach weiter. Alwin schimpfte noch eine Weile und zog sich dann in seinen Tunnel zurück. »Kurzum«, sagte er. »So etwas Unverschämtes ist mir ja noch nie passiert.« Vorsichtshalber verschloss er den Tunneleingang mit dem roten Kieselstein, den Seppi ihm an den Kopf geworfen hatte. Hätte er schreiben können, hätte er bestimmt noch eine Warnung draufgemalt, aber Regenwürmer schreiben ja nicht. Sogar unter der Erde konnte man Alwin noch eine Weile schimpfen hören.
Seppi schaufelte völlig konzentriert weiter und Fine trat näher zu dem Zwerg hin – und passte genau auf, dass sie nicht von den Steinen getroffen wurde. Dann sammelte sie einige Steinchen auf und flog mit der ungewohnten Last unter die Hecken, die die Grundstücksgrenze direkt hinter dem Gemüsebeet bildeten. Dort ließ sie die Steinchen zwischen die Hecken kullern. So flog sie einige Male hin und her und wich immer den umherfliegenden Steinchen aus, die Seppi um sich warf. Ab und zu hörte man noch Alwin schreien, der sich auch unter der Erde über den Krach beschwerte. Ansonsten verlief die Arbeit sehr schweigsam.
Irgendwann musste Seppi jedoch seine Arbeit unterbrechen. Es gab ja auch nicht unbegrenzt Tomaten und Erde, die gelockert werden musste.
Ganz außer Atem und mit roten Bäckchen schaute er Fine nun direkt an und – nicht zu fassen – er lächelte. »Du bist mir ja eine«, sagte er dann. »Du hast mir einfach geholfen, obwohl ich dich überhaupt nicht beachtet habe. Warum hast du das getan?«
Fine war genauso außer Atem und hatte außerdem ein schlechtes Gewissen – sie hatte viel Zeit mit den Steinen vertrödelt und sich nicht um alle ihre Pflichten gekümmert. Aber sie war auch stolz, weil sie so fleißig war. Erschöpft setzte sie sich neben Seppi auf die Erde und sagte: »Meine Freundinnen haben mir erzählt, dass Zwerge nicht unhöflich sind, sondern nur nicht gerne bei der Arbeit gestört werden wollen. Also dachte ich mir, dass ich dir ein wenig helfen und dich dabei besser kennenlernen könnte. Leider warst du ja nicht sehr gesprächig.«
Seppi ließ sich neben Fine auf den Boden plumpsen und bedankte sich mit einem kräftigen Händeschütteln – was für Elfen natürlich sehr ungewohnt ist. Außerdem sind Zwerge viel stärker und sie wurde ganz schön durchgeschüttelt. »Vielen Dank!«, sagte er zu ihr. »Das war wirklich sehr nett von dir. Wenn du mal Hilfe brauchst, dann ruf mich nur. Du hast bei mir jetzt etwas gut.«
Jetzt war Fine doch ganz froh. Die Arbeit hatte sich gelohnt und sie hatte einen neuen Freund gefunden. Na ja, Freund konnte man ihn vielleicht noch nicht nennen, aber wer weiß. Auf jeden Fall hatte sie etwas dazugelernt: Man konnte jemanden nicht nur nach seinem Äußerem beurteilen. Sie empfand es zwar immer noch als unnötig, dass Zwerge unhöflich waren, wenn sie bei der Arbeit waren, aber sie hatte ja jetzt herausgefunden, dass sich ein Zwerg überhaupt nichts Böses dabei dachte. Wenn ein Zwerg arbeitet, dann arbeitet er und wollte nicht gestört werden. Das war alles. Ob er wohl auch die Elfenkönigin ignorieren würde?, fragte sich Fine grinsend.
Doch sie wurde in diesem Gedanken unterbrochen, da Seppi bereits wieder aufgesprungen war. Er klopfte sich die staubige Hose etwas ab und griff nach der Schaufel. »Genug geredet«, meinte er. »Man muss ja auch noch etwas arbeiten! Bis bald!«, und schon hatte er sich auf den Weg gemacht. Kopfschüttelnd stand Fine auf und machte sich auf den Weg zu Gloria. Das musste sie ihr einfach sofort erzählen.
Kapitel 5
Der Ausflug
Fine hatte sich trotz ihres anfänglichen Heimwehs gut im neuen Garten eingelebt. Es waren ja nur etwa vier Wochen, die sie dort verbringen sollte. Und sie musste nicht viel arbeiten, sie war Gast und sollte hauptsächlich durch Zusehen lernen. Bald durfte sie aber wieder nach Hause. Sie freute sich bereits auf Cilli und Alfred und auch die anderen Freunde, die sie so sehr vermisst hatte. Aber sie wusste nun, dass man überall Freunde finden konnte. Sie
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