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Finger weg Herr Doktor!

Finger weg Herr Doktor!

Titel: Finger weg Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Mund, und er berauschte sich mehr an ihnen als am Sherry. »Obwohl ich natürlich persönlich«, fügte er rasch hinzu, »keinen Deut auf Titel und Auszeichnungen gebe. Ich nehme nur zu Ehren des Spitals an. Es ist höchste Zeit, daß wieder einmal ein Adeliger unter den Ärzten von St. Swithin...« Er unterbrach sich. Eine Wolke war über die sonnige Landschaft seines Lebens gezogen. »Ich habe ganz vergessen, daß Sir Lancelot -«
    »Ist er tot?« rief sie.
    »Nein, verdammt noch mal! Er ist so unzerstörbar wie ein fossiles Rhinozeros. Er ist aus dem Fernen Osten zurück.«
    »Fabelhaft! Wir müssen ihn zum Essen einladen!«
    »Das eilt nicht.« Daß seine Frau Sir Lancelot ertrug, hielt er für eine jener Ungereimtheiten des weiblichen Wesens, die die männliche Verstandeskraft übersteigen. »Er wird nämlich eine Weile in London bleiben. Aber sicher nicht bei uns!«
    Der Dean starrte durch das Fenster in die Dämmerung hinaus, die sich langsam über das freundliche grüne Rund des Regent’s Parks senkte. Sein geräumiges Haus lag nahe der Harley Street und dem West End; inmitten der würdevollen Häuserzeilen und baumbestandenen Straßen, die zu der Anhöhe im Norden Londons hinaufführen, machte es den Eindruck köstlicher Raumverschwendung.
    »Vielleicht wird er mit jedermann Streit beginnen und dann nach Wales zurückkehren«, tröstete sich der Dean. »Er verließ den Stab von St. Swithin auch nur wegen einer Streiterei mit dem Chirurgieprofessor.« Niemand in St. Swithin war je daraufgekommen, ob dies auf Divergenzen in der Operationstechnik oder darauf zurückzuführen war, daß der Professor seinen Mini hartnäckig in jener Hof ecke parkte, die einer alten Tradition zufolge für Sir Lancelots Rolls-Royce reserviert war. »Trotzdem ist es unangenehm. So ein alter Geizkragen wie er könnte leicht all die aufregenden Änderungen gefährden, die wir eben in St. Swithin durchführen.«
    »Wenn die Angelsaison beginnt, wird es ihn hier vielleicht nicht länger halten.«
    »Alles erscheint einem lange in Lancelots Gesellschaft«, sagte er resigniert.
    Es klopfte. Es war Miss MacNish, die Köchin und Haushälterin aus Aberdeen, freundlich, tüchtig, rothaarig, Mitte der Dreißig, die man sofort begierig von Sir Lancelot übernommen hatte, als er London verließ.
    »Sir Lancelot Spratt ist wieder in London«, verkündete ihr der Dean düster.
    »Na, das ist aber eine freudige Überraschung, Herr Doktor! Haben Sie ihn nicht eingeladen, hier zu wohnen?«
    »Ich habe ihn nicht eingeladen.«
    »Ich werde ihm einen Dundee-Kuchen backen, den hat er so gern. Das wird eine nette Abwechslung für ihn sein nach all dem Curry und Chop suey, das er dauernd gegessen haben wird. Ich bin gekommen, um zu sagen, daß das Essen angerichtet ist.«
    Der Dean schüttelte den Kopf. Frauen sind manchmal lächerlich, wenn sie den Charakter eines Mannes beurteilen. Kein Wunder, daß so viele vor dem Scheidungsrichter landeten. An der Tür fiel ihm Sir Lancelots Röntgenbild ein. Er ging zurück, öffnete die Aktentasche und hielt die Aufnahme gegen die Lampe. Sein Atem stockte.
    »Nein!« Das Negativ zitterte in seiner Hand. »Das kann doch nicht wahr sein!« Er betrachtete es aus der Nähe. »Um Gottes willen, tatsächlich. Armer Kerl, armer Lancelot! Und ich habe so roh über den lieben unglücklichen Mann gesprochen!«

6

    »He, Schutzmann«, rief Sir Lancelot aus dem Fenster seines Rolls-Royce, »mir scheint, ich habe ein Hotel verloren. Würden Sie bitte so freundlich sein, mir zu sagen, wie ich zum Crécy komme?«
    »Aber das ist genau gegenüber, Sir. Das große weiße Gebäude.«
    Sir Lancelot runzelte die breite Stirn: »Dieser überdimensionale Silo?«
    »Sie denken vielleicht an das alte Hotel, Sir? Das wurde abgerissen.«
    »Du meine Güte! Wurde etwa der Buckingham-Palast auch schon abgerissen?«
    Der Polizist grinste: »Nein, Sir. Aber nach den Preisen zu schließen, die man in der Bude gegenüber verlangt, würden Sie wahrscheinlich im Buckingham-Palast billiger wohnen.«
    Sir Lancelot hielt in der Auffahrt des Hotels, in der sich lärmende junge weibliche Wesen drängten.
    »Offenbar eine Art Demonstration«, stellte er fest und schlug die Wagentür zu. »Oder eine Art Maskenfest. Obwohl ich annehme, daß man heutzutage solche Kleider sogar bei Begräbnissen trägt.« Sein Gesicht erhellte sich, als er den Geschäftsführer wiedererkannte, der in schwarzem Jackett und gestreifter Hose neben dem Türsteher

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