Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
Auto entführt worden“, erklärte Finn.
„Du meinst, gekidnappt?“ Das Mädchen sah ihn mit großen Augen durch die Brillengläser hindurch an.
„Ähm… ich weiß nicht, was das ist“, gab Finn zu.
„Entführt“, seufzte das Mädchen und warf sich auf den roten Sessel. „Übrigens, ich heiße Angelika!“
„Ähm… sehr erfreut“, antwortete Finn. Tom sagte gar nichts, sondern betrachtete das Mädchen genauer.
„Und wer“, sagte er plötzlich, „fährt hier einen grünen Wagen? Du weiß es doch!“ Angelika schüttelte betrübt den Kopf.
„Klar weiß ich das“, sagte sie. „Meine Eltern fahren einen. Sonst eigentlich keiner. Die Farbe ist ja auch wirklich scheußlich.“
Sprachlos starrten sie einander an. Tom fasste sich als erstes.
„Warum, glaubst du, könnten deine Eltern unseren Bruder entführt haben?“, fragte er.
„Gekidnappt“, berichtigte Angelika. „Keine Ahnung, was sie mit einem zweiten Kind anfangen sollten. Sie finden ja schon das eine, das sie haben, ziemlich überflüssig.“
„Meinst du das wirklich?“, fragte Finn sanft.
„Ach, weißt du, sie haben nie Zeit für mich“, erklärte Angelika frustriert. „Sie sind sehr bekannte Physiker. Dauernd sind sie auf irgendwelchen Tagungen, schleppen mich von einem Hotel ins nächste und von einer Stadt in die andere und lassen mich dann allein. Natürlich nur in den Ferien“, setzte sie hinzu.
„Und in der Schulzeit?“, wollte Finn wissen.
„Da kümmert sich unsere Haushälterin um mich. Die ist ganz nett. Aber manchmal fehlen mir meine Eltern wirklich. Ich würde gerne mal was mit ihnen unternehmen oder so.“ Sie kniff die Augen zusammen. „Vielleicht hat euer Bruder ja etwas angestellt und sie haben ihn deshalb gekidnappt?“, fragte sie misstrauisch.
„Ich weiß nicht, was er in den wenigen Minuten angestellt haben kann, in denen wir ihn allein gelassen haben, aber es ist doch bestimmt auch heutzutage nicht üblich, dass man Kinder gleich kid… kidnappt, nur weil sie etwas angestellt haben, oder?“, warf Tom ein, wobei er ein wenig über das ungewohnte Wort stolperte.
„Ha!“, schrie das Mädchen. „Wusste ich’s doch, dass ihr aus einer anderen Zeit kommt!“
Die Jungen sahen sich erschrocken an.
„So ein Blödsinn“, sagte Finn schnell. „Man kann doch gar nicht aus einer anderen Zeit kommen. Wie soll denn das gehen?“ Eigensinnig verschränkte Angelika die Arme vor der Brust. „Klar geht das“, sagte sie. „Genau darum geht ja die Forschung meiner Eltern. Ich habe sie manchmal belauscht. Anscheinend sind Zeitsprünge durchaus möglich und…“ Erschrocken hielt sie inne.
„…und dafür wollten sie unseren Bruder haben“, beendete Finn leise den Satz für sie.
„Aber woher können sie das gewusst haben?“, fragte Tom. „Wir sehen doch genauso aus wie die heutigen Kinder?“
„Vielleicht hat er sich mit irgend etwas verraten?“, grübelte Finn.
„Ich glaube nicht“, sagte Angelika langsam und traurig. „Meine Eltern haben ein Gerät entwickelt, mit dem man Strudel in der Zeit messen kann. Vor vielen Jahren, noch bevor ich geboren war, stießen sie auf dieses Phänomen und fingen an zu forschen. Aber es scheint, dass es zehn Jahre lang keine Zeitstrudel gab. Und jetzt seid ihr hier – vielleicht haben sie irgend etwas mit ihrem Gerät gemessen?“
„Zeitstrudel?“, fragte Finn verblüfft.
„Ich habe manchmal mitbekommen, wie sie sich unterhalten haben“, gab Angelika zu. „Es scheint so zu sein, dass die Zeit manchmal nicht gerade und glatt verläuft, sondern irgendetwas wie in einem Wasserstrudel aus der Zeit verschwindet oder wieder auftaucht, versteht ihr?“
„Nein“, sagte Tom und runzelte die Stirn. Angelika sah ihn nachdenklich an. „Hast Du schon einmal gesehen, wie Wasser durch einen Abfluss läuft?“, fragte sie ihn. Tom nickte. „Wenn ich meine Eltern richtig verstanden habe, ist Zeit normalerweise wie eine glatte Wasseroberfläche. Vor ungefähr zehn Jahren entdeckten meine Eltern dann aber, dass die Zeit eben manchmal nicht ganz glatt verläuft, sondern etwas entstand, das wohl so ähnlich aussah, als hätte jemand einen Stöpsel gezogen. Sie fingen an zu forschen… sie sind Physiker, sagte ich das schon? Jedenfalls kamen sie diesen Strudeln bald auf die Schliche. Offenbar entstanden diese Zeitstrudel, wenn jemand in der Zeit hin- und her sprang. Wie es aussieht waren sie kurz davor, das Geheimnis zu lösen, als die Strudel plötzlich
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