Fingermanns Rache
Staatsanwältin.«
»Dann sehen Sie es mal so, Herr Kriminaldirektor. Sie müssen die Abteilung aufgrund der Umstände so oder so aufstocken. Da empfiehlt sich doch eine gestandene Person, die Erfahrung hat – wenn ich schon allein an den Presseaufmarsch denke.«
Sandt überlegte kurz und musste sich eingestehen, dass Renschs Argumente nicht von der Hand zu weisen waren. Widerwillig sagte er: »Sie haben nicht ganz unrecht. Hauptkommissar Illsen würde sich anbieten.«
»Peter Illsen? Auch ziemlich jung, aber sehr durchsetzungsfähig. Der könnte sich hier bewähren. Meine Zustimmung haben Sie.«
»Die brauche ich nicht.«
»Na, wenn Sie sich da mal nicht irren.«
Sandt blickte auf Rensch hinab, die ihn so lange fixierte, bis er die Augen senkte. Seit sie als Kandidatin für den Posten des Oberstaatsanwalts gehandelt wurde, war sie ihm noch unangenehmer geworden. Ein Klopfen an der Tür ließ Rensch herumfahren. Die Frau stand immer unter Strom. »Herein!«, plärrte sie.
Marion und Mendel betraten das Büro. Sandt bot ihnen einen Platz an und sprach sein Beileid aus. Rensch nickte nur knapp. Dann berichtete Sandt von der neuen Sachlage.
»Für den heutigen Tag übernehmen Sie die Leitung«, sagte er zu Marion. »Ab morgen wird Hauptkommissar Illsen Herrn Schorten vertreten, außerdem bekommen Sie noch eine weitere Verstärkung, damit Ihr Team wieder vollständig ist.«
»Das ist alles etwas viel auf einmal«, entgegnete Marion. »Ich kann kaum glauben, dass Schorten den Fall abgegeben hat.«
»Ist aber leider so. Wir müssen jetzt schauen, dass wir trotz der widrigen Umstände einen kühlen Kopf bewahren.« Sandt machte eine kurze Pause, dann fuhr er fort: »Der Tod eines Kollegen ist immer schwer zu verkraften. Privat wie auch beruflich. Wenn ein Polizist ermordet wird, ist das ein direkter Angriff gegen den Staat, deshalb werden wir alles daran setzen, diesen Mord aufzuklären. Das heißt, dass ich auch eine Sonderkommission in Betracht ziehe. Vorerst verbleiben wir aber wie eben besprochen. Um die Presse kümmern sich Frau Rensch und ich.«
Es fiel Marion schwer, ihre Enttäuschung zu verheimlichen. Möglichst gelassen sagte sie: »Ich bin durchaus bereit, Verantwortung zu übernehmen. Schorten hat mir stets vertraut.«
Sandt entgegnete: »Ihre Chance kommt noch, Frau Tesic. Ich glaube, diese Sache ist noch ein bisschen zu groß.«
»Das glaube ich auch«, meldete sich Rensch zu Wort. »Es wird Zeit, dass hier ein bisschen Zug dahinterkommt. Gerade auch in Bezug auf den Entführungsfall. Dass hier eine Verbindung zum Mordfall Bakker besteht, wird jedem klar sein, der Zeitung liest. Und das sind nicht wenige, Frau Tesic.«
Die Staatsanwältin hat offensichtlich ein Problem mit mir, dachte Marion. Warum nur? Bisher hatte ich kaum mit ihr zu tun.
Um die Situation nicht weiter zu verschärfen, sagte sie ruhig: »Die Problematik ist mir durchaus bewusst, Frau Rensch. Über den Tod Bakkers wird schon in den Nachrichten berichtet, und die Leute vom BERLINER TAGESGESCHEHEN werden bald eins und eins zusammenzählen und ihren Vorteil gegenüber der Konkurrenz nutzen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Öffentlichkeit über alles Bescheid weiß. Diese Entwicklung können wir nicht aufhalten. Was wir machen können, ist, das Geschehene zu bewerten und die richtigen Fragen zu stellen.«
Marion konzentrierte sich kurz und begann dann aufzuzählen: »Erstens: Warum sollte der Entführer am Tod Bakkers interessiert sein? Zweitens: Der Mord muss von langer Hand geplant worden sein. Es muss Helfer geben, wer sind diese? Drittens: Hat Wilbur Arndt etwas damit zu tun? Viertens: Wie kann der Entführer wissen, dass Hauptkommissar Schorten den Fall abgibt? Und wie kann er wissen, dass ich nicht mit der Leitung betraut werde?«
»Das trifft Sie schwer, nicht wahr? Aber glauben Sie mir, wir alle wollen für Sie nur das Beste.« Ein entlarvendes Lächeln huschte über Renschs Gesicht. »Und Ihre Fragen sind natürlich nicht neu; mit ein bisschen Sachverstand stellen die sich ja von selbst.« Wieder dieses Lächeln, dann fuhr Rensch fort: »Da Sie noch recht unerfahren sind und wir uns keine weitere Verzögerung leisten können, rate ich Ihnen, zuerst mit Herrn Arndt zu sprechen.«
Als Nächstes erklärt sie mir, wie man mit Messer und Gabel isst, dachte Marion wütend. Mühsam beherrscht fragte sie: »Sitzt er in U-Haft?«
»Nein. Für eine Verhaftung hatten wir keine Beweise. Alles, was er geschrieben hat, war
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