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Fingermanns Rache

Fingermanns Rache

Titel: Fingermanns Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christof Weiglein
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bereits zweimal aus der Fassung gebracht, das war bisher nur seiner Tochter gelungen. Woher der Obdachlose nur die Informationen über Maike hatte? Woher wusste er so gut über seine Familie Bescheid? Fragen, die Schorten möglichst schnell geklärt haben wollte. Das Ganze beunruhigte ihn sehr, und es kränkte ihn. Eines war sicher. Wenn dieser Fall vom Tisch war, würde Arndt der Stadt nicht mehr zur Last fallen. Dafür würde er persönlich sorgen.
    Schorten stellte das Radio an, doch die Musik hatte nicht die erhoffte Wirkung, vielmehr verstärkte sie seine Unruhe. Also stellte er das Radio wieder aus. Dass dieser Penner ihm dermaßen zusetzte, machte das Ganze noch schlimmer. Schorten dachte an seine Frau, seine Ehe. Beinahe fünfundzwanzig Jahre war er jetzt mit Cordula verheiratet. Es war eine gute, eine partnerschaftliche Ehe. Jeder hatte seinen Platz, jeder hatte seine Freiheiten und seine Pflichten. Es war alles geklärt, es herrschte Ordnung. Cordula arbeitete halbtags, danach konnte sie ihren Tag einteilen, wie sie wollte – das war ihre Freiheit. Ihre Pflicht lag darin, ihm das Alltagsgeschäft abzunehmen. Alles, was den Haushalt betraf, war ihre Sache – die einfachen Arbeiten lagen Schorten nicht.
    Schorten öffnete das Fenster und kramte in der Mittelkonsole nach Zigaretten. Rauchen war ein Laster, dem er in Stresssituationen allzu oft nachkam. Den Zigarettenanzünder drücken und den Aschenbecher öffnen war eine Handlung. Aus dem Aschenbecher quollen alte Kippen, und der Luftzug verteilte Asche im Fußraum. Schorten fluchte. Schon wieder war Cordula ihrer Pflicht nicht nachgekommen. Das Auto war eindeutig ihr Bereich. Sie wurde zusehends nachlässiger. Verärgert schloss er den Aschenbecher wieder. Er atmete tief durch. Er durfte nicht zu streng sein. Auch er hatte seine Fehler. Eine Partnerschaft basierte auf Rücksichtnahme und Verständnis. Sie hatte es einfach übersehen, so was konnte schon mal passieren. Er würde mit ihr darüber reden, und das Problem würde sich in Luft auflösen, so einfach war das.
    Um den Nikotingenuss gebracht und deshalb noch immer angespannt, bog Schorten in die Einfahrt zu seiner großzügigen Doppelhaushälfte. Hohe Hecken schützten vor Lärm und neugierigen Blicken. Wie immer hielt er kurz vor der Garage an und spähte in die Küche. Cordula war gerade dabei, das Abendessen aufzuwärmen. Er hatte sie vom Auto aus angerufen. Das warme Küchenlicht, das einen Teil der Terrasse erhellte, brachte endlich die lang ersehnte Ruhe. Gleich würde Cordula fragen, wie sein Tag gewesen war. Er würde über Belanglosigkeiten berichten und die Aschenbechergeschichte außer Acht lassen; dafür war morgen auch noch Zeit. Dann würden sie zusammen essen und, bevor sie ins Bett gingen, noch die Abendnachrichten anschauen. Alles war so, wie es sein sollte.

Tromptow eins
    Das rote Licht erhellte Fabians Gesicht nur kurz, dann wurde es wieder dunkel. Fabian zählte bis fünf, und wieder leuchtete es auf. Die entfernten Schritte hallten dumpf und wurden allmählich lauter.
    Fabian begann zu schwitzen. Sein Schweiß tropfte in die ölige Pfütze zu seinen Füßen. Mit jedem Schritt, den er vernahm, sank sein Mut. Er wollte sich dem Entführer, den er Loki nennen musste, stellen. Er wollte der Qual ein Ende bereiten. Wenn aber die Bestrafung schlimmer als das bisher Erlebte war, wenn auf die Drohungen Taten folgten?
    Seine Hand zitterte, als er nach dem Sack griff und ihn sich über den Kopf zog. Die Angst hatte gesiegt. Fabian kniete nieder und senkte seinen Kopf. Die Vorrichtung rastete ein. Doch zu früh, er hatte die Handschellen vergessen. Fabian versuchte, die Vorrichtung zu entriegeln, seine Hände zerrten unbeholfen an dem Stift und bewirkten nichts. Die Schritte waren nun vor der Tür, der Schlüssel wurde gedreht, Loki trat ein.
    »Angst ist ein schlechter Berater, Fabian.«
    Kaltes Metall glitt an Fabians Fingern entlang – seine Hand zuckte.
    »Es ist unheimlich, weil du es nicht siehst.«
    Die sanfte Stimme des Entführers peinigte ihn. Fabians Atem ging schneller.
    »Warum lassen Sie mich nicht in Ruhe?«
    »Du hast die Regeln gebrochen.«
    »Sie haben gesagt, dass ich allein entscheide.«
    »So ist es. Und du hast dich für die Regeln entschieden, jedoch nur halbherzig. Das ist typisch für dich. Dein ganzes Leben besteht aus einer Anhäufung von faulen Kompromissen. Deine Furcht vor Entscheidungen verbaut dir den Weg in die Freiheit. Es ist an der Zeit, dich zu

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