Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
– aber einer, der keine Kälte verbreitete, sondern es in ihm warm und fröhlich werden ließ.
Auch die anderen Jungen schienen sofort wacher und fröhlicher zu werden, kaum dass Lucy die Küche betreten hatte.
„Ich bin sie losgeworden!“, strahlte sie. „Die beiden hatten sich doch an meine Füße geheftet, und ich musste so tun, als merke ich es nicht, sie gleichzeitig aber irgendwie abschütteln.
Die Schmidts“, erklärte sie auf die verdutzten Gesichter der drei anderen Jungen hin. „Habt ihr denn noch gar nichts erzählt?“
Sofort hob heftiges Stimmengewirr an. Die drei Jungen wollten alles ganz genau wissen und fühlten sich ein wenig übergangen, weil Tom und Finn ihre Abenteuer für sich behalten hatten. Schließlich holte Finn den Umschlag mit den geheimnisvollen Papieren unter seinem Kleiderbündel hervor aus dem Salon und brachte ihn in die Küche.
„Wollen wir jetzt?“, fragte er nachdenklich. Eigentlich wäre es ihm fast lieber gewesen, die Papiere nur mit seinem Bruder zusammen anzusehen. Aber sie waren eine Gemeinschaft, Freunde, und alle hatten das gleiche Recht, an dem Abenteuer beteiligt zu werden – wenn es denn eins war.
Mit großen Augen starrten die Kinder auf den Umschlag, nur Justus hätte ganz offensichtlich lieber zuerst gegessen, verzichtete aber auf einen strengen Blick von Lucy hin auf weitere Einwände.
Schließlich öffnete Finn vorsichtig den Umschlag und zog einige wenige Papierbögen heraus und legte sie vor sich auf den Boden.
Erstaunt betrachtete er das obere Blatt. Er war sich nicht sicher, was er erwartet hatte, aber wohl kaum eine Zeichnung. Auf dem Blatt waren Menschen abgebildet, die gemeinsam um etwas herumstanden, was wie ein riesiges Gesicht aussah. Einer der Menschen – eine Frau, wie es aussah – hatte die Hände zu dem Gesicht erhoben während die anderen, Männer und Frauen, eher abwartend daneben zu stehen schienen. Etwas an dem großen Gesicht schien Finn merkwürdig. Mitten auf der Stirn befand sich etwas, das wie ein drittes Auge aussah. Finn hob das Papier an und befühlte es. Es schien ihm alt zu sein, vergilbt und leicht brüchig; als er es leicht zwischen den Fingern rieb, bemerkte er, dass die Ränder zerbröselten. Vorsichtig legte er das Blatt zur Seite, um den nächsten Bogen in Augenschein zu nehmen. Dieser war ganz offensichtlich aus neuerem Papier. Etwas war mit der Hand darauf geschrieben, aber die Buchstaben sahen eigenartig aus, nicht wie die, die Finn in der Schule gelernt hatte. Einige erkannte er, andere kamen ihm seltsam fremd vor.
Finn wurde plötzlich bewusst, dass Tom neben ihm saß und das Blatt nur seitlich sehen konnte, also schob er es ihm hinüber. Tom warf einen kurzen Blick darauf und wurde dann rot.
Ich Dummkopf, schalt sich Finn in Gedanken, er kann doch kaum lesen!
„Guck mal, wie unterschiedlich das Papier aussieht“, sagte er hastig. „Es ist mit Sicherheit nicht von denselben Leuten geschrieben oder gemalt worden!“
„Es ist schwer zu lesen“, sagte Rudolf leise, aber ich könnte es hinbekommen.“
Mit einem fragenden Blick auf Finn streckte er die Hand nach dem Blatt aus.
„Warte noch kurz“, schlug Finn vor. „Hier ist noch ein Blatt Papier“.
Das letzte Papier war klein, aus hellem, leicht gelblichem Papier, wie Finn es aus der Schule kannte. Tatsächlich sah es aus, als sei es aus einem Schulheft herausgerissen worden. Auch die Schrift war gut zu lesen; es war Sütterlin, wie Finn es selber in der Schule gelernt hatte und wie er es auch immer schrieb.
Finn warf einen verstohlenen Blick auf seinen Bruder und hob dann das Blatt hoch.
„Ich werde es vorlesen“, sagte er, demonstrativ auf den kleinen Mark blickend, der ja bestimmt noch nicht lesen konnte. Mark lächelte; er schien mit der Erklärung völlig zufrieden.
Finn räusperte sich. Ein wenig kam er sich vor wie in der Schule, wenn er einen Aufsatz vorlesen musste. Nur, dass dieses hier kein Aufsatz war, sondern ein Gedicht.
Auf dem Zettel stand:
Es heilet den Kristall der Zeit
Der Wächter Sohn Dreieinigkeit
Und reist wie es ihm ist bestimmt
Wenn er das Lied zur Hilfe nimmt
Finn ließ das Blatt sinken und sah Tom an. Die anderen Kinder nahm er kaum wahr, nur die Augen seines Bruders sah er, die ihn ebenso verständnislos ansahen, wie er sich selber fühlte.
„Also, wenn das das Geheimnis unserer Familie sein soll, dann kann ich nicht allzu viel damit anfangen“, murmelte Tom.
„Immerhin kommt da ein Sohn
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