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Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)

Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)

Titel: Finn und der Kristall der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Konrad
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zwei Fingern und höchst widerwillig, ehe sie sich zurück ins Haus stahlen. Dort nahmen sie die Stofftasche, in die sie ein paar Stücke Brot als Wegzehrung legten. Der Tag würde lang und anstrengend werden, das wussten sie. Als sie leise aus dem Haus gingen, winkte Lucy ihnen zu. Sie selber würde erst später in das Haus ihrer Mutter gehen können, dann, wenn die Sonne aufgegangen war, und die Mutter ihre Besorgungen zu erledigen hatte oder ihrer Arbeit nachging – von Zeit zu Zeit, so hatte sie Finn erzählt, putzte sie die Wohnungen reicher Leute und verdiente sich so ein bisschen Geld dazu. Lucy hätte, wie sie sagte, auch gerne die Wohnungen reicher Leute geputzt und dafür Geld bekommen, aber niemand stellte ein Kind ein. Und so musste sie wohl oder übel noch ein wenig wachsen.
     
    Das erste Stück des Weges ging es quer durch die Stadt, und die Jungen legten es verschlafen und beinahe schweigend zurück. Es war noch dunkel und recht kalt, und so fiel ihnen nichts zu erzählen ein. Schließlich erreichten sie den Stadtrand und liefen nun eine schnurgerade Allee entlang. Hier gab es kaum noch Häuser, nur ab und zu sah man in der Ferne ein einsames Bauerngehöft.  Einmal fuhr eine Kutsche, beladen mit Waren, in Richtung Burgfeld an ihnen vorbei, und Finn dachte, dass wohl heute Markttag war. Er hätte gerne gerufen und gefragt, ob der Kutscher sie ein Stück mitnehmen könne, aber Tom hatte ihn schnell in den Straßengraben gezogen, so dass der Kutscher sie nicht zu sehen bekam.
    „Was meinst du“, zischte er Finn zu, „wie er reagieren würde, wenn er zwei Jungen mitnehmen soll, die noch jung genug sind, um eigentlich brav bei Mama und Papa zuhause im Bett zu liegen.“
Finn prustete los.
    „Hast ja recht“, sagte er. „Aber vielleicht können wir auf dem Rückweg jemanden finden, der uns mitnimmt?“
    „Wir versuchen es“, versprach Tom, während die beiden wieder aus dem Straßengraben kletterten.
    Langsam ging die Sonne auf, und es wurde etwas wärmer.
    Den Weg von Hohenstadt  nach Burgfeld zu laufen, machte Finn zusammen mit seinem Bruder wirklich Spaß. Sie begannen, sich kleine Erinnerungen aus ihrem Leben zu erzählen und merkten kaum, wie die Zeit verging.
    Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel, und zu Finns Überraschung sah er in der Ferne plötzlich die ersten Häuser von Burgfeld auftauchen. Er machte seinen Bruder darauf aufmerksam.
    „Und, was wollen wir jetzt zuerst tun?“, fragte Tom gespannt. Burgfeld war Finns Revier, und hier überließ er sich der Führung seines Bruders.
    „Am besten besuchen wir zuerst den alten Wilhelm“, schlug Finn vor. „Der wird wohl ziemlich müde sein, wenn er die Nacht durch gewacht hat. Aber eigentlich ist er ein Netter.“
    Es kam Finn merkwürdig vor, durch die Straßen von Burgfeld zu laufen. Bis vor wenigen Tagen noch war dies seine Stadt gewesen, sein Zuhause, von dem er jeden Winkel kannte. Und nun, nur so kurze Zeit danach, schien sie ihm beinahe fremd geworden zu sein. Ein ganzes Leben lag dazwischen; es war so vieles passiert.
    Finn führte Tom durch die kleinen Seitenstraßen, da er befürchtete, erkannt zu werden und viele Fragen beantworten zu müssen, wenn er in Begleitung seines Bruder auftauchte – Fragen, die er selber noch nicht beantworten konnte. Außerdem setzte dich der Gedanke immer hartnäckiger in seinem Kopf fest, dass es von Vorteil sein mochte, wenn die Schmidts gar nichts von seinem Bruder erfuhren. Sie schienen nur einen Jungen gesucht zu haben, von einem zweiten hatte er sie nie sprechen gehört. Welcher von ihnen es auch war, der das geheimnisvolle „Etwas“ besaß – ob es Toms Stein war oder vielleicht etwas ganz anderes, das sich im Besitz von Finn befunden hatte – es war möglicherweise gut, dem Paar einen Schritt voraus zu sein.
    Nachdem die Jungen darüber beratschlagt hatten, beschlossen sie dennoch, beide zu dem alten Wilhelm zu gehen. Zu zweit mochte es einfacher sein, Informationen aus ihm heraus zu bekommen – wenn es denn welche gab.
     
    Das Armenhaus stand ganz am Stadtrand von Burgfeld, da, wo schon die Felder der Bauern begannen. Der alte Wilhelm wohnte dort mit seiner erwachsenen Tochter, die Anna hieß.  Als Finn und Tom vor dem kleinen Grundstück standen, auf dem sich das Armenhaus befand, stand Anna im Garten und hängte Wäsche auf; gerade befestigte sie den alten Armeemantel ihres Vaters an der Leine, den der Alte bei Kälte stets trug. Daneben flatterte bereits ein

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