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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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überzeugen konnte, daß das Fahrrad nicht wirklich gestohlen worden war — nur versehentlich... sagen wir mal , dann galt es doch nicht als Straftat, nicht?
    «War er ein Ex-Bulle, dieser Daley?» fragte Strange und zeigte durch ein Nicken, daß er die Argumentation zu würdigen wußte.
    Johnson grinste, schüttelte aber den Kopf und fuhr fort.
    Die Ehefrau, Margaret Daley, hatte ein schlechtes Gewissen wegen des Rucksacks und überredete Daley, ihn am nächsten Tag, am Mittwoch, in Kidlington abzugeben und zu behaupten, er habe ihn am Morgen des gleichen Tages gefunden. Aber er bekam die Geschichte nicht richtig zusammen, und es wurde bald klar, daß der Mann nicht gut lügen konnte, und es dauerte nicht lange, bevor er etwas anderes erzählte.
    Der Rucksack selbst? Abgesehen von den etwas verrosteten Knöpfen der Taschen schien er einigermaßen neu und enthielt vermutlich alles, was die junge Frau auf die Reise mitgenommen hatte, einschließlich einem Reisepaß, der seine Besitzerin als eine gewisse Karin Eriksson identifizierte, mit einer Adresse in Uppsala, Schweden. An nichts, so schien es, hatten sich die Daleys besonders zu schaffen gemacht, aber der Inhalt hatte sich als nur mäßig interessant erwiesen: die üblichen weiblichen Toilettenartikel einschließlich Zahnpasta, Tampax, Lippenstift, Lidschatten, Rouge, Kamm, Nagelfeile, Pinzette und weiße Papiertücher, außerdem eine fast volle Schachtel Marlboro und ein billiges Wegwerffeuerzeug, ein Brief, in schwedisch, von einem Freund, vor zwei Monaten abgestempelt, in dem der Freund (wie später aus der Übersetzung hervorging) eine Liebe erklärte, die so groß sei, daß sie bis in alle Ewigkeit warten, doch ein etwas früheres Rendezvous durchaus begrüßen würde, eine dünne Brieftasche, die weder Kreditkarten noch Travellerschecks enthielt, lediglich fünf Zehnpfundscheine (ziemlich neu, aber nicht durchgehend numeriert), ein kleines Buch mit englischen Inlandspost-Briefmarken, eine graue, sorgfältig gefaltete Nylon-Regenhaut, eine zerdrückte Postkarte, die auf der einen Seite Velasquez’ zeigte, während auf der anderen die Adresse der walisischen Verwandten stand, zwei Paar saubere (verhältnismäßig saubere) Jeans, ein verblichenes blaues Kleid, drei zerknitterte Blusen, schwarz, weiß und dunkelrot...
    «Machen wir weiter», murmelte Strange.
    Nun, es wurde Verbindung mit Interpol aufgenommen, und natürlich mit der schwedischen Polizei. Karins äußerst beunruhigte Mutter hatte ihnen von Uppsala aus telefonisch mitgeteilt, daß es sehr ungewöhnlich von Karin sei, ihre Familie nicht über ihren Aufenthaltsort und ihre Pläne zu informieren — wie sie es auch in der Woche zuvor von London aus getan hatte.
    Ein Plakat (), das eine vergrößerte Kopie des Paßfotos zeigte, war gedruckt und in Oxford und seiner unmittelbaren Umgebung in Bussen, Jugendzentren, Informationsagenturen, Stellenvermittlungsbüros und ähnlichen Institutionen angebracht worden.
    «Und daraufhin meldeten sich diese Leute, diese Zeugen?» unterbrach Strange Johnsons Bericht.
    «Ja, Sir.»
    «Und der Bursche, dem Sie glaubten, war der, der meinte, sie in der Sunderland Avenue gesehen zu haben?»
    «Er war ein sehr guter Zeuge. Sehr gut.»
    «Hm! Ich weiß nicht. Eine hübsche langbeinige Blondine — gebräunt, gut sichtbar, wie, Johnson? Steht im Grünstreifen und schaut auf den Verkehr... etwas merkwürdig, nicht? Man sollte annehmen, daß der Mann sich deutlich erinnerte—das ist meine Meinung. Einige von uns haben noch erotische Tagträume, wissen Sie.»
    «Das hat Morse auch gesagt.»
    «Ach, wirklich?»
    «Er sagte, selbst wenn die meisten von uns nur nach Woodstock wollten, hätten wir sie bis nach Stratford gebracht, wenn sie dorthin wollte.»
    «Er hätte sie bis nach Aberdeen gebracht», brummte Strange.
    Das nächste (setzte Johnson seinen Bericht fort) war, im hohen Gras etwa zwanzig Meter von der Stelle entfernt, wo der Rucksack gefunden worden war, die Entdeckung eines dünnen Büchleins mit dem Titel Kleiner Vogelführer, wahrscheinlich aus einer der Taschen gefallen. In dem Buch lag ein Bogen weißes Papier, senkrecht gefaltet und offenbar als Lesezeichen benutzt, auf dem in sauberen Großbuchstaben die Namen von zehn Vögeln standen, von denen sieben mit Bleistift abgehakt waren:

    BAUMFALK
    ROTER

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