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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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war zwar – nach der Grundsatzdiskussion von neulich mit Irmgard über angemessene Bekleidung am Frühstückstisch – korrekt bekleidet und sogar ausgehfertig geschminkt, aber aufgrund der frühen Uhrzeit war der Gesamteindruck ihrer Person der völliger Zerknitterung. Wären sie und Frau Söback Vierbeiner der Gattung Canis, dann wäre MaC ein zerknautschter Shar-Pei-Faltenhund und Frau Söback ein liebreizender Whippet.
    Da half es auch nicht, dass Onis, kaum dass er ihrer ansichtig wurde, den rosa Teddy fallen ließ und auf Frau Söback zulief, sich auf die Hinterpfoten stellte und sie mit der Hingabe eines Pornostars ableckte. Wenn er gekonnt hätte, er hätte ihr auch noch einen Knutschfleck verpasst. Onis vergaß niemals eine gute Ohrkraulingsession. Ja, Liebe lag in der Luft.
    MaC durchbohrte währenddessen ihren Siggi mit Blicken.
Was macht die denn hier?,
verlangten ihre Blicke zu wissen, und:
Noch dazu um diese Uhrzeit, quasi zu nachtschlafender Zeit!
    Siggi ignorierte die imaginären, aber dennoch schmerzhaften Blickdolche. »Dürfen wir Ihnen eine Tasse Kaffee anbieten?«, fragte er höflich.
    Frau Söback schüttelte Onis lächelnd ab und stellte den Pappkarton auf die Theke. »Sehr gern. Schwarz, bitte.«
    »Auch etwas zu essen?«
    »Gern, sehr freundlich.«
    MaC verschränkte die Arme. Wenn Siegfried diese Person tränken und verköstigen wollte, durfte er das, bitte schön, selbst tun, sie würde keinen Finger rühren.
    Zumal sie auch gar nicht kochen konnte. Überhaupt gar kein bisschen. Nicht einmal Rührei. Sie hatte sich früh für ein konsequentes »Nein« zum Kochen entschieden und wich auch mit zunehmendem Alter nicht davon ab, weil sie fand, dass der Mensch ein paar unverrückbare Haltungen brauchte, die seinem Alltag Stabilität verliehen. Sie war keine Kochende. Sie war und blieb eine Bekochte.
    Frau Söback klopfte auf den Karton. »Raten Sie, was das ist?«, juchzte sie.
    Seifferheld humpelte zur Kaffeemaschine. »Protestschreiben entgeisterter Hörer, die sich fragen, was ich im Radio verloren habe?«
    Frau Söback lachte auf.
    Glockenhell,
dachte Siegfried.
    Wie eine Kreissäge,
dachte MaC.
    Onis dachte gar nichts, so hübsch und schnuffig er auch war, sein Hirn besaß die Größe einer Erbse und lief nicht im Dauerbetrieb, sondern immer nur geschätzte zwei Minuten pro angefallener Stunde.
    »Aber nein, Herr Seifferheld. Das ist begeisterte Fanpost! Wir haben noch nie so viele Zuschriften nach nur einer Sendung bekommen. Und da sind die Mails noch gar nicht dabei! Die Menschen sind hingerissen von Ihnen!«
    MaC gab ein undefinierbares Geräusch von sich.
    Seifferheld freute sich. Diebisch.
    »Die meisten Briefe stammen natürlich von Frauen«, sagte Frau Söback.
    War ja klar,
dachte MaC.
    »Aber es sind auch ein paar Männer dabei, die sich durch Ihr mutiges Outing bestätigt fühlen und sich mehr davon wünschen.«
    Seifferheld winkte verschämt ab, verschüttete dabei etwas Kaffee und wischte Tasse und Theke rasch wieder trocken. Aus den Augenwinkeln sah er, wie MaC vor Zorn förmlich zu qualmen schien. Er holte tief Luft. Was würde John Wayne an seiner Stelle tun?
    Frau Söback plauderte unterdessen unbeschwert weiter. »Ich habe gestern in der Redaktionskonferenz angeregt, Sie mit ein paar Werbemaßnahmen noch größer herauszubringen«, flötete sie. »Ich dachte da an Plakate. Ihr Gesicht auf allen Bussen des Nahverkehrs. Flyer mit Ihrem Konterfei zum Auslegen in allen Handarbeits- und Kurzwarengeschäften der umliegenden Landkreise. Und natürlich Autogrammkarten, auf denen man Sie sticken sieht.«
    Na toll,
dachte MaC,
da passiert finstere Weltpolitik in Schwäbisch Hall, die Zukunft Indiens wird hier im Hohenlohischen abgeschlachtet, aber dieses intellektuelle Leichtgewicht, diese Hohlköpfin, denkt nur daran, wie sie meinen Siggi noch mehr an die Frau bringen kann.
    In dem Eintopf aus Gründen, warum sie immer wieder mit dem Gedanken spielte, Seifferheld zu verlassen, war die Eifersucht die Fleischeinlage.
    »Großartig«, rief Seifferheld, trotz des neuerlichen Dolches in seinem Rücken.
    »Nicht wahr?«, rief auch Frau Söback, die keinen Radar für unsichtbare Dolche besaß.
    Onis stemmte sich mit den Vorderpfoten an der Theke ab und jaulte schwanzwedelnd seine Lebensfreude in die Welt hinaus.
    Drei von vieren glücklich, eigentlich kein schlechter Schnitt.
    Wenn man nicht ausgerechnet die Vierte war.
    Heidewitzka – einmal Verbrecher, immer

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