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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Sie lächelten sich an, und der Mann fragte, ob er ihr auf einen Drink Gesellschaft leisten könne. Englisch sprach er bedeutend besser als Deutsch. Sein Versuch, mit ihr anzubändeln, war so durchsichtig, dass es Anna-Kaisa Holm amüsierte. Aber der Mann wirkte auf eine kantige Art attraktiv und war überdies sehr freundlich. Ein kleiner Flirt könnte sie vielleicht entspannen. Sie lehnte es ab, noch einen Drink zu nehmen, sagte aber, er könne für sich selbst ruhig etwas bestellen.
    Der dunkelhaarige Mann entschied sich für eine »Bloody Mary« und starrte seine Tischnachbarin dann lächelnd an. Allmählich wurde ihr unbehaglich zumute. War das ein Ganove, der es auf Touristinnen abgesehen hatte und nur auf einen geeigneten Augenblick wartete, um ihr die Handtasche zu entreißen? Sie wickelte den Henkel ihrer Tasche eng um ihr Handgelenk; nach den Drinks würde sie versuchen, den ungebetenen Gast loszuwerden.
    Der Mann bekam die »Bloody Mary«, erhob sein Glas und sagte, er trinke auf das Wohl der freundlichen und schönen Frau, die ihm Gesellschaft leistete.
    Anna-Kaisa Holm nahm einen Schluck von ihrem Drink und fragte mit einem Lächeln. »Mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Ich bin Igor Sterligow, ihr Verbindungsmann zu ›Swerdlowsk‹, und Sie sind schon so gut wie tot«, antwortete der Mann auf Finnisch und wies mit dem Finger auf Holms Drink.
    Sie starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an und spuckte alles, was sie noch im Mund hatte, auf das Tischtuch.
    Der Russe drehte mit den Fingern einen Kugelschreiber. »Ich habe Fentanyl in Ihr Glas getan. Sie sterben, sobald es in Ihren Blutkreislauf gelangt«, sagte er.
    Sie stand auf, steckte den Finger in den Hals und erbrach eine gelbliche Flüssigkeit auf den Tisch. Jemand kreischte laut, als der Mann in aller Ruhe die Geldscheine aus ihrer Handtasche nahm und dann hinausrannte.
    Holm spürte, wie ihr der Atem stockte, und sank zu Boden.

19
     
    Tang Wenge drehte das Sprungseil im kleinen Fitness-Studio seiner Dienstwohnung so schnell er konnte. Die kugelsichere Titanweste, die sechzehn Kilo wog, erschwerte die Übung und ließ ihn schnaufen, als wäre der Sauerstoff ausgegangen. Vor fünfzehn Jahren hatten die angehenden Spione im Ausbildungszentrum der Partei in Suzhou Fußball mit Titanwesten gespielt. Damals hatte es ihm nichts ausgemacht, über eine Stunde mit dem Gewicht über den Platz zu rennen, aber jetzt waren seine Beine schon nach einer Minute Seilspringen wie Pudding.
    Tang hörte auf zu hüpfen, als er Irina kommen sah. Er öffnete die Klettverschlüsse und zog die Weste aus. Es war ein Gefühl, als würde er sich in die Luft erheben.
    »Es ist etwas passiert«, sagte Irina mit ernster Miene, schaute ihren Arbeitgeber an und versuchte ihre Abscheu zu verbergen. Tang war pitschnass und so rot im Gesicht, dass Irina hoffte, er bekäme einen Infarkt. Der Geruch war widerlich. Der Mann sah noch abstoßender aus als sonst, falls das überhaupt möglich war.
    »Ich kann eine kleine Pause einlegen«, sagte Tang mit seiner näselnden Stimme auf Englisch, griff nach dem Handtuch auf der Scheibenstange und setzte sich auf die Unterlage für das Bankdrücken. »Dann mache ich eine lange Serie Bizepsübungen mit leichten Hanteln. Ich will nicht mehr Masse, sondern feste Muskeln«, erklärte er stolz und glaubte in den schönsten Augen der Welt Bewunderung zu erkennen.
    Irina wäre um ein Haar in schallendes Gelächter ausgebrochen. Unter Tangs dicker Fettschicht wären sogar die Muskeln eines Bodybuilding-Champions verschwunden. Ein Schlag gegen die Kehle, und der Mann würde fallen wie ein Anker, vermutete Irina. Sie berichtete, dass jemand von »Swerdlowsk« Anna-Kaisa Holm, die Leiterin der Abteilung für Informationsmanagement der SUPO, am Vormittag in Zürich mit Fentanyl betäubt hatte.
    Tang fluchte und schrie auf Chinesisch so laut, dass ihm die Stimme versagte. Er stützte die Ellbogen auf die Knie und versuchte sich zu beruhigen. Es gehörte sich nicht, seine Wut so offen zu zeigen. Aber bei dieser Operation geriet die Lage außer Kontrolle. Vor Protaschenkos Tod hatte es Tang keine Sorgen bereitet, dass auch Swerdlowsk den Schlüssel zu Inferno haben wollte. Wenn der »Hund« das Passwort für die Hintertür zwei Organisationen übergeben hätte, wäre Guoanbu dennoch in der Vorhand gewesen. Sie hätten vor Swerdlowsk in der National Bank zugeschlagen, und die Mafiosi wären leer ausgegangen, weil die Bank Wiremoney sofort nach der

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