Finnisches Quartett
Kilometer von Washington entfernt, versucht. Hast du schon davon gehört?«
Ratamos Anlaufmarkierungen gerieten mit einem Schlag völlig durcheinander. »Was zum Teufel …«
Und Ketonen ließ noch die nächste Bombe platzen: »Außerdemist Jaap van der Waal in Den Haag ermordet worden«, er wartete darauf, daß die Fluchlitanei von Ratamo zu Ende ging. »Irgend jemand eliminiert weiterhin die Zeugen, nur Nordman und Berger sind noch am Leben. Jeff Hanes vom FBI weiß das alles.«
Ratamo schnaufte einen Augenblick und wußte nicht, was er sagen sollte. Sein Gehirn versuchte die neuen Informationen in das Gesamtbild der Ermittlungen einzuordnen. Nordman ist der Chef von Final Action … Anschlag auf ein Kernkraftwerk … Berger und Nordman will man umbringen … »War sonst noch was?« sagte er und rannte schon zu den Aufzügen und beendete das Gespräch sofort nach Ketonens Antwort.
Beide Aufzüge waren oben, also stürmte Ratamo die Treppe hinauf in die erste Etage und hätte um ein Haar die Reinemachfrau umgerannt, die plötzlich hinter der Ecke auftauchte.
Die FBI-Männer, die zum Schutz der Ökoterroristen vor dem Zimmer standen, lachten, als Ratamo an die Tür hämmerte. Einer der beiden Yankees, ein breitschultriger Mann mit Bürstenhaarschnitt, deutete auf das Zimmer und drückte ein paarmal seine Zunge in die Wange. Dann stieß er mit dem Zeigefinger in einen Ring, den er mit den Fingern der anderen Hand bildete, gab ein rhythmisches Zischen von sich und wiegte sich in den Hüften. Ratamo hätte den beamteten Pantomimen um ein Haar angebrüllt, doch da öffnete sich die Tür zum benachbarten Zimmer, und eine wütende Frau mit Lockenwicklern in den Haaren forderte sie, gespickt mit nuancenreichen Flüchen, auf, den Krach zu beenden, sonst würde sie die Polizei anrufen.
»Die verschwinden schon nicht«, sagte der kleinere der FBI-Männer zu dem finnischen Ermittler und grinste wohlwollend.
Ratamos Sorge wuchs mit jeder Sekunde, die verging,ohne daß die Tür sich öffnete. Schließlich holte er sein Mobiltelefon aus der Tasche und rief erst die Nummer im Hotelzimmer der beiden Finnen und dann Nordmans Triband-Handy an. Keine Antwort. Er traf seine Entscheidung.
»Brich die Tür auf!« brüllte Ratamo, und in den breitschultrigen FBI-Agenten kam Leben. Der Mann trat die Spanplattentür ein, und Ratamo stürmte hinein. Das Zimmer war leer wie eine Reuse aus Gummi, und die Balkontür stand sperrangelweit offen. Er machte einen Satz auf den Balkon, der in der Sonne badete, und sah sofort, wie Berger und Nordman verschwunden waren: Bis hinunter auf den Rasen waren es nur ein paar Meter.
»Ihr habt sie entkommen lassen«, knurrte Ratamo.
Der kleinere Agent schnaufte. »Wir sollten sie schützen und nicht überwachen, was sie tun.«
Ratamo schaltete den Fernseher ein und zappte rasch alle Kanäle durch, aber zu seiner Erleichterung fand er keine Bilder von einem gesprengten Kernkraftwerk. Dann suchte er vergeblich in jedem Winkel des Zimmers, dessen Einrichtung anscheinend aus den sechziger Jahren stammte, nach Hinweisen, wohin die beiden verschwunden sein könnten. Die Visitenkarte von Jeff Hanes hingegen fand sich schnell in einer Tasche seiner Jeans, Ratamo überlegte einen Augenblick, was er sagen sollte. Plötzlich spürte er Angst. Der Gedanke schoß ihm durch Kopf, daß er Nordman und Berger auf dem Gewissen hätte, wenn sie getötet würden, und diese Aussicht war nicht verlockend.
Hanes antwortete nach dem ersten Ruf, man hörte, wie er schmatzend seinen Kaugummi bearbeitete.
»Lasse Nordman und Ulrike Berger sind aus dem Hotelzimmer verschwunden«, sagte Ratamo keuchend.
Hanes war in Eile und hatte keine Zeit, sich zu unterhalten. Er stellte ein paar Fragen und befahl Ratamo, ins Hauptquartier des FBI zu kommen.
51
Ulrike und Lasse rannten auf der Pennsylvania Avenue nach Westen, passierten das von der Sonne beschienene Weiße Haus, bogen, ohne ihr Tempo zu verringern, in die 17th Street ab und blieben vor einem rotorangenen zweistöckigen Haus stehen, um nach Luft zu schnappen. Die gutgekleideten Städter eilten durch die Straßen, der Verkehr lärmte im Fahrspurdschungel der Pennsylvania Avenue, und es stank nach Abgasen. Als Ulrike wieder etwas bei Atem war, stellte sie sich in die Schlange an der Kasse der Renwick-Galerie, die zum Smithsonian, dem berühmtesten Museum Amerikas, gehörte. Sie war völlig durchgeschwitzt.
Lasse Nordman folgte Ulrike wie ein Schatten, sein Gehirn arbeitete
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