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Finger weg Herr Doktor!

Finger weg Herr Doktor!

Titel: Finger weg Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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seine Lippen hart auf die ihren preßte, aber irgendwie fühlte sie in ihrem Herzen, daß es wie ein Schlag mit einer feuchten Fußmatte ins Gesicht war. Sie ließ ihn los und blickte sich schuldbewußt um. In Ihrer Erregung hatte sie nicht darauf geachtet, ob Kunden da waren. Aber die Boutique bot den üblichen Anblick der Leere. Es war ein winziger schlauchförmiger Raum, angefüllt mit einer Sammlung von Gegenständen, die nur das eine gemeinsam hatten, daß sie alt, staubbedeckt und beschädigt waren. Im Sommer gelang es Albert, ein wenig davon jenen Touristen zu verkaufen, die eine merkwürdige Beseligung darin fanden, ihr fernes Heim mit Bronzepferden, Muschelschalen oder gar flaggengezierten Nachttöpfen von Admirälen zu schmücken. Vor dem Zeitalter der Boutiquen wäre das Unternehmen unter dem guten, ehrlichen Namen eines Trödlerladens gelaufen.
    »Nun, Albert, mein Süßer. Wohin führst du mich zum Essen?« Er kratzte sich seinen Backenbart.
    »Oh, Albert! Sag nicht, daß du’s vergessen hast.«
    »Vielleicht doch.«
    »So, aber da bin ich nun einmal, gehen wir also«, sagte sie gut gelaunt. - »Wie wär’s mit ’ner Kneipe?«
    Sie war enttäuscht. Sie hatte sich eine stilvolle Mahlzeit in einem gemütlichen und möglichst romantischen Restaurant ausgemalt. Aber wieder lächelte sie. »Du weißt, mit dir würde ich überallhin gehen, Albert, Liebster.«
    »Ich sperr’ den Laden lieber gut zu. Läuft soviel Gesindel herum!«
    Bedächtig legte er an der Hintertür den Riegel vor. Er fragte sich, wie er eigentlich an diese merkwürdige Jungfrau geraten war. Vielleicht war er bei diesem Budenzauber mehr betrunken gewesen, als er angenommen hatte. Oder hatte ihn ihr medizinisches Flair angezogen? Er fragte sich, ob er vielleicht eine Vorliebe für Ärztinnen entwickle, ähnlich einem seiner Freunde, der ununterbrochen Schwierigkeiten mit Polizistinnen hatte.
    Sie gingen in ein kleines Wirtshaus mit dekorativen Milchglasfenstern gleich gegenüber. Albert kaufte ihr an der Theke ein kleines Bier und eine Schinkenrolle.
    »Albert«, kündigte sie an, »ich muß dir etwas Wichtiges mitteilen.« - »Ja?«
    »Siehst du, ich... ich kann dir doch so wenig bieten. Darum habe ich beschlossen, dir... statt dessen... bei der Arbeit zu helfen.«
    »Im Geschäft verkaufen, also?«
    »Nein, das gerade nicht. Ich habe ja meine Vorlesungen im St. Swithin. Obwohl ich es gern täte. Es muß herrlich sein, mit all diesen entzückenden und wertvollen Dingen zu tun zu haben. Aber ich dachte,
    ich könnte dir mit Einführungen bei wichtigen Kunden helfen.«
    Alberts Interesse war geweckt. Er war ein unternehmungslustiger junger Mann mit bewundernswertem Scharfsinn für günstige Gelegenheiten, die sich in seinem tristen Leben hin und wieder boten.
    Sie kramte in ihrer Handtasche und reichte ihm eine Visitenkarte. Er stellte sein Bier nieder und studierte sie eingehend. Darauf stand:

    Dr. Lionel Lychfield, D. Sc., M. D., F. R. C. P.
    164 Grace Gardens,
    N. W. 1
    01-4673128

    »Könnte nützlich sein!« Langsam drehte er sie um.
    »Du könntest sie den Leuten zeigen, weißt du«, sagte sie atemlos. »Und sie werden glauben, er hätte dich persönlich rekommandiert, um ihnen Antiquitäten zu verkaufen.«
    »Sie werden mir vielleicht nicht glauben.«
    »Warum nicht?«
    »Weil...« Er kratzte sich wieder. »Schau, Schatz, es wäre besser gewesen, er hätte eine unterschriebene Empfehlung draufgesetzt.«
    »Ich glaube nicht, daß ich ihn dazu bringen kann«, sagte sie zweifelnd.
    »Wer soll schon wen zu >was bringen«?« Er lachte. »Schreib’s doch selbst!«
    »Oh, aber das wäre doch nicht recht von mir?«
    Er nahm einen Schluck. »Was ist schon dabei, wenn’s niemand erfährt.«
    Muriel zog ihren Kugelschreiber heraus. Sie schrieb auf die Karte: »Dient zur Einführung von Mr. Albert Duttle (Antiquitätenfachmann), der sehr zuverlässig ist. L. Lychfield.«
    »Da hast du.« Sie gab sie ihm entzückt zurück. Nun, da die Tat einmal begangen war, wollte sie sich nur noch seiner Billigung erfreuen.
    »Ha«, sagte er und ließ die Karte in die Hintertasche seiner Jeans gleiten.
    »Bei wem wirst du sie ausprobieren, Liebster?«
    »Das ist eben die Frage. Kennst du wen, der an erstklassigen Antiquitäten interessiert wäre?«
    »Die Freunde von Papa und Mama kommen nicht in Frage, denn sie würden ihn natürlich anrufen, und alles käme heraus. Dasselbe wär’s mit allen Ärzten vom Spital.« Sie nippte nachdenklich an ihrem Bier.

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