Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
teil zu nehmen.
Und so wanderten alle Kinder zusammen zu Lucys Haus, wobei sie sich eifrig unterhielten. So kam es, dass sie zu wenig auf ihre Umgebung achteten. Erst als plötzlich eine große, dunkle Gestalt ihnen in den Weg trat, schraken sie auf.
Überrascht blickte Finn den Polizisten vor ihnen an, der eine Hand auf seine Schulter legte.
„Wie kann es sein“, fragte der Mann streng, „dass Kinder wie ihr um diese Uhrzeit auf der Straße herumlaufen? Solltet ihr nicht im Nachmittagsunterricht in der Schule sein?“
Finn räusperte sich.
„Der Lehrer ist krank“, erklärte er hastig. „Er hat eine schlimme Erkältung, daher durften wir früher nach Hause gehen.“
„Soso“, bemerkte der Polizist und sah Finn scharf an, wobei er mit seiner freien Hand seinen prächtigen Schnurrbart zwirbelte. „Und auf welche Schule geht ihr, wenn ich fragen darf?“
Nun kannte Finn leider keine einzige Schule in Hohenstadt, so dass ihm so schnell keine Antwort einfiel, aber glücklicherweise war Rudolf etwas schlagfertiger.
„Auf die Christopherus-Schule“, sagte er schnell. „Unser Lehrer heißt Herr Walther!“
Der Polizist sah Rudolf nachdenklich an.
„In der Christopherus-Schule gibt es tatsächlich einen Lehrer Walther“, sagte er und drehte das eine Ende seines Schnurrbartes noch ein wenig höher. „Merkwürdig ist nur, dass ich eine Personenbeschreibung habe, die auf drei von euch Kindern genau passt.“
Er betrachtete Finn und Tom genauer.
„Und wer von euch beiden ist der Finn aus Burgfeld?“, fragte er dann.
„Die beiden heißen Harald und Richard“, platzte Lucy heraus. Nun nahm der Polizist auch sie in Augenschein.
„Und du bist also Lucy“, sagte er, ganz, als ob er Lucys Einwand gar nicht gehört habe. „Ich habe schon von dem Ehepaar Schmidt erfahren, dass du vermutlich mit den beiden Strolchen gemeinsame Sache machst. Die Schmidts haben sich nämlich mit Deinen Eltern unterhalten, und dann sind sie schnurstracks zur Polizei gekommen“, fügte er zufrieden hinzu.
Finn warf Tom einen unsicheren Blick zu. Er hätte gerne versucht, fortzulaufen, aber der Polizist hielt ihn immer noch an der Schulter fest. Doch immerhin konnte ja Tom mit den anderen weglaufen und versuchen, den Stein zu bekommen. Finn sah seinen Bruder mit großen Augen an und hoffte inständig, dass Tom es irgendwie schaffte, seine Gedanken zu lesen. Tom aber sah in eine andere Richtung und schüttelte nur verwirrt den Kopf.
Plötzlich drang ein lauter Schrei durch die Stille. Finn dreht sich erschrocken um, und zu seiner Überraschung gelang es ihm gleichzeitig, sich aus dem Griff des Polizisten zu entwinden. Er warf einen kurzen Blick auf Mark, von dem der Schrei gekommen war. Der Kleine wand sich tränenüberströmt auf dem Boden und hielt sich den Magen, als ob ihm etwas furchtbar wehtäte. Einen Moment lang war Finn versucht, zu dem kleinen Jungen zu stürzen und ihm zu helfen, aber Sekunden später merkte er, dass jemand ihn am Arm fort zog, und ehe er sich’s versah, rannte er in schnellem Tempo die Straße entlang, weg von dem Polizisten.
Im Laufen bemühte er sich, einen schnellen Blick zurück zu werfen und sah den großen Polizisten verwirrt auf der Straße stehen. Offenbar konnte er so schnell nicht entscheiden, ob er hinter den flüchtenden Kindern hinterher laufen sollte oder sich doch lieber um den kleinen Jungen kümmern, der doch scheinbar so große Schmerzen hatte.
Aus den Augenwinkeln sah Finn, dass außer Mark auch alle anderen Kinder die Straße entlang liefen, aber in unterschiedlichen Richtungen, lediglich Tom war bei ihm geblieben. Sollte der Polizist versuchen, sie zu verfolgen, würde ihm das seine Arbeit zumindest erschweren.
Die Jungen rannten in eine kleine Seitenstraße, durch verschiedene Hinterhöfe und schließlich über eine große Straße. Endlich waren sie sicher, dass ihnen niemand folgte. Keuchend blieb Finn stehen.
„Hat er… hat er das absichtlich gemacht?“, stöhnte er. Tom verstand ihn sofort.
„Da bin ich ganz sicher“, antwortete er. „Ich habe gesehen, dass Rudolf Mark etwas zugeflüstert hat.“
„Aber was passiert jetzt mit ihm?“
„Ich weiß es nicht!“
Tom runzelte die Stirn. „Vielleicht bringen sie ihn ins Krankenhaus. Oder gleich zurück ins Kinderheim. Irgendwie werden wir ihn wieder zurückholen. Aber jetzt müssen wir schnell zu Lucys Elternhaus.“
„Vor allem vorsichtig“, wandte Finn ein. „Die Schmidts sind uns dichter auf den
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