Finger weg Herr Doktor!
warf Sir Lancelot ein.
»Aber Teile von Ihnen sind ausgezeichnet! Sozusagen Leckerbissen.« Bingham brach in Gelächter aus, das er sofort unterdrückte. »Um zur Sache zu kommen: Dürfte ich zwei meiner Patienten auf die Warteliste für Ihre Nieren setzen?«
Sir Lancelot zögerte einen Augenblick, dann sagte er feierlich: »Es ist nur recht und billig, daß ich meine Überbleibsel so verwende, wie ich mein Leben verwendet habe: im Dienste der leidenden Menschheit.«
»Ich muß schon sagen, das ist Sportsgeist. Schön, ich werde meine Sekretärin beauftragen, das zu notieren. Und, wenn wir schon dabei sind, könnten wir auch Ihre Hornhäute haben?«
»Ja, meinetwegen.«
»Was ist mit Ihrem Herzen?«
»Wenn Sie es so gut verwenden können wie ich!«
»Herrlich! Haben Sie vor, in - nun, in St. Swithin zu enden? Das würde uns eine Menge schwieriger Transportprobleme ersparen.«
»Mein lieber Bingham, ich habe über den Schauplatz des Ereignisses noch keine detaillierten Pläne gemacht. Ich werde sterben, und nicht ein Baby bekommen.«
»Natürlich. Also dann: Leber?«
»Wie Sie wünschen.«
»Milz? Bauchspeicheldrüse?«
»Sie gehören Ihnen.«
»Schilddrüse? Knochenmark?«
»Nehmen Sie alles!«
»Da fällt mir etwas ein: Wir schulden dem High Cross Hospital eine Niere, die sie für ein Lungenpaar einhandelten. Wollen Sie uns aushelfen?«
Sir Lancelot erhob sich. »Mag sein, daß ich, wie Sie sagten, ein außergewöhnlicher Mensch bin. Aber nicht so außergewöhnlich, daß ich drei Nieren besäße. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, werde ich Ihre chirurgische Einkaufsliste nach dem West End bringen und sie mit einem verdammt guten Dinner versehen.«
8
Sir Lancelot verließ den chirurgischen Trakt und schritt, tief in Gedanken, durch den langen Hauptgang des alten Gebäudes der Halle zu. Als er das Haupttor erreichte, bemerkte er eine dunkle Uniform, die sich ihm in den Weg stellte. Als er aufblickte, sah er den Portier Harry.
»Kann ich Sie einen Augenblick sprechen, Sir?«
Sir Lancelot knurrte unwirsch.
Harry deutete mit einer nervösen Kopfbewegung auf seine Loge. »Dort sind wir ungestört.«
»Muten Sie mir zu, daß ich mich mit Ihnen zusammen in diesen Kaninchenstall zwänge?«
Harry förderte aus der Innenseite seines Rockes ein dickes Bündel Fünfpfundnoten. »Es ist wegen dieser kleinen Wette, Sir, die Sie gestern erwähnten. Die ich für Sie in Kempton Park am Tag Ihrer Pensionierung setzte. Es tut mir wirklich leid, Sir, daß ich ganz übersehen habe, Ihnen Ihren Gewinn nachzusenden.«
»Übersehen! Ich soll Ihnen glauben, daß Sie das bloß übersehen haben, wie Sie sich auszudrücken belieben? Unsinn, Mann! Sie sind so krumm wie ein anormaler Appendix. Sie haben in Ihrem Leben noch nie eine Gelegenheit übersehen, jemanden um einen halben Penny zu beschwindeln. Sie würden einen unerfahrenen neuen Studenten dazu bringen, eine Ladung alter Instrumente zu kaufen, die Sie womöglich geklaut haben. Sie würden den Überzieher des Parlamentspräsidenten versetzen, wenn Sie ihn unauffällig beiseite schaffen könnten. Gott allein weiß, was so ein Schurke wie Sie in einem respektablen Unternehmen wie St. Swithin zu suchen hat! Ich persönlich mißtraue Ihnen so sehr, daß ich Sie nicht einmal die Eintrittskarten in einem chinesischen Wanderbordell abreißen ließe!«
Sir Lancelot hielt inne und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Die Anspielung auf den Fernen Osten ließ in seinem Geist eine Bombe explodieren.
»Mein Lieber«, fuhr er sanft fort, »es war falsch, ganz falsch von mir, Sie so anzufahren. Wir alle haben unsere Fehler! Was sind die Ihren, verglichen mit den majestätischen Gezeiten von Leben und Tod, die jede Spur von uns im Sand der Zeit auslöschen. Bitte, behalten Sie das Geld.«
Harry starrte ihn an; halb und halb fragte er sich, ob Sir Lancelot verrückt geworden sei oder was wohl hinter diesem Ton wieder stecke.
»Es ist ja doch nur bedrucktes Papier, völlig unwichtig.« Sir Lancelot stieß die Hand des Mannes weg. »Verwenden Sie es für einen guten Zweck. Ein geringer Lohn für das Vergnügen, das mir Ihr freundliches Gesicht jeden Morgen bereitete, wenn es mir bei meiner Ankunft aus dem Guckloch Ihres Kämmerchens entgegenblickte. Leben Sie wohl, Harry. Ich wünsche Ihnen Glück und Wohlergehen. Und hören Sie mit der dummen Gewohnheit auf, immer auf den zweiten Favoriten zu setzen.«
Er entfernte sich. Als er im Eingang stehenblieb, um sein
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