Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
kommen.
„Wir sollten zuerst zu dem Haus von Jacobs Eltern gehen“, schlug Finn schließlich bedrückt vor. „Wir brauchen einfach mehr Hinweise. Wer sind diese Feinde, von denen unsere Eltern da gesprochen haben? Bestimmt sind sie es, bei denen Jacob jetzt ist.“
„Hoffentlich tun sie ihm nichts.“ Tom wurde blass bei dem Gedanken, so dass seine Sommersprossen noch deutlicher hervortraten. „Ich gebe ja zu, erst mochte ich ihn nicht so, aber inzwischen ist er doch ein richtig guter Freund geworden. Und unser Bruder ist er ja sowieso.“
„Ich glaube, er war einfach nur erschrocken, als sich herausstellte, dass seine Eltern gar nicht seine richtigen Eltern sind“, sagte Finn nachdenklich. „Komm, lass uns das Haus suchen.
Eine Weile liefen sie die Straßen entlang, bogen mal hier und mal dort ab. Sie kannten sich nicht annähernd so gut aus wie Jacob, da sie ja erst einmal im Haus seiner Eltern gewesen waren. Schließlich fanden sie aber ein Gebäude, das ihnen bekannt vorkam.
„Guck mal, das ist doch Jacobs Schule!“, rief Tom. Tatsächlich erkannten sie das langgestreckte, niedrige Haus wieder, wenn es sich auch ziemlich verändert hatte. Ganz offensichtlich war es keine Schule mehr, sondern zu einem Wohnhaus umgebaut worden. Der ehemalige kleine Schulhof war mit allerlei Bäumen und Büschen bepflanzt worden, und die Sprossenfenster hatten großen Fenstern mit weißen Rahmen weichen müssen. Dafür sahen aber die roten Backsteine älter und verwitterter aus. Finn hatte das eigenartige Gefühl, als sei ein Kind, das er vor ein paar Tagen noch auf der Straße spielend gesehen hatte, plötzlich über Nacht in seinen eigenen Großvater verwandelt worden.
„Komm, lass uns gehen“, sagte er unbehaglich zu seinem Bruder.
Sie erinnerten sich an den Weg von der Schule zu dem Haus von Jacobs Eltern, und so gingen sie schweigend und tief in Gedanken versunken die Straße entlang.
„Da vorne ist es, oder?“, fragte Tom plötzlich. Finn warf einen Blick nach vorne.
„Bist du sicher?“, fragte er. „Es sieht ganz anders aus.“
Verwirrt blieben die Jungen stehen. Tatsächlich hatte das Haus auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit dem Haus, in dem Jacob aufgewachsen war, aber es gab keine lange Auffahrt vor dem Eingang, die vordere Mauer war verschwunden und ebenso der Stall hinter dem Gebäude. Stattdessen schien der Vorgarten merkwürdig klein geworden zu sein.
Finn blickte die Straße auf und ab.
„Ich glaube, du hast Recht“, sagte er nachdenklich. „Sie scheinen die Straße breiter gebaut zu haben. Dafür sind die Gärten kleiner geworden. Und den Stall hat man vermutlich abgerissen. Er wurde ja eigentlich schon vor achtzig Jahren nicht mehr gebraucht.“
Tom runzelte die Stirn. „Ich habe mich schon vor achtzig Jahren nicht hinein getraut“, sagte er missmutig. „Und das hat sich überhaupt nicht geändert. Was wollen wir denn sagen? Entschuldigen Sie, wir suchen unsere Eltern, wohnen die vielleicht hier?“
Finn musste bei dieser Vorstellung kichern. „Ja, und dann müssen wir denen noch sagen, tut uns leid, Mutti und Vati, wir sind inzwischen Drillinge!“
Tom verdrehte die Augen, aber sein Mundwinkel zuckte. „Hoffentlich können die uns wenigstens helfen, Jacob wieder zu finden.“ Er schwieg einen Moment. „Ob Jacob wohl Angst hat?“, fragte er dann leise. Nachdenklich blickte er die Straße hinunter - und riss die Augen auf. „Was ist das denn?“, rief er. Ein Auto kam in unglaublicher Geschwindigkeit die Straße entlang gerast, aber es war keins, wie sie es bisher gesehen hatten. Dieses war feuerrot und sah ziemlich… nun ja, platt aus.
Auch Finn machte große Augen. „In so einem Auto kann man sicher nur im Liegen fahren“, stotterte er. Fassungslos sahen die Jungen dem Gefährt zu, wie es an ihnen vorbei sauste. Etwa zwanzig Meter von ihnen entfernt hielt es jedoch mit quietschenden Reifen und begann mit beinahe der gleichen Geschwindigkeit rückwärts zu fahren, bis es auf einer Höhe mit ihnen war. Dort stoppte es abrupt, und die Tür öffnete sich. Ein Mann sprang heraus, schon etwas älter und mit weißem, lockigem Haar und einem ebenfalls weißen, gekräuselten Spitzbart. Er trug ganz ähnliche Kleidung wie sie selber, blaue Hosen und Stoffschuhe, dazu aber eine Jacke, die eher wie ein langer Gehrock aussah als wie eine der Jacken, wie sie heutzutage getragen wurden. Auf der Nase hatte er eine riesige Sonnenbrille, die er jetzt abnahm, bevor er sich hektisch
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