Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
verschwanden.“ Nachdenklich blickte das Mädchen auf den Boden. „Sie hatten wohl gehofft, mit ihren Forschungen die Welt zu revolutionieren, Preise zu gewinnen, was weiß ich. Aber plötzlich war da nichts mehr.“ Angelika blickte auf und sah die Jungen durch ihre Brillengläser hindurch an. „Und dann, vor zwei Tagen, gab es wieder einen Zeitstrudel. Hier, in diesem Ort. Sie haben mich einfach eingepackt – obwohl ich noch Schule hatte! – und sind hierher gefahren. Und seitdem düsen sie in der Gegend herum und kümmern sich nicht um mich. Aber ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass sie euren Bruder entführt haben!“
Die Jungen hatten Angelika mit großen Augen zugehört. Bei ihrem letzten Satz sahen sie sich jedoch verstört an.
„Himmel, wir müssen Jacob finden!“, sagte Tom. Finn hatte sich schon Angelika zugewandt.
„Angelika, sind deine Eltern jetzt da?“, fragte er ruhig.
„Vorhin waren sie da“, sagte Angelika. „Aber vor ungefähr einer halben Stunde sind sie wieder weg gefahren.“
„Und sie schlafen in einem anderen Raum als du?“, forschte Finn.
„Ja, sie haben ein Zimmer am Ende des Flures“, bestätigte das Mädchen.
„Meinst du, wir könnten einmal rein gucken?“
Angelika sah ihn nachdenklich an. „Wenn sie wirklich euren Bruder gekidnappt haben, dann ist das nicht in Ordnung“, sagte sie leise. „Wir können zumindest nachsehen.“ Sie stand auf und strich sich ein paar Krümel von der Kleidung. Finn fiel erst jetzt auf, dass sie nicht etwa einen Rock trug wie die Mädchen aus ihrer Zeit, sondern Hosen, die genauso aussahen wie die Hosen, die seine Brüder und er trugen. Angelika ging zur Tür und öffnete sie leise. Schnell sah sie sich im Flur um, bevor sie den Jungen bedeutete, ihr zu folgen. Leise huschten die drei Kinder den Gang entlang bis zur Zimmernummer siebzehn. Angelika drückte leise die Klinke hinunter, aber das Zimmer war abgeschlossen.
„Elender Scheißdreck“, entfuhr es Angelika. Die Jungen sahen sie mit großen Augen an. „Was?“, schnauzte sie die beiden ungeduldig an.
„So etwas darfst du sagen?“, fragte Finn fassungslos.
„Solange meine Eltern es nicht hören“, sagte Angelika.
„Pst!“ Tom hatte inzwischen sein Ohr an die Tür gelegt. „Ich glaube, da ist etwas!“ Die anderen taten es ihm nach.
„Ich denke, du hast recht“, sagte Angelika nachdenklich. „Irgendetwas scharrt da drinnen herum. Wartet einen Moment.“ Sie schlich sich zur Tür von Zimmer vierzehn, klappte einmal laut damit und rannte dann mit viel Lärm die Treppe hinunter.
„Hallo Alfons“, hörten die Jungen sie rufen. „Meine Eltern haben meinen Föhn in ihrem Zimmer und sind weg gefahren. Könnten Sie mir bitten kurz den Ersatzschlüssel geben?“
Man hörte Alfons etwas Unverständliches murmeln, dann rief Angelika laut „danke“ und rannte die Treppe wieder hoch. Schnell kam sie zu den Jungen gelaufen und schob den Schlüssel ins Schlüsselloch. Und eine Sekunde später war die Tür offen.
„Jacob!“ Erschrocken rannte Finn zu seinem Bruder. Man hatte Jacob auf einem Stuhl gefesselt und ihm einen Knebel in den Mund gesteckt. Das einzige Geräusch, zu dem er fähig war, war ein leichtes Scharren mit den Füßen, und eben das hatte er die ganze Zeit von sich gegeben. Schnell zog ihm Finn den Knebel aus dem Mund, bevor er sich an den Knoten an den Handgelenken zu schaffen machte. Tom riss derweil schon an den Fesseln an Toms Füßen.
„Angelika, schnell, hol ein Messer“, rief er. Das Mädchen hatte ihnen wie erstarrt zugesehen. Jetzt kam Bewegung in sie. Sie drehte sich auf dem Absatz herum, lief durch die Tür und warf sie zu. Keine Sekunde später hörten die Jungen, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Sofort sprang Tom auf, rannte zur Tür und rüttelte an der Klinke. Tatsächlich, das Mädchen hatte sie eingeschlossen.
„So ein Biest“, zischte Tom.
„Wer war das denn?“, fragte Jacob mit rauer Stimme und hustete.
„Sie ist die Tochter des Paares, das dich gekidnappt hat“, erklärte Finn, während er an den Stricken herum pulte. Es schien ihm, als ob einer der Knoten sich ein wenig lockerte.
„Und dann habt ihr dem Mädchen vertraut?“, fragte Jacob entsetzt. „Und was heißt eigentlich gekidnappt?“
„Entführt. Sagen die heutzutage so.“ Auch Tom hatte sich wieder seinem Bruder zugewandt und zerrte mit verbissenem Gesichtsausdruck an den Fesseln. „Und warum sollten wir ihr nicht
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